Die dunkle Seite des Clowns

Liebes Tagebuch, was war ich wieder böse letzte Nacht. Mein aufblasbarer Butler James hat sich ernsthafte Sorgen gemacht um mich. Zusammen gesunken habe er mich am Deich gefunden, wo ich mir mit einer Taschenlampe, mit eingeschalteter Stroboskopfunktion, von unter dem Kinn das Gesicht angeleuchtet habe.

Ganz düster habe das ausgesehen, Meine Güte Sire … hat er gesagt, Sire, und mit seinen stets weißen Handschuhen habe er mich an der Schulter packen müssen, versucht, mich wachzurütteln aus meiner Apathie, aber ich habe nur Swing Low Sweet Chariot gesungen und neben mir habe eine dunkle Kuh gelegen, der ich zärtlich die sabbernde Nase getätschelt habe. Nachdem er mir meinen Lieblingstee aus Clownsfußschweiß gekocht hatte und ihn mir tropfenweise eingeflößt hatte, sei ich endlich zu Bett gegangen. Der Tee war sehr, sehr lecker und auf dem Beutel stand: Kein Unglück ist vom Unglück der anderen getrennt. Ob das was zu heißen hat?

Die Clownsschule, die in der Mitte der Zeltwiese ihr Zirkuszelt aufgestellt hat, hat letzte Nacht eine Generalprobe für die Abschlussklasse veranstaltet. Die kleinen, sie heißen alle August, sind zwar verdammt dumm, aber als es darum ging, sich gegenseitig Erdebeertorten ins Gesicht zu klatschen, war es eine Pracht, dies mit anzusehen. Das Erdbeertortenklatschen hört sich ziemlich ähnlich an, wie wenn ein Profifußballer beim Elfmeter einen Ball tritt. Neben der Dummheit eine weitere Analogie, die ich zwischen Clowns und Fußball feststelle.

Ich hungere! James ist zwar ein außergewöhnlich pfiffiger Clownfänger – einmal hat er einen Clown unter dem Vorwand, ob er denn schon seinen Namen schreiben kann, in die Falle gelockt und ihn ein Dokument unterzeichnen lassen, das uns auch gleichzeitig seine Schuhe und das Zirkuszelt vererbt, sollte ihm etwas zustoßen. Der Kerl war so dumm, das Kleingedruckte zu überlesen. Aaugkuzt hat er mit seiner krageligen Clownsschrift unter das Dokument gesetzt.

Leider nutzt mir James‘ Finesse heute nichts. Hoher Besuch hat sich angesagt. Stell dir vor, liebes Tagebuch, der deutsche Verkehrsminister Dr. Karl Theodor August zu K. ist angereist, um bei den Veranstaltungen für die Abschlussklasse eine Torte zu werfen. Auch er hat einst in dieser offenbar berühmten Schule seine Ausbildung gemacht. Hier wimmelt es nur von Security. Die Schule ist hermetisch abgeriegelt und sie üben das hysterische Lachen. Einer der älteren Clowns macht es vor, mit einem Zeigestock an einer Tafel: „Ha-Ha-Ha“, und die unbeholfenen Hahaha-Schützen sprechen ihm im Chor nach. Mjam mjam, sehen die lecker aus. Hach, warum kann ich nicht einfach zufrieden sein, mit dem was ist?

Der Platz ist paradiesisch. Direkt hinter dem Zelt verläuft der Weg zum Deich. Dort führen die Leute nun ihre Hundchen hin zum Defäkieren. Und wenn sich zwei Hundchenleute begegnen, spielt sich immer das gleiche Schauspiel ab: zuerst sagen sie Der macht nix, dann fangen die Tierchen an zu knurren und an den Leinen zerren, dann quetschen sich die atemlosen Herrchen aneinander vorbei, lassen die Hundchen schnuppern. Isn Mädchen, fragt dann der eine, ja, sagt die andere und so lavieren sie nebeneinander vorbei, so dass ich gleich noch einen weiteren Aufsatz schreiben könnte mit dem Titel Nadelöhr der Hunde. Hach und nun, da es langsam warm wird im Zelt, sitze ich knurrenden Magens, muss an James‘ Worte denken – er ist weit gereist – dass man am anderen Ende der Welt, wo es keine Clowns gibt, Hunde essen würde. Das Fleisch schmecke ähnlich.

Ich hoffe, es kommen bald wieder bessere Zeiten.

(sanft redigiert und gepostet von Sofasophia)

2 Antworten auf „Die dunkle Seite des Clowns“

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