Zwei Filme statt #UmsLand Bawü

Der April ging rasant. Fing gut an. In der Schönwetterphase nach Ostern gabs ein Twittertreffen (wie ein paar Jahre zuvor) – ein Glücksfall vom Wetter her, denn alle zelteten im Garten oder schliefen im Atelier. Mit dabei Kai, Frau Rebis, Lakritze, Der Emil, Familie Ostseenudel aka Famile XVI-Beine, Frau SoSo, La Bervingas, Kazi, ein sehr nährendes Fest mit viel Lagerfeuer und tollen Gesprächen und leckerem Essen.

Danach hätte eine Woche Ferien mit Frau SoSo folgen sollen. Geplant war Radfahren und Wandern im Pfälzer Wald. Das Wetter brach ein, es wurde kalt und obendrein gabs was mit Gesundheit für mich. Dicker Arm montags abends, ich dachte noch, wo haste dich denn da gestoßen, nix bemerkt und dienstags früh noch dickerer Arm starke Schmerzen, Fieber, verflixt. Der Doc mutmaßte etwas von Insektenstich oder Spinnenbiss, veordnete Antibiotikum und Ri … wie heißt es noch gleich, nicht Ritalin, wie ich galgenhumorte, Rivanol. Gelbes Zeug zum Einpinseln. Nach einem langen fiebrigen Wochenende begann die Sache zu stagnieren, immerhin, trotzdem noch zu einem Chirurgen, ein quirliger Mensch. Der Arzthelfer schaute sich die Wunde an und es entspann sich ein Gespräch über Nosferatuspinnen, die ja im Kommen sind und überhaupt, er habe zu Hause mit Moskitonetzen dicht gemacht, diese Nosferatuspinnen seien so schwer zu fassen, kaum macht man das Licht an, sind sie verschwunden und macht man es wieder aus, machen sie sich über die menschlichen Körper her, die doch nur schlafen wollen. Ich sagte, ich ziehe wohl besser ins Zelt, da schlug er die Hände überm Kopf zusammen, um Himmels Willen, da ist doch noch viel mehr Getier. Er kennt die Künstlerbude nicht. Ein unabdichtbares Ding, in dem eigentlich der Mensch der Fremdkörper ist und Insekten und Spinnen die Herrschenden.

Im Wartezimmer hingen Bilder, richtig gute Kunst dachte ich, bis mir bewusst wurde, dass es Bilder von mir sind. Der verstorbene Praxisvorgänger hatte sie gekauft. Es sind die einzigen, die hängen bleiben durften, sagte der Doc. Dann schnitt er die Wunde auf. Schon skurril, einen Künstler aufschneiden zu dürfen, dessen Bilder die Wände zieren. Der Doc war ganz aus dem Häuschen, denn er hat drei Behandlungszimmer und es sei purer Zufall, dass der Künstler ausgerechnet in dem landete, in dem seine Kunst hängt. Ein Gedankengang ganz nach meinem Geschmack. Ich stellte mir vor, ich wäre in einer Spielshow im Fernsehen, mit drei Türen, hinter einer befindet sich der Hauptgewinn (das Auto), im anderen die Zonks, hässliche, lebensgroße Stoffpuppen. Blut und Keime raus und weiter mit Abwarten und Rivanol. Was wirkte. Langsam bessert sich der Arm. Vorgestern war ich wieder fit genug, um im noch immer winterbrachen Garten zu schuften.

Was bisher nicht geschah: Die Radeltour rund um Baden-Württemberg, mein neues großes Ding in der Reihe , anzugehen. Ich hatte es im Kalender stehen für 22. April bis 12. Mai. Schlicht zu krank dafür.

Die lahme Zeit zuvor nutzte ich, um zwei Videoprojekte zu schneiden.

Ich finde, der Film der Radtour zur Pfälzer Weltachse ist ganz abwechslungsreich geworden.

Wohingegen der achtminütige sture Rundkurs auf dem Zweibrücker Stadtring eher etwas für Menschen ist, die sich auch Kaminfeuer oder Rentierwanderungen anschauen. Oder Bahnstrecken der Welt nur ohne spektakuläre Landschaften, Jungfraujochs und atemberaubende Tunnel und Brücken.

