Tag 13 der 3. Etappe (Tag 34) im Rückblick | #UmsLand/Bayern

»Im #Spessart. Auf dem Kahltal-Spessart-Radweg, welcher von Lohr nach Kahl führt, aber nicht entlang des Mains. Es ist eiskalt unter Wolken und heiß unter Sonne. Ich muss ständig Kleider- an und ausziehen. Der Wind, der mir seit der Waldnaab entgegen bläst, war morgens kurz weg. Nun isser wieder da. Ich hatte noch selten so oft Gegenwind wie auf dieser #Fahrradreise.«

»Heute kommt mir @Bahnhofsoma entgegen bis zur Höhe des Gebirgs. Voraussichtlicher Treffpunkt Bamberger Mühle im #Spessart. Windig ists und eiskalt dadurch. Ich brrrre voran.
Tätigkeitswort brrren.«

So schreibt Irgendlink am frühen Nachmittag unterwegs in die Hügel Berge.

Später erzählt er mir von einer gemeinsamen Abfahrt Richtung Kahl. Ein Grüßchen von der Mainfähre nach Seligenstadt schickt er mir kurz vor sieben Uhr und aktuell ist er auf der Suche nach einem Campingplatz in Kleinostheim. Die Daumen sind gedrückt, dass es klappt!

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Hier die wirklich nur sehr ungefähre heutige Strecke bei Guugl.

Den heutigen Track im Gesamtkontext seht ihr hier (Ausschnitt).

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Das ganze Projekt auf einen Blick (Opencycle-Karte) gibt es hier zu sehen: Vollbildanzeige

Die allererste Guugl-Skizze findet ihr hier: Skizze

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Liebgrüßt aus der Homebase
Sofasophia

Mal bist du der Don und mal der Sancho – von Hofstetten nach Kleinostheim #UmsLand/Bayern

Das Leben ist wie eine Cervantes-Geschichte, mal bist du der Don Quichote, mal bist du der Sancho Pansa.

In Hofstetten steht mir plötzlich ein anderer Radler gegenüber – in meiner Erinnerung sagt er gebieterisch ‚Halt, Bursche!‘ Er kommt mir aus dem Gegenlicht entgegen, trägt Lanze, Schild und Schwert, was aber hanebüchen übertrieben ist. Dennoch. Die Sonne steht kaum noch ein paar Fatbike-Reifen breit über dem Horizont. Die Silhouette des Mannes mit dem riesigen Fahrrad nebst Anhänger hat etwas Gebieterisches. Er hat eine Frage und ich die Antwort. Bzw. ich habe die Antwort nicht, aber eine Ahnung, wo wir sie finden …

Weißt du wo der Campingplatz ist? Nein, aber ich ahne es, so ähnlich. Wir müssen jedenfalls ins Dorf, dort hin, wo er her kam, so viel ist sicher. Mein GPS lügt nicht.

Das Radel von J., so heißt mein neuer Freund, ist ein so genanntes Fatbike. Armdicke Bereifung, butterweich gefedert. Akku und Anhänger und eigentlich gar nicht mal so viel mehr Gepäck dabei wie ich oder andere Reiseradler, sondern nur anders verteilt auf Hänger, Satteltaschen und Gepäckrolle. Wie wir so gemeinsam in den Sonnenuntergang gen Campingplatz rollen nur ein paarhundert Meter durchs Dorf, sehen wir aus wie ein moderner Don Quichote und Sancho Pansa, denke ich. Er mit dem großen Ross und dem Anhänger ist der Don und ich mit meinem kleinen Radel-Eselchen bin der Sancho.

Der Campingplatz in Hofstetten ist ein gemütlicher kleiner Platz, ruhig, nette Menschen, nettes Team, was nicht immer der Fall ist, so werde ich noch feststellen (und eigentlich kennt man es ja, man hat ja schon alles an Campingplätzen erlebt, was es gibt auf dem Planeten, während all der Reisen). Artgerechte Haltung von Fernreisenden.

Über J., der sich auch als Künstler entpuppt wäre sicher ein eigenes Kapitel zu schreiben. Weit gereist wie ich, in die Jahre gekommen wie ich, immer noch unterwegs wie ich und das ist auch gut so, so trinken wir in der Abendsonne, auf einem Mäuerchen hockend, bzw. daran lehnend unser Feierabendbierchen. Mal bist du der Tresen, mal bist du der Stuhl.

