Vielleicht

Okay, der Plan steht. Vielleicht. Ich hacke diese Zeilen. Dann packe ich mein Bündel, sattele das Radel, fahre nach Neunkirchen (Saar) zum Bahnhof. Um 10:10 Uhr schaue ich mir den RE3 an, ob es sich gut anfühlt einzusteigen und ob es einen Platz gibt im Fahrradabteil. Sprich: Ist die Bude voll, radele ich zurück oder woanders hin, ist die Bude erträglich, fahre ich mit und steige in Ingelheim (Rhein) aus. Dort radele ich Selz aufwärts und zweige zu gegebener Zeit ab nach Oberolm. Im Zug noch rufe ich QQlka an, ob er auch zum Treffen mit der Walpodenakademie kommt, draußen beim Forsthaus. Ab 12:30 werden wir, eine handvoll Künsttlerinnen und Künstler, unterwegs sein, spazierend, plaudernd, dichtend, malend und musizierend. Die Walpodenakademie veranstaltet diese Art Collective Walking Act jedes Jahr im Frühling.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass ich zu oberst schrieb „vielleicht“. Tja. Und das sagt schon alles. Das und dass ich alt und müde geworden bin, mein Sofa und mein Bett über alles liebe, mich so langsam aufs Lebensende vorbereite, aber hej, das hindert mich nicht daran, ab und zu auszubrechen.

Wie Kunstpriesterinnen in der Kutte ungebändigt losgelassener Kreativität

Immer wieder erstaunt, wie die Herbstsonne ihren Schabernack mit uns treibt, indem sie sich schräg stehend zwischen Pflanzen und Gebäudeteilen durchzwängt. Als bräche das Licht, eine Alltäglichkeit, durch die feinsten Ritzen der alten Scheune, durch kleine Löcher im Dach, sich bewegend wie der rote Punkt eines Gewehrs mit Langdistanzzielfunktion in einem Agententhriller; selbst der alte Nussbaum, Garant für ewigen Schatten, der weder Pflanzen noch Licht unter sich duldet, ist durchlässig für das Herbstsonnenlicht.

Auf dem Tisch liegt ein Stapel Papier. Zu fünft sitzen wir im Kreis. T., von mir aus gesehen auf 13 Uhr fängt an, greift sich eines der Blätter, beäugt es sorgsam, hebt die Augenbrauen, schmunzelt, schüttelt unmerklich den Kopf, gibt es an L. weiter, nimmt das nächste Blatt, ah ja, da war ich dabei, dreht es um, signiert. Im Uhrzeigersinn laufen die Blätter durch alle Hände. Kunstwerke. Collagen. Guter Stoff. Mit Witz, Charme, teils akribisch ausgearbeitet, manchmal ein bisschen salopp, aber hey, das gute alte Walpodenkollektiv war mal wieder am Werk.

Zwei Tage lang saßen wir beisammen, schnackten, aßen, tranken, scherzten, machten Lagerfeuer, grillten, sangen und gitarrierten, mundharmonizierten bis spät in die Nacht.

Einsamer Mond neben sehr hellem Stern, diagnostizierte ich vorgestern. Der Regen, der uns samstags hart traf, hatte aufgehört. Nur noch QQlka und ich am Feuer. Die alten bärbeißigen Kapitäne, mürrisch schalkig, irgendwas gibt es immer zu debattieren, zu erzählen, aufzufrischen, ‚ey, weißte noch‘, irgendwas gibt es immer in Jahrzehnten gemeinsamer Vergangenheit zu graben, hier ein Scherz, dort ein Schlückchen Wein, Funken stiepen. Es ist 4:27 Uhr, ab ins Bett.

Solche Abende, gefolgt von solchen Nächten gefolgt von solchen Tagen.

Die Cinema Noir Magazine, die H. jüngst bei mir vergessen hatte und die ich ihm per Post nach Frankreich schicken wollte, konnte ich leider nicht retten. Ich hatte – es war vorgestern, Sonntag – gerade Zwiebeln geschält, Essen vorbereitet, während sich die Walpodencrew mit Scheren und Kleber über alles aus Papier hermachte. Wie ein Schwarm Heuschrecken, schlimmer: wie glamourös bescherte Gottesanbeterinnen, noch schlimmer, Kunstpriester in der Kutte ungebändigt losgelassener Kreativität … zu spät. Adieu Crime-Noir-Film-Magazine.

Schon hatten sie die ersten weit aufgerissenen Augenpaare der abgebildeten Schauspielerinnen und Schauspieler gerissen, derb ohne Schere mit viel Weiß und Kante, das gibt Struktur, verleiht Dreidimensionalität, erzählt Brandstifter, schon klebten die Augen auf anderen Gesichtern oder auf Melonen aus einem Heft für veganes Leben, schon formten sich skurrile neue Szenen, meist im Format A4, schon entstanden Geschichten, endeten andere Geschichten, führte Eins zum Anderen. Wir hatten einen Lauf, einen herrlichen, guten, zweitägigen Lauf. Am Ende lagen an die hundert, vielleicht auch zweihundert Kunstwerke auf dem Tisch.

Wir müssen nur noch signieren.

Brillianter Tag. Die Sonne suchte sich ihren Weg durchs Dickicht.

Der ‚Output‘ wird die Grundlage für ein Booklet. Eine CD, eine DVD, eBook oder Buch, wir wissen es noch nicht so genau. Es gibt Tonaufnahmen und Filmmaterial, nun ja, und im enthemmten Quatsch dieser Septembernacht wurde auch ein Band- oder Gruppenname geboren, doch das ist eine andere Geschichte.