UmsLand Schweiz Tourposter

Poster mit vielen kleinen quadratischen Bildern, die Landschaften, Straßen und Strukturen zeigen. Im Zentrum eine Karte der Schweiz, die den Umriss des Landes als unscharfe weiße Kontur zeigt und die Kontur der Reiseroute entlang dieser Linie als rote Fläche mit weißem Kreuz.
Poster mit vielen kleinen quadratischen Bildern, die Landschaften, Straßen und Strukturen zeigen. Im Zentrum eine Karte der Schweiz, die den Umriss des Landes als unscharfe weiße Kontur zeigt und die Kontur der Reiseroute entlang dieser Linie als rote Fläche mit weißem Kreuz.
Poster der Radreise UmsLand Schweiz im Juni 2023.

Poster mit 96 Szenen der Radreise rund um die Schweiz im Juni 2023. Format 40×60 cm. Ausgabepreis 40 Euro. Demnächst im Shop.

Zurzeit arbeite ich an alten Projekten: Filmschnitt UmsLand Schweiz, Grafikarbeiten und Textarbeiten. Zudem bereite ich neue Projekte vor. 2024 sind etliche Jonglage-Bälle in der Luft. Am Wahrscheinlichsten dürfte ein weiteres UmsLand-Projekt sein: Baden-Württemberg. Oder Hessen. Auch der letztes Jahr gescheiterte Plan AnsKap ist noch nicht vom Tisch. Neu am Horizont meiner Fernradreiseträume ist die Strecke Santander-Valencia, die auf zahlreichen im Bau befindlichen Vias Verdes, ehemaligen Bahntrassen, von der Biskaya zum Mittelmeer führt. Sowie die Jura-Nordfußroute durchs französische Jura.

Genug kartengeträumt. Realistische Einschätzung: UmsLand BaWü könnte klappen.

Gedenkfahrt und Ghostbike für Natenom

Schwarzes Bild mit einem stilisierten, fast würfelförmigen Elefanten als geschichtete schwarz weiße Silhouette. Darunter das Datum 30. Januar 2024

Letztes Wochenende radelte ich von Zweibrücken ins „Fahrradmordor“ Pforzheim, um an der Gedenkfahrt für den Fahrradaktivisten Natenom (Andreas Mandalka) teilzunehmen. Eine Zweitagestour per Bahn und Fahrrad mit insgesamt etwa 150 Kilometern im Sattel.

Das Video zeigt Freud und Leid des Radreisens und die Gedenkfahrt, 15 Kilometer die L574 hinauf bis zur Unfallstelle, an der Andreas am 30. Januar starb. An der Gedenkfeier und Demo beteiligten sich etwa 500 Radlerinnen und Radler aus ganz Deutschland.

Die Demo und Gedenkfahrt beginnt ab Minute 32:00. Davor ist Anreise durch den Pfälzer Wald und Sinnieren übers Radfahren, Rücksicht und Verkehrssicherheit.

https://youtu.be/Gd6I4QnrMVU

Sinnierend in der Niemandszeit

Nachts um vier hellwach, runter zur Südterrasse, Mond starren. Es ist hell und kühl, nicht zu kalt; so stehe ich unterm Nussbaum und begutachte die Welt. Aus dem Traum habe ich den Gedanken ans nahe Ende mitgenommen. Leise schimmert die Stadt, kein Auto unterwegs auf der Landstraße, die sich zweihundert Meter weiter östlich zur Sickingerhöhe schlängelt. Wie oft ich schon hier stand, genau an dieser Stelle unterm Nussbaum, der sozusagen mit mir gemeinsam groß wurde. Wir sind krumme, verbogene Genossen, wir beiden, Weggefährten durch eine rapid dahin galoppierende, sich stetig voran ändernde Welt.

Im Traum hatte sich meine zu erwartende Restlebenszeit komprimiert auf die Zeitspanne, die passiert, wenn einer aus einem Traum aufwacht, dessen innerer Chronometer noch nicht den Tagrhythmus gefunden hat, und dessen Zeitempfinden somit bei vollem Bewusstsein im Traumzeitrhythmus tickt: sprich schnell, mit blitzartig dahin zuckenden Zehntelsekunden, in denen selbst Verschiedenstes harmoniert, mit nichtmessbaren Momenten, die sich an andere nichtmessbare Momente reihen und eine verrückte Sequenz aus Bildern, Geschmäcken, Tönen und Gerüchen vermischen zu einem dennoch schlüssigen Etwas, das man als Wirklichkeit annimmt. Alles passiert gleichzeitig und das ist gut so und es ist auch verstehbar – nur in diesen raren Minuten, die sich manchmal ereignen, wenn man erwacht, noch nicht richtig da ist im Bewussten, aber auch nicht mehr dort drüben im Unbewussten.