Morgens gehts für uns in entgegengesetzte Richtungen weiter. J. hatte mir schon vom Kahltal-Spessart-Radweg (KSR) vorgeschwärmt. Genau meine Richtung. Die Ruhe im Wald, die tollen Wege, das Schweben auf den dicken Reifen des Radels, das kaum vernehmbare Surren des Elektromotors … zwölf Kilometer bis Lohr auf dem Main-Radweg und ab dort ist schon der KSR ausgeschildert. 72 Kilometer bis Kahl. 72 Kilometer vom Main zum Main, ohne dabei am Main zu radeln.

Die Route folgt verschiedenen Bächen durch liebliche Tallandschaften via Partenstein und ab dort wirds nach und nach immer zackiger. Unterschätze den Spessart nicht! Das sagte ich mir schon morgens, noch in der milden Obhut des Flachlands. Die Bamberger Mühle ist mein Ziel. Auf dem GPS sieht es so aus, als sei man dort, in Kleinkahl endlich oben und rollt dann nur noch abwärts. Stimmt auch.

Ich verabrede mich mit Twitterfreundin @Bahnhofsoma, die per Faltrad und Zug anreisen wird. Die gesamte Strecke, ich will es mal die Nordostpassage des Mainradwegs nennen, windet sich um die stur durch die Täler führende Spessart-Bahn. Man könnte also jederzeit in den Zug steigen und ein bisschen abkürzen. Mache ich natürlich nicht. Die Beine wollen es. Der Körper will es. Der Kopf will auch.

Im ‚Gap‘ zwischen Auf und Ab, welches bei Kilometer 35 bis 40 ab Lohr liegt, erreiche ich die beiden Kahlquellen. Ich muss stets schmunzeln, wenn ich von den beiden ‚Soundso‘ rede, denke ich doch an einen guten alten Monty Python-Sketch. Der mit dem schielenden Expeditionsleiter, der die ‚beiden‘ Kilimandscharos bezwingen will.

Frau @Bahnhofsoma wartet mit Käsebroten zur Höhe des Gebirgs bei den beiden Kahlquellen. Gemeinsam radeln wir abwärts im Kahltal. Eiskalt da oben. Mehrfach muss ich Jacke an, Jacke aus, lange Hose drüber ziehen, lange Hose wieder ausziehen und die Handschuhe könnte ich eigentlich auch gebrauchen, so bitter zieht es an den Händen, wenn die Sonne hinter den lang gezogenen Wolken verschwindet und man nur noch den Gegenwind zu spüren kriegt.

Gut fünfzig Kilometer radeln wir so gemeinsam, quatschen, tauschen uns aus, machen Spaßfotos unterwegs. Lümmeln auf Parkbänken und modernen Waldsofas, die überall am Radweg stehen.

Tut gut mal wieder unter Menschen zu sein. Die Abendsonne wirft unsere Schatten voraus und verflixt, wir sehen ja aus wie Don Quichote und Sancho Pansa, ich mit dem 28 Zöller Reiserad und sie mit dem Brompton. Diesmal bin ich der Don und sie die Sancho, denke ich. Schmunzelnd. Mal bist du der Don und mal der Sancho Pansa. So ist das im Leben, rekapituliere ich.

Abschiedseis in einer Eisdiele in Kahl. Ich erwische gerade noch so die letzte Fähre über den Main nach Seligenstadt, folge dem Mainradweg ostwärts. Mein Plan, auf den Wiesen irgendwo wild zu zelten scheitert daran, dass es kaum Wiesen gibt. Nur Getreidefelder, Obstplantagen und Landschaftsschutzgebiet.

Erst in Kleinostheim der nächste Campingplatz, den ich eher widerwillig ansteuere. Blick in die Karte: Er liegt direkt an der Autobahn. Dennoch besser als weiter Wildzeltplatzsuch spießrutenlaufen.

Dieser Campingplatz im Vergleich zum Campingplatz zuvor ist wie Massentierhaltung versus artgerechte Tierhaltung, sinniere ich abends im Gesäusel der Autobahn. Ich weiß, das trifft es nicht und verharmlost wahrscheinlich. Dennoch meine ich, ein Grundmuster menschlichen Handelns und ’so tickt unsere Spezies nunmal‘ zu erkennen.

Eine Handvoll Radreisende sind zusammen auf einer kleinen Wiese, umgeben von den vorsaisonal noch leeren Arealen für Wohnmobile und Wohnwagen. Das Autobahngemurmel vereinzelt uns. Statt munter ins Geplauder zu kommen um das alltägliche Woher und Wohin, winkt man sich verschämt zu und verschwindet im eigenen Zelt. Als ob das die Geräusche abhalten könnte.