Wie Staub rotieren unsere Ideen um ein mysteriöses Zentrum, das allem einen Sinn verleiht, womöglich, womöglich nicht, das etwas Fixes entstehen lässt, am Ende kommst dann noch du ins Spiel, der dies liest, der die Kunst rezipiert.

Tag 11 der 3. Etappe (Tag 32) im Rückblick | #UmsLand/Bayern

»Leichenhallenhopping am Grabfeld-Röhn-Radweg. Vor den Hallen hats Dächlein, unter denen ich Schutz vor Regenschauern suche. Gerade in . Wetter soll ab 14 Uhr besser werden.« So textete Irgendlink am frühen Nachmittag auf Mastodon.

Und auf Twitter: »Ein Spießrutenlauf von Leichenhalle zu Leichenhalle, um den Regenschauern zu entfliehen. Da gibts Dächlein. Bei der letzten sogar Strom fürs Handy. Hier in Irmelshausen hingegen Netz, um den Blogartikel hochzuladen.« (Mögen ihn die Regenwolken weiträumig umschiffen.)

»Ich frage mich, ob die /Bayern als eine Art virtuelles eingestuft werden kann. Eine appspressionistische Performance mit Social Media-Anbindung. #Appspressionismus« (So Gedanken, wenn das Hirn des in die Pedalen tretenden Künstlers Freigang hat.)

»War sehr anstrengend wegen Regen morgens und Wind den ganzen Tag«, schreibt er mir soeben. Die Trackaufnahme hat er darum mittendrin unterbrochen und in zwei Stücken geschickt.

Nun hat er bei Sondheim vor der Rhön einen Lagerplatz gefunden. Hoffentlich lässt der Wind nach.

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Auf Mastodon und Twitter trötet und twittert Irgendlink seine Reise direkt und unmittelbar. Lest dort über seinen heutigen Tag – und über alle kommenden.
https://fimidi.com/@irgendlink
https://twitter.com/irgendlink

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Hier die wirklich nur sehr ungefähre heutige Strecke bei Guugl.

Den heutigen Track im Gesamtkontext seht ihr hier (Ausschnitt).

Vollbildanzeige

Das ganze Projekt auf einen Blick (Opencycle-Karte) gibt es hier zu sehen: Vollbildanzeige

Die allererste Guugl-Skizze findet ihr hier: Skizze

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Liebgrüßt aus der Homebase
Sofasophia

Draussen auf den Feldern

Ein gemütlicher Sonntag mit Schlammspaziergang auf den Äckern der Sickinger Höhe. Und was gibt es dort zu sehen? Aufkeimende Wintergerste (bzw. -irgendwas-mit-Körnern, Windräder, Schlammspuren und Hochsitze.
Eine Jägerin macht stumm mit dem Finger vor den Lippen „Psssssst“, als ich ihren Hochsitz für die stetig wachsende Sammlung fotografiere.

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Auch die Moorlander-Sammlung wächst. Manchmal denke ich, die Schlammfotografie ist Hirnjogging pur. Sie spricht beide Hirnhälften gleichermaßen an. Lustwandelnd in der Welt stehe ich oft mit einer fertigen Geschichte oder wenigstens mit einem Titel für das MudArt Kunstwerk im Sinn vor einem der vielen Schlammlöcher, denke mir den idealen Bildausschnitt zurecht und welchen Kamerafilter ich verwende. Die Bildtitel spreche ich entweder aufs Band oder tippe sie ins iPhone Notizbuch.

Lonesome Threesome
On The Bright Side Of Life
Attention Please
A Sharp Lady
Cum Into My Mud
Deine Mudda Ist Wie Buddha
The Great Palatin Massacre Feat. Go To Hell ZW
Saarlanday Bloody Saarlanday
The Windy Gap
Island In The Sun
Twin Bauers
Eine ehrliche Haut

(MudArt Titel Ausbeute zweier Tage). Sie sind das Rankgerüst für Geschichten wie man sie auf erdversteck.de lesen kann.

Heute gelang Frau SoSo eine der seltenen Aufnahmen des Moorlander Chronisten Ed Korman – hier bei der Recherche für eine Kunstkritik an Moorlanders „Island In The Sun“
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Die schräge Wintersonne sorgte für bizarre Lichtverhältnisse. Gegenlichtfotografie mit schützend vor die Linse gehaltener Hand, oder Zeugnis einer UFO-Landung?
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Offene Ateliers Rheinland-Pfalz Rinckenhof 2014 – ein Rückblick

Sofasophia blickt zurück aufs Offene Atelier auf dem Rinckenhof 2014 – ein 56-Seiten Büchlein mit ihren Texten und den bildnerisch-skulpturalen Umsetzungen gibt es nun zum Anschauen in ihrem Blog. Die Installation ist bis auf weiteres auch noch in „echt“ zu sehen in Zweibrücken im noch immer offenen Atelier auf dem Rinckenhof – auf Anfrage.

Seite aus der Text- und Objektinstallation
Sofasophia – „Was nährt“ Offene Ateliers Rinckenhof 2014

Offene Ateliers Rheinland-Pfalz 2014 – Video by Monsieur Irgendlink

Eine Retrospektive der beiden offiziellen Offene Ateliers Tage am 20./21. September 2014 als Zeitrafferaufnahme gibt es bei Youtube. 48 Stunden in dreieinhalb Minuten mit einem kurzen Slideshow-Intermezzo. Die Musik von Händel wurde netter Weise von der Youtube-Bibliothek vorgeschlagen.