Zehn Jahre noch, dachte ich, zehn gute Jahre, Junge, also solche Jahre mit funktionierenden Beinen, Armen, Hirn und Innereien; zehn Zipperlein freie Jahre … vielleicht auch fünfzehn oder zwanzig … manche meiner Freunde sind auch mit achtzig noch topfit, aber hey, ich hab bisher noch keine Ausnahme erlebt, dass aus der Sache mit dem Leben einer lebend und von Zipperlein ungepeinigt herauskommt. Irgendwann hatte es bisher jeden erwischt. Ich bin mittlerweile in dem Alter, in dem auch die ersten Freundinnen und Freunde sterben oder siechen. Schlaftrunken sinniere ich unterm Nussbaum, den man einst versucht hatte auszurotten.

Ich weiß nicht, warum man nicht die Kettensäge benutzt hatte vor vierzig Jahren und ihn einfach abgeschnitten hat. Mitleid? Ein Versehen? Keine Kettensäge parat? Der Baum steht viel zu nahe beim Haus. Ein ziemlich verstümmeltes Etwas mit ineinander verschränkten Ästen, von denen man dem einen oder anderen ansieht, dass er einmal angebrochen war durch Menschenhand, dessen Bruch sich erholte, der Ast groß und stark wurde, aber mit Narben. Die Äste ragen schon übers Dach. Jeden Herbst, wenn die Nüsse fallen, gibt es ein atonal-rhythmisches Konzert von willkürlich prasselnden Nüssen auf Blech. Manchmal plumpst sogar ein Eichhörnchen aufs Dach, was eher dumpf klingt und gefolgt ist von bedröppelndem sich Aufraffen, dahin Tappsen übers Dach mit anschließendem Hechtsprung zum nächsten Zweig. Nüsse raffen, Nüsse raffen, Nüsse raffen und durchkommen durch den Winter. So das Leben eines Eichhörnchens und so auch meines.

Die Stadt liegt sanft im Tal. Bis vor zehn Jahren kam sie immer näher, wurden Baugebiete erschlossen, wurde die ehemalige Kaserne konvertiert, wurden die Truppen- und Lagergebäude abgerissen, das Areal in schicke kleine Parzellen eingeteilt, gerade groß genug für ein Einfamilienhäuschen und Carport. Die Enge kriecht geballt den Berg herauf. Neue Straßen entstanden, die allesamt den Namen US-amerikanischer Bundesstaaten tragen: California, Missouri, Oklahoma und wie sie alle heißen, bis hin zum finalen Straßenzweig, einer Sackgasse. Die Sackgasse ist das letzte Aufgebot der Landnahme. Ein Gewerbegebiet am Rande der Stadt, das nie bebaut wurde. Welch wunderbare finale Brache. Wie so ein toter Ast an einem alten Nussbaum, wie so ein fehlfunktionierendes Traumhirn, das ein paar Minuten mitten in der Nacht gelüftet wird und dem Denken freien Lauf lässt, ohne sich ins gewohnte Zeitkorsett zu zwängen.

Für gewöhnlich ist in der finalen Sackgasse freitagsabends immer etwas los. Dann trifft sich die motorisierte Jugend zum Quatschen, Kiffen, Trinken, Spaß haben. Vorglühen für das Wochenende in einem Etablissement am anderen Ende der Stadt oder in der nächstgrößeren Stadt oder noch weiter weg in einer riesigen anderen Stadt und sie kehren nachts zurück zum Hupen, Reifenjaulen, Rennenfahren auf den zweihundert Metern Sackgasse, in der nie ein Mensch sein Gewerbe ansiedeln möchte.

Am Rande der Stadt – also rein theoretisch, also wenn ich eine Stadt wäre – passieren dunkle Dinge jenseits der streng getakteten Zeitzone des Bewussten, wird mir klar. Unkontrollierbares lässt sich aus auf den wenigen hundert Metern Freiraum, die die Stadtväter und -mütter im Bauausschuss einst schufen, in der Hoffnung, ein Steurzahler, eine Steuerzahlerin kommt daher und lässt sich nieder.

