Nach und nach spricht es sich herum, dass das Schweizer Fernradwegenetz ähnlich gut ausgebaut ist, wie das Niederländische. Herr Irgendlink nutzt das Loch voller Sommer mitten im Herbst, um den beiden Routen 5 und 8, der Mittelland- und der Aareroute auf den Zahn zu fühlen. Bei Sonnenaufgangs um kurz vor acht verlasse ich Brugg mit dem Ziel Biel/Bienne, am Bieler See zu Füßen des Juragebirges. Etwa hundert Kilometer, auf denen ich eine Auszeit nehme von meinen nervenraubenden Server- und Netzwerkarbeiten. Folge der guten Beschilderung zunächst nach Aarau, weiter nach Olten, stets Aare aufwärts. Anfänglicher Nebel. Nieselregen beim Kühlturm eines AKW nahe Olten. Schulkinder und Bauarbeiter und Männer mit Aktentaschen. Minutenlang radelt ein alter Mann vor mit mit klapperndem Alugeschirr in einem Korb auf dem Gepäckträger. Hundegassifrauchen, zwei Mädchen mit Pferden. In Olten könnte man wahlweise die Jurasüdfußroute Nr. 50 nehmen, oder der Aare/Mittelland folgen Solothurn 40 Kilometer, am Südfuß zwei verlockende Kilometer weniger. Never trust a Mountainfootroute. An die Füße der Sphinx denkend, nehme ich die Aareroute. Wer weiß, ob ich nicht jeden Zeh einzeln erklimmen muss? Verirre mich in einer Baustelle auf die 34, die rechts der Aare Richtung Langenthal und Bern führt. Das erweist sich als Glücksgriff. Wegen einer Baustelle und Vollsperrung für PKW, bin ich kurz nach Murgenthal mutterseelenallein auf schmalen Sträßchen. Vermutlich wären sie auch ohne Sperrung kaum befahren. Die nervig laute Autobahn hört man hier auch nicht. Stetig aufwärts. Sonne gewinnt endlich den Kampf gegen den Dunst. Ich buche einen Datenpass, fühle mich nach vier Stunden im Sattel fast wieder so, wie zu Hochzeiten der Nordseeumrundung. Künstler in Bewegung. Die Kunstmaschine wird wohl doch per Muskelkraft angetrieben. Ein geheimnisvolles Modul im Hirn, das durch Pedalumdrehungen lebt und gespeist wird von den Eindrücken, die ein Körper in Bewegung registriert. Eine Art moderner Seismograf, der auf kulturelle Erschütterungen reagiert … was rede ich?! Bei einem Stauwehr an der Aare sitze ich. Mittagspause, Milch und Gipfeli, Butter, Wurst und Brot und Stille. Sooo lange Fische schnappen nach der Käserinde, die ich ins Wasser werfe und ein neidisches Entenpärchen schnattert meterweit entfernt.
Kann man Gipfeli speisen oder muss man da hoch?
Was für lange Fische? Seeschlängli vielleicht?
Was bist Du doch für ein waghalsiger, von Urbewegungsmotorchen getriebener Mensch! Alles Gute-odrrrr!
Zum Glück sind die Gipfeli essbar. Lecker mit Butter – Croissants heißen die auf Deutsch :-)
Obelix sagte in Asterix bei den Schweizern, Helvetia sei flach. Stimmt. Nur die Preise sind hoch. Und die langen Fische? Mindestens 30 cm. Keine Ahnung, was fürne das warn. Nun in Solothurn Sonnenhocken. Zwei Radelstunden bis Biel.
bilderbuchhäuschen, dass so tut, als sähen alle schweizer häuser so aus. mitnichten!
das ist, so will mir scheinen, ein sogenanntes stöckli. ein zweiteihnhaus neben dem bauernhaus-hauptgebäude, wo klassischerweise die bauerneltern/-schwiegereltern wohnten.
go on!
Da ist er wieder: Mein Neid.
Einer, der Dir nichts wegnehmen will, aber es mir gern so einfach machen würd‘ wie Dir.
Ohne zu grübeln und das Schlimmste zu befürchten einfach unterwegs sein, zwischen dem Ego und dem Rest des Multiversums.
Aber das Schlimmste befürchten wir doch alle. Nur ist mache schlimme Befürchtung schlimmer, als die Andere.
Theoretisch sind die Befürchtungen ja absurd. Praktisch bauen sie sich in einem auf.
Ach: So ein Haus (mit Internet-Flatrate, Ofenheizung und Holz für den Kamin hinterm Haus, direkt neben dem Hackklotz und dem Sägebock) und ein Bedingungsloses Grundeinkommen und ich wäre glücklich und könnte tun, was ich kann und mag.