Tag 13 in Bildern | #UmsLand/Bayern

Bilder von gestern findet ihr wie üblich standortgenau auf der täglich wachsenden Tourkarte oder hier.

Fünfzigster Breitengrad nahe Lohr

Fahrrad auf der Mainbrücke in Lohr. Ab hier sind es durch den Spessart auf dem Kahltal-Spessart-Radweg noch 72 Kilometer bis Kahl, das auch am Main liegt

Der Kahltal-Spessart-Radweg verläuft an Bächen entlang einer Bahnlinie und kreuzt diese immer wieder. Hier eine der hohen Bahnbrücken.

Eine Art Sumpfgebiet im Mündungsgebiet des Lohrbachs in den Aubach.

Ein Gebäude, in dem sich Motorräder befinden, aber auch an dessen Wänden.

In Kleinkahl (Bamberger Mühle) bei den Kahlquellen treffe ich @bahnhofsoma und sie portraitiert mich

Unterwegs so viele Hochsitze
(Auf dem Bild ein Waldstück mit frisch angepflanzten Bäumen in akuraten Reihen zu sehen. Im Hintergrund rechts Tannen und links Obstbäume vor Mischwald.)

Burg Alzenau

Bei der Mainfähre. Blick nach Seligenstadt. Ich erwische die letzte um 19 Uhr, nachdem @bahnhofsoma mich in Kahl zum Eis eingeladen hatte und wir uns nach fünfzig gemeinsamen Kilometern verabschiedet hatten.

Tag 14 der 3. Etappe (Tag 35) im Rückblick | #UmsLand/Bayern

»Fast geschafft. Aber nur fast. Dreizehn Tage #Radfahren am Stück liegen hinter mir. Dreizehn Tage Bloggen. Dreizehn Tage mal wieder ‚was mit Kunst‘ gemacht. Noch etwa 80 bis 160 Kilometer radeln und ich habe #Bayern umradelt. ‚Wie‘ einst Xaver Gernstl. Nur nicht mit dem VW-Bus. Ich sage deshalb ‚fast‘, weil ich den Blogartikel für Tag zwölf nicht zur Publikationsreife gebracht habe. Das bricht den Lauf. Aber tut nichts zur Sache. Er schlummert. Vielleicht bin ich Dokumentar-Blogger?«

Viel mehr schrieb er heute nicht. Morgen oder übermorgen wird er die Runde vollenden. Hoffentlich. Und hoffentlich findet er jetzt in der Nähe von Wüstenzell einen feinen Nachtlagerplatz. Und hoffentlich ist alles soweit gut.

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Hier die wirklich nur sehr ungefähre heutige Strecke bei Guugl.

Den heutigen Track im Gesamtkontext seht ihr hier (Ausschnitt).

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Liebgrüßt aus der Homebase
Sofasophia

Von großen Mainradwegrutschen und okkulten Höhenmetern – Kleinostheim bis Holzmühle #UmsLand/Bayern

Die große Main-Rutsche. Man kann eigentlich nichts falsch machen mit dem Mainradweg. Er ist ziemlich gut ausgebaut, gut beschildert, überall Bänkchen und Ruhemöglichkeiten, Biergärten und Campings. Schon sehe ich mich abends in Osterburken. Ich muss nur noch schnell zur Taubermündung, ein paar Kilometer aufwärts radeln und dann über die Hügel nach Osterburken, von wo aus mich die S1 ohne Umstieg nach Homburg/Saar bringt. Die brachte mich vor vier Jahren quasi wie ein Wurmloch auch zum ersten Abschnitt meiner Reise rund um Bayern.

Das Leben ist nie nur ’schwupp‘, wie man sich das im Hirn so zurecht montiert. Ein Rennradler holt mich aus meinen Speedträumen. Die Tauber, das sind noch achtzig Kiloemter etwa, sagt er. Aber man soll sie sich nicht als eitel Flussradweglein vorstellen, denn es geht da auf und ab und zwar zackig. Für einen Moment fährt er freihändig und macht mit beiden Händen eine Schlangenlinienbewegung.