Stille herrscht in dieser Nacht, absolute Stille. Ein Samstag. Bei Vollmond, leichtem Frost und jeder Menge Niemandszeit, die in keinem Buch der Geschichte auftaucht.

Von Punkern, Ravern und deserten Warriorn – die seltsamen Begebenheiten auf dem Hauptbahnhof Karlsruhe

Draufgestupst durch eine Kurznachricht in Mastodon, erfahre ich, dass Torsun Burkhardt gestorben ist. Gerade mal 49 Jahre alt. Krebs. Zack. Weg. Ein Link in der Kurznachricht erzählt von dem antifaschistischen Musiker, dessen Wurzeln im Punk liegen und der mit seiner Band Egotronics ab den 2000er Jahren zum Raver mutierte. Warum hab ich von denen nie was gehört?

Es lehrt mich wieder einmal, dass die Welt eben viel viel größer ist als man sich das im kleinen, feinen Menschenhirn jemals ausmalen könnte … wie sagte ich einmal: Das Unbekannte ist um ein Undendliches größer als das, was wir kennen und was wir jemals lernen, erfahren und wahrnehmen.

Die gestrige Rückfahrt aus den Ferien war geprägt von Torsun. Ab der Grenze, schon kurz nach Basel, wieder im heimischen Netz, nutze ich die massenhafte Datenflatrate, die mir der Mobilfunkanbieter zu Weihnachten geschenkt hatte und die bis zum 3. Januar um 23:59 verbraucht werden könnte. Dudele Torsuns Lied, das er mit seiner neuen Band, den Stereotronics im Frühjahr 2023 aufgenommen hatte. D.A.R.E heißt es. Es erzählt von einem Todkranken, der nicht schlafen kann, noch wirklich aufwachen, dauernd müde, Tabletten allüberall und es ist ein so wunderbar verspieltes schönes Lied – ich weiß, mein persönlicher Geschmack – so dass ich es praktisch in Dauerschleife höre. Derweil der Zug dahin rattert.

Wenn ich die Dauerschleife unterbreche, schaue ich auf Youtube „meine“ Hashtags durch, Survivalvideos in Abwechslung mit Lehrvideos der bayerischen Forstbehörde, in denen Baumfälltechniken gezeigt werden. Eine ganze Weile bleibe ich beim Hashtag hängen, den der Survivalshow-Youtuber Otto Bulletproof ins Leben rief. Darunter gibts Bewerbungsvideos zu sehen von Menschen, die am kommenden Projekt im Frühling 24 in Namibia teilnehmen wollen. Drei Wildcards gibt es zu gewinnen. Wenn man gerne mit dabei wäre, kann man ein Fünfminutenvideo mit dem Hashtag hochladen und sich bewerben. Ist wie Lottospielen ein bisschen. Zu „gewinnen“ gibt es ein zwölftägiges Abenteuer, bei dem man als Mitglied eines von einer Hand voll Dreierteams eine Art Wüstenwettlauf macht. Die Sache ist zwar ein bisschen militärisch angehaucht, aber der Macher, Otto, gibt sich auf Youtube als sympathischer Kerl. Schon liebäugele ich mit einem Bewerbungsvideo. Als ich in Karlsruhe aus dem Zug steige, das Handy noch immer in der Hand, denke ich kannst ja mal bissel filmen. Ich muss ohnehin üben, wenn ich mit meinen Ende 2023 begonnenen Videoexperimenten weiter machen will. Mein Kanal füllt sich langsam. Nach dem schon hochgeladenen Elsässer-Weinstraßen-Video habe ich in den Ferien in Fitou ein paar Experimente mit den sogenannten Shorts (Hochkantvideos bis zu einer Minute lang) gemacht.

Lange Rede, ich hab wie gesagt das Handy wie so ein Shortsfilmer in der Hand, tappe auf dem Bahnhof umher und finde Gleis 101, wo mein Anschlusszug nach Neustadt fahren soll, völlig verwaist vor. Die Anzeige zeigt einen Zug an, der in anderthalb Stunden nach Schwäbisch-wo-auch-immer fährt, überall hin, nur nicht in meine Richtung. Stürmisch. Fehlen die rollenden Büsche, die zirpenden Grillen.

