Das rechte Bein heben. Es mit einem eleganten Schwung nach hinten über den Gepäckträger schwingen, die Hände fest am Lenker, Stand finden. Den Fahrradständer ausklappen, das Radel sicher am Straßenrand postieren, die Handykamera aus der Fronttasche kramen, in die Straßenmitte laufen drei Bilder nach vorne machen, eins zurück, da wo man eben noch radelte. Zwischen den Fotos, die mit verschiedenen Apps stets nach dem gleichen Schema gemacht werden, immer wieder den laufenden Verkehr beobachten, ob nicht irgendein Auto auf einen zurollt oder ein LKW.
Viel ist nicht los auf den 4463 Kilometern von Zweibrücken bis ans Nordkap. Die ersten tausend Kilometer führen über deutsche Flussradwege nach Rostock, die restlichen dreitausend folgen mehr oder weniger dem schwedischen Fernradwegenetz namens Sverige Leden. Ganz weit im Norden, in Finnland und in Norwegens Finmark radelt man dann auf Europastraßen, die aber wegen der geringen Bevölkerungsdichte und nach Saisonende im August auch kaum befahren sind.
Auf der Strecke machte ich im vergangenen Sommer diese Beinhebbewegung mit den vier verschiedenen Fotoaktionen insgesamt 460 mal. Alle zehn Kilometer nach dem Prinzip der Kunststraße.
An jedem Fotostandort verweilte ich dabei zwischen fünf und zehn Minuten. So lange hat es jeweils gedauert, um die Bilder zu machen und sie anschließend auf dem Smartphone gleich zu katalogisieren, denn wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte ich es unendlich schwer gehabt, die Serie zu rekonstruieren.
Es war dennoch unheimlich schwer, die Serie zu rekonstruieren. Gestern habe ich acht Stunden daran geschuftet, die Bilder wohlsortiert in Ordner zu kopieren, wo ich sie nun mittels selbst geschriebenen Shellskripten zu Bildtafeln montiere.
An dieser Stelle zeige ich exemplarisch die vier Bildtafeln, aus dem dritten Sechzehner-Pack der AnsKap-Reise. Insgesamt wird es vier mal 28 kleine Bildtafeln geben mit je 16 Bildern, die zu einem Komplettbild montiert werden können.
Hierfür suche ich ein Museum, das eine zwanzig Meter hohe und vierzig Meter breite Wand zur Verfügung stellt.
Das Fotoschema war stets wie folgt: erstes Bild mit der eingebauten Smartphone-App in voller Auflösung, das zweite Bild mit der App Hipstamatic (Retro-Kamera) mit einer Schwarz-Weißfilter-Kombination, das dritte mit einer sanften Farbfilter-Kombination und der Rückblick wurde im Zufallsmodus gemacht, weshalb auf der Rückblicktafel die Fotos unterschiedliche Retrofilterungen aufweisen. Diesen Zufallsmodus hatte ich erstmals 2012 eingesetzt auf den letzten 700 Kilometern „Ums Meer„. Damals entstand eine Bildtafel, die die Strecke zwischen Zweibrücken und dessen Partnerstadt Boulogne sur Mer in zehn-Kilometer-Abständen zeigt.
Die folgenden Bilder wurden im vergangenen Juni auf dem Mainradweg und dem Saaleradweg bis in die Rhön aufgenommen. Man ‚liest‘ sie wie ein Buch, von oben links, km 320 nach unten rechts, km 470.
Du Atelierflüsterer du! Klasse diese vier Collagen im Vergleich nebeneinander zu sehen. Finde ich faszinierend, wie unterschiedlich doch die verschiedenen Filter den einzelnen Bildausschnitt wirken lassen. Was mich auf philosophische Folgerungen kommen lässt, wie, dass eben alles, was ist, immer nur so sein kann, so wirken kann, wie wir es sehen (wollen/können). Oder so …
Viel Spass beim weiteren Nachbearbeiten!
Acht Stunden sind eine Zahl und damit bist du wohl noch lange nicht am Ende deiner Reise angekommen … ja, Kunst ist schön, macht aber eben immer wieder viel Arbeit. Karl Valentin war schon ein Weiser ;)
schön, deine Zusammenstellung in ihren unterschiedlichen Wirkungen …
liebe Grüsse, frohes Schaffen!
Ich bin besonders gespannt auf die Tafeln ab ca. Km 4.000 bis Km 4.463. Wer die Strecke kennt, weiß, warum.
Ich kenne die Strecke nicht, aber ich habe mich nach Monsieur Irgendlinks Beschreibungen schon gefragt, woran man sehen wird, daß er sich bewegt …
Ganz egal, ob diese Masse an Bildern Sinn macht, du bist ein Verrückter, der niemals aufgibt, und das gefällt mir.