Nächste Woche startet er gemeinsam mit zehn Freunden auf eine Rennradtour nach Hamburg. Fünf Tage haben sie veranschlagt mit dreißig Sachen pro Stunde. Zudem über Bundesstraßen, denn eins ist klar, selbst wenn nach Hamburg ein Mainradweg führen würde, könnte man nicht in fünf Tagen dort sein. Die Unbilden der Fernradwege sind numal, dass sie nie den geraden Weg nehmen und dass ab und zu oder gar ziemlich oft ungeteerte Stücke dabei sind. Gravel, wie man neudeutsch zu Splitwegen sagt, bremsen einen vorneweg um einige Kilometer pro Stunde. Im Spessart hatte ich auf den ewig langen, gekiesten Waldwegen einmal eine Musterrechnung der okkulteen Höhenmeter gemacht. Jene Höhenmeter, die das GPS gar nicht aufzeichnet. Wenn ich auf jeden Splitstein, den ich überradele zuerst hinauf und dann wieder hinab muss und jeder Splitstein einen Zentimeter hoch ist (ich weiß, das ist zu viel, aber mit eins rechnet es sich besser und es ist ja auch Unsinn, herrlicher Unsinn, der einem durch den Kopf geht, wenn man hunderte Meter weit einen acht prozentigen Waldweg hinauf ächtzt), wenn ich also ein Zentimeter pro Stein mal eine Million Steine, dann habe ich abends 100 okkulte Höhenkilometer im Sack.

Wenn ich mich nicht verrechnet habe. Am Main habe ich mich definitiv verrechnet, bzw. verschätzt. Das sogenannte Mainviereck ist ein Stück Abweichlermain, der einen Bogen macht nach Süden, rechtwinklig dann nach Osten fließt und dann wieder einen Bogen nach Norden. Der Mainsyphon sozusagen. Wie auch immer. es sind tatsächlich bald achtzig Kilometer bis nach Wertheim, wo die Tauber in den Main fließt.

Genug Strecke, um geläutert gegen Abend am Abzweig zum Radweg Liebliches Taubertal zu stehen, sich das Kinn zu reiben, laut Hmmmm zu sagen, kurz in die Handykarte zu schauen, sich umzudrehen und dem Main weiter zu folgen. Du musst nur noch eben diese Mainschleife, sage ich mir, und da, da schau mal, da ist ein Radweg, der direkt nach Würzburg abzweigt vom Mainradweg. Der Aalbachradweg. Ich darf Bayern nicht ein zweites Mal kastrieren und die Grenzlinie, der ich doch eigentlich folgen möchte, über die Maßen strapazieren. Obendrein. Denn der Tauberradweg hätte mich unmittelbar aus Bayern heraus geführt, durch Baden-Württemberg dem Ende entgegen.

Schon 2019 tat es mir weh, den Zipfel ums Berchtesgadener Land wegen Schlechtwetters nicht geradelt zu sein. Umso mehr weiß ich, dass ich, Perfektionist, der ich bin, es hinterher bereuen würde, wenn ich nicht die Ecke Würzburg-Ochsenfurt mit im Programm hätte.

Den Weg entlang der Mainschleife oberhalb von Wertheim folge ich einem Frachtschiff namens Sofie. Zuvor schon viele Schiffe immer wieder gesehen. Eines beladen mit Windrad-Flügeln. Wir sind fast gleich schnell, wir Radler und Schiffe.

Bei Bettingen erreiche ich den Abzweig zum Aalbachradweg. jaja, ist ein schöner Weg, erzählt mir ein Kartoffelbauer, der gerade sein Feld nach Käferbefall untersucht, und dass es mal wieder regnen könnte, sagt er, nein, zum Glück keine Käfer, aber das ist so die Zeit, da kommen die Tierchen. Der Weg ist gar nicht mal steil, sagt er und ich könne ja im hießigen Outletcenter noch einkaufen. Das habe geöffnet bis zwanzig Uhr. Hinauf zum Center, das bei der A3 wie eine fremdländiche Märchenstadt wirkt mit Türmchen und Schnickschnack, kommen mir zwei Radlerinnen entgegen mit Markenklamottenschöntütchen am Lenker, prall gefüllt mit, ja was, Markenklamotten vermutlich.

Ein viertelstündiger Ächtzhüpfer und ich bin jenseits des Outletcenters und der Autobahn auf einem feinen Wiesenradweg, meist geteert. Ein Glücksgriff. Wirklich. Nicht auszdenken, ich schwitzte nun etwas weiter westlich parallel zu dieser Strecke den Radweg liebliches Taubertal in einer solchen Schlangenlinie, wie es der Rennradler morgens breit erklärt hatte.

20 Kilometer bis Würzburg finde ich in einem Weiler namens Holzmühle ein feines Plätzchen bei einem Holzlager. Die Nacht war bitterkalt.