Die sonnigen Tage dieser Tage verhindern das Schlimmste, denke ich manchmal: Dauermüdigkeit, Lustlosigkeit und Abdriften in Tristesse; dennoch, Haut an Haut steht das Glück mit seinem Gegenteil. Vermutlich. Hoffentlich hält die Haut! Ich stürze mich in Aktion, im Kopf bin ich viel viel weiter als ich das in der Realität je schaffe und dessen bin ich mir auch meistens bewusst.
Nur kürzlich an einem jener dauerhaft sonnigen Tage, als ich aufs uralte Künstlerbudendach hinauf kletterte, um ein paar Löcher zu flicken, kam mir die Übermacht der Realität in die Quere. Ich hatte erwartet, dass ich dieses und jenes Loch im Dach und das andere Loch ganz weit drüben, das zwar nicht so bedrohlich ist, mich aber bei jedem stärkeren Regen ziemlich nervt, einfach mal so flicken könnte. Hatte alles gerichtet: Leitern, Flickband, Flickpaste, Teer, Spachtel, Besen, Schippe, Sicherungsseile und Gurt. Oben angelangt war dann erst einmal Schaufeln, Kehren und Rechen angesagt. Ich glaube, ich habe das fast flache Dach am Anbau seit fünf Jahren nicht geräumt. Unter einer Schicht von Buchenlaub lag schöne schwarze Erde, Kompost. Den ich erst einmal beseitigen musste und auf der Schräge direkt über der Künstlerbude wuchs unterm Laub dick das Moos. Bis ich die zwei schlimmen Stellen frei geräumt und gesäubert hatte verging ein halber Tag und ich hatte schon das Seil eingehängt, um mich bis ganz nach oben, acht Meter Weit zur großen ungenutzten Halle zu hangeln, wo ich über den First zehn Meter gen Westen „reiten“ würde, um mich von dort wieder acht Meter die Dachschräge hinab zu seilen zum Loch, das mich seit Jahren nervt.
Meine Kraft reichte leider nur für die Haupt-Baustelle, immerhin gelang es, die Künstlerbudendachfäche zur reparieren. Im Gegensatz zum Künstlerbudendach an einem Anbau, bewegt man sich auf dem riesigen Scheunendach in beängstigend luftiger Höhe.
Ich erkannte: Dach und Körper gehen Hand in Hand dem Untergang entgegen, was nicht schlimm ist, sondern eine Tatsache. Und: musst mit deiner Kraft haushalten, junger Padavan, so wichtig. Ein wunderbarer Sieg der Vernunft, die sich mit dem inneren Schweinehund verbündet hatte … früher wäre ich wahrscheinlich verbissen bis zum finalen Leck im Dach vorgedrungen. Nun aber bin ich einfach zufrieden, das Nötigste geschafft zu haben. Last but not least nehme ich diese Erfahrung mit in meinen Künstlerberuf. Die Erkenntnis, nicht alles erreichen zu können und auf dem Weg dahin auf Widerstände zu stoßen, ist kostbar. Vorzeitige Umkehr und Abbruch ist möglich und manchmal sogar vernünftig. Der Wille zur Unperfektion zu Gunsten des Wohlbefindens, einfach unbezahlbar.