Sei auch Du gebenedeihet

War eigentlich ’ne ganz gute Woche im Amt ohne Wiederkehr. Vor allem die süffisante Geschichtenausbeute, die sich seit ein paar Tagen verstärkt, macht mich froh. Wie schrieb ich doch heute morgen ins lederne Notizbuch: „Folge dem Alltag bis in die schmutzigsten Poren; du bist das Clerasil-Hautwasser der modernen Literatur, ein pubertierender Beobachter, wilder Reiter der Welle; wehenden Haares in den gewöhnlichen Landen, die einjeder schon huntertmal gesehen hat und von denen einjeder glaubt, er kenne sie, aber du, du bist der der die Elemente findet, die bisher alle anderen übersehen haben“.

In den trüben Stunden des Morgens neige ich dazu, mir selbst zu lobhudeln, mich zu bauchpinseln, mir mein kleines, der Langeweile anheim fallendes Leben schön zu reden. Und ich kann sagen: funktioniert prima.

Dieser Morgen war brilliant. Wetter skandinavischen Ausmaßes, unglaublich klare Luft, blauer Himmel – genau wie vorgestern, als ich den Gebenedeiten des Weizenfeldes erkannte. Wer das ist? Ich natürlich, moi meme. Man muss natürlich zu einer ganz bestimmten Stunde am Weizenfeld vorbei radeln. Das Junge Grün schimmert in der aufgehenden Sonne und der eigene Kopf muss in Konjunktion mit der Sonne stehen, also in gerader Linie zwischen Sonne und dem Acker. Dann umgibt den Schatten, den man aufs Grün wirft, ein glänzender Heiligenschein. Müsst ihr selbst mal anschauen. Die grandiose Aura umringt den Schatten, während man sich langsam strampelnd in den Mahlstrom des Pendlers einreiht.

Das wars eigentlich schon zu der Geschichte, einer der Geschichten, die ich im letzten Beitrag so schmackhaft und reißerisch angepriesen habe.

Hum? Eigentlich nix dahinter – außer, man schaut sich das tatsächlich am eigenen Leib mal an. Ist es eine optische Täuschung? Sei auch Du gebenedeihet ;-)

Sieht verdammt nach dem Spätzug aus, morgen früh zur Arbeit. Zwölf Uhr nachts ist einfach keine Zeit mehr für mich. Konnte ich während der Lohntackerei bequem bis drei Uhr lumpen und texten, weil ich tagsüber mit Handwerklichem beschäftigt war, würde ich nun auf der Arbeit einfach ins Koma fallen. Bürojobs sind einfach nichts für mich.

Aber ich darf entwarnen. Es gibt jede Menge Stories; brilliantes Zeug, das sich im ledernen Notizbuch sammelt.

Zum Beispiel: Zick-Zack-Junge oder Die Erlernung der Langsamkeit und Der Gebenedeite des Weizenackers. Dem Thema Dienstgang muss ich ein eigenes Kapitel widmen. Gegrüßt wird auch wieder regelmäßig, um Heil in die Welt zu bringen.

Problem: ich bin diesertage einfach 16 Stunden unterwegs, einerseits um zu arbeiten und den Rest verbringe ich mit Gesundheitsterminen. Ins Krankenhaus gehts auch mal wieder. Das wird ein Spaß.

Aber vorhin, da gab’s wirklichen Spaß beim Kollegen der Herzen, T. Ordentlich gegrillt.

Hum. Zick-Zack-Junge hätte ich gerne noch geschrieben. Solche Spinner trifft man nicht alle Tage und wenn solche Spinner Spinnern wie mir begegnen, entwickeln sich gar bizarre Stories. Die Geschichte verdient alle Aufmerksamkeit – und die kann ich jetzt nicht geben.

Das Schicksal will nicht, dass ich um 8 mit der Arbeit beginne. Fahrradschloss vergessen, Zug verpasst; auf halbem Berg umgedreht, zurück zum einsamen Gehöft. Sind ja immerhin 10 km, die ich täglich mit dem Radel auf dem Arbeitsweg zurück lege. Und über 100 Höhenmeter.

Besorgniserregender ist mein Rücken: er will wohl nicht, dass ich überhaupt arbeite. War vielleicht keine gute Idee, mit dem Möbelbauen aufzuhören (ich hatte den alten Job schon länger in Verdacht, eigentlich eher Rückengymnastik zu sein, denn Arbeit ;-) )

Den Spruch habe ich gesucht im Hirn: „Das Leben ist ein Amt ohne Wiederkehr“

Glücklicher Weise habe ich ihn ins lederne Notizbuch gekritzelt. Er ist bei Weitem nicht so gut wie mein geliebter Wahlspruch: „Das Leben ist eine Kombination verschiedener Gewohnheiten“

Ich genieße diese Tage. Heute war ja Feiertag, Vatertag, auch Herrentag genannt – für nicht-Deutsche: Männer ziehen in Gruppen mit kleinen Handkarren voller Bier durch die Gegend, betrinken sich und feiern die Vaterschaft.

Seit Jahren praktiziere ich an diesen Tagen eine gewisse Prophylaxe.

Die Radeltour mit den Ex-Kollegen führte über 40 km über Stock und Stein und vier schöne Waldhütten. Wir verhüteten den Exzess, obschon er gerade in der letzten Hütte mit dem sündhaft billigen Bier ohne Probleme möglich gewesen wäre. Keine besonderen Vorkommnisse. Nur ein  leicht Verletzter wegen Sturz in Linkskurve – dass es aber auch immer die Linkskurven sind, die uns das Genick brechen. Fit wie nie. Ich könnte pilgern und ich darf Euch etwas verraten: ich werde pilgern, zwei Tage lang, nächste Woche mit dem Kollegen der Herzen, T. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam bis Metz, von wo aus ich mit dem Zug retour fahre und er weiter radelt nach Santiago.

Jawohl T., die Starthilfe sei dir sicher, egal ob es regnet oder schneit. Versprochen.

Journlist F.s Antischokolade-Theorem

Gnädige erste Woche – wenn ich denn über die neue Arbeit bloggen würde, was ich ja nicht darf, denn ich habe gelobt, es nicht zu tun, würde ich erstmal ein paar Begriffe prägen. Die Arbeitsstelle hieße Amt für organisierte Kultur. Der Chef hieße Dienstherr oder Owner-reloadet. Die Kollegen würde ich nach den Anfangsbuchstaben ihres Vornamens nennen, außer Frau Sch., die würde Frau Sch. heißen. Im Schrank des Büros würde ich ein schwarzes Loch oder eine Zeitanomalie definieren, in der sämtliche Schokolade, die ins Amt für organisierte Kultur gelangt, verschwindet.

Journalist F. hat mich auf das Schokoladenphänomen aufmerksam gemacht: „Wenn du in dem Schrank fünf Tafeln Schