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Erleben geht vor Schreiben wie Schere vor Papier
Privatartikel oder nicht Privatartikel? Ich sitze zwischen den Stühlen. Im Regelbetrieb, daheim, in der Künstlerbude, den Holzofen wärmend im Rücken, hacke ich seit einem Monat wilde, unkorrigierte Artikel, damit ich mich wieder ans tägliche Schreiben gewöhne. Ich bin schnell, die Texte sind voller Vertipper und unförmiger Formulierungen, stelle sie auf „privat“, was ganz praktisch ist in einem WordPress-Blog. Ich kann ja nicht jeden Tippfehler auf die da draußen, auf Dich, Dich und Dich loslassen. Zudem unkoordiniertes Textwerk mit springenden Gedanken von diesem zum jenem, denen jegliche Regie abhanden gekommen ist. Ich muss schon sagen, so eine Reise ist die beste Regie für Gedanken, für das Aufschnüren von Erlebtem und Gedachtem…
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Die Geschichte in der Geschichte in der Geschichte
Die kleine Kelter jenseits der Stadt, alljährlich im Herbst für einige Wochen zentraler Ort, an dem die Obstbaumbesitzerinnen und -besitzer ihre Äpfel, Birnen und Quitten vorbei bringen. So auch ich. So auch Quitten. Der Quittentermin am letzten Werktag im Oktober bildet stets den Höhepunkt der Obstkelterei. Die Mutter allen Erntedanks. 45 Kilo habe ich. Nicht viel. Die letzten Tage mit fast sommerlichen Temperaturen haben den Früchten ordentlich zugesetzt. Zwei Drittel sind am Baum verfault. Schwarze trockene Klumpen. Es ist ein Jammer. Die Keltercrew, A. und F., holte dennoch über dreißig Liter raus, was mich erstaunte. F., der die Presse bediente reicht mir die Saftpakete an. Eine Kette, sagt er. Wenigstens…
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Irgendlink wird beschenkt, kauft Moselschnaps und ist irritiert
Merkwürdige Dinge tragen sich zu. Ich bin Bauarbeiter, mitte fünfzig und habe mit meiner Kreditkarte irgendwo an der Mosel so dumm rumgeschusselt, dass der Schnapsverkäufer, dem ich vor Kurzem für über 200 Euro Schnaps abgekauft habe, keine Buchung erhält. Aber zum Glück hat der Schnapshändler ja meinen Namen, sagt der Kundenberater von der Raiffeisenbank irgendwo an der Mosel. Der Schnapsverkäufer und ich hätten uns angeregt über meine Heimatstadt unterhalten, weshalb er, der Raiffeisenbanker kurzerhand zum Telefonbuch gegriffen habe, um alle Männer meines Namens in der Stadt anzurufen, damit man das Zahlungsproblem anderweitig lösen könne. Ich arbeite aber nicht auf dem Bau. Ich habe gar keine Kreditkarte. Ich bin auch nicht…
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Irgendlinks schwerster Fall
Wenn es ans Ausbaldowern von Kunstreiseprojekten geht, bin ich wie ein Kampfhund, beiße mich fest, kann nicht mehr loslassen. Jo Nesbø hat in seinem Roman „Der Erlöser“ eine eindrucksvolle Szene geschrieben, in der sein Held, Harry Hole einen Drogensüchtigen in einem Containerhafen sucht. Dabei muss der Kommisar in ein, von Hunden bewachtes Gelände eindringen, wird erwischt von einem unheimlichen Vieh, einem „Schwarzen Irgendwas“, der dafür bekannt sei, dass er sich so fest in seine Beute verbeißt, dass er noch nicht einmal loslässt, wenn man ihm den Kopf abschlägt. „Irgendwas“ steht für den Namen der Hunderasse. Ich hab ihn vergessen. Aber „Schwarzer“ kam darin vor, und in meiner Phantasie hat das…
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Birnbaum
Mittwoch, Herbst, Jahr unumkehrbar.