Ich durchforste die App nach Alternativen. Sieh an, auf dem Gleis gegenüber kann ich in ein paar Minuten einen Zug über Schifferstadt nach Kaiserslautern nehmen, bin damit nur eine knappe dreiviertel Stunde später daheim. Schleppe meinen Rucksack also rüber nach Gleis 102. Hinterm Gleis ist ein Metallzaun, an den ich mich anlehne, feststelle, das Ding wippt schön, wenn ich mich mit dem schweren Rucksack dranplumpsen lasse, also wippe ich eine Weile und weil ich das Hochkanthandy noch immer in der Hand halte, schalte ich den Selfiemodus ein und plaudere: Über das Wippen, den ausgefallenen Zug, die Verspätung und was ich so getrieben habe während der Fahrt auf der Rheinstrecke. Komme schließlich  auf den DesertWarrior zu sprechen. Sind schon sehr viele Bewerbungsvideos im Netz. Teils wunderbar kreatives Zeug. Manche machohaft martialisch, andere lustig, wieder andere herzlich dilletantisch, naja, ähnlich dilettantisch wie ich gerade aufs Handy plaudere. Aber ich mache das ja nur zum Spaß und um ein bisschen zu üben für die Zukunft.

Plötzlich dämmerts mir, dass Bewerbungsvideos zu Survivalshows oder irgendwelchen anderen Youtubeformaten eigentlich ein eigenes Genre darstellen. Dessen ist man sich nur nicht bewusst, wenn man sich bewirbt. Scheuklappenbewehrt fokussiert man ja nur streng aufs Ziel hin und nimmt gar nicht wahr, dass man Teil eines gigantischen Pools von Ähnlichen unter Ähnlichen ist. DU BIST MITTEN IN EINEM BEWERBUNGSVIDEO, wird mir plötzlich klar. Noch habe ich kein Wort darüber verloren, oder gar einen Ansatz gemacht, etwas über mich zu erzählen. Schnitt.

Die Entscheidung, dass aus meiner lapidaren Pauderei auf Gleis 102 im Hauptbahnhof Karlsruhe ein Bewerbungsvideo für den DesertWarrior wird, fällt um 16:01. Gegen den Wind filmend, die Stimme völlig verrauscht, plaudere ich Eckdaten, etwa eine Minute lang. Schnitt.

Ich füge noch etwas hinzu, runde die Sache ab. Schnitt.

Mittlerweile bin ich in Schifferstadt, steige um, baue auch dort ein dahingeschnuddeltes Videoschnipsel ein und bin sodann zufrieden.

Abends daheim beschließe ich, am folgenden Tag, heute, das Material zu sichten, es zusammenzufügen und das Video fertig zu stellen. Ich muss es ja nicht veröffentlichen, mache es ja nur zur Übung … ha, denkste. Das ist das Problem mit der Kunst. Es kitzelt so schön, wenn man eine Grenze überschreitet. Treibt den Puls hoch, schüttet Adrenalin aus. Und zu guter Letzt die Rechtfertigung, du musst das tun, egal wie gut, wie schlecht es ist, die Dinge, die man sich ausgedacht hat müssen aus dem Kopf, müssen vom Tisch und das geht nur, wenn man sich ihrer in Form von Veröffentlichung entledigt.

Verbringe den Tag damit das Video zu schneiden und habe es nun hochgeladen. Noch ist es nur ungelistet und es wird somit auch nicht in die Bewerbungskolonne eingereiht. Es juckt mich in den Fingern, es öffentlich zu stellen, nur um zu schauen, was passiert.

Naja, ratet mal, was passieren wird.

Nachtrag zum Clip. Er ist nach meinem selbst erfundenen Dogma 23 gedreht. Out of the box. Der Künstler in seiner Zeit mit mit den Mitteln seiner Zeit und den Mitteln, die er gerade zur Verfügung hat. Im finalen Schnitt fehlen nur etwa 30 Sekunden des ursprünglichen Materials. Selbiges Dogma 23 gilt für den Elsässer-Weinstraße-Film. Dort habe ich vom originalen Rohmaterial etwa zehn Minuten weggelassen. Das Dogma 23 besagt etwa folgendes: Filme so, wie es final geschnitten aussehen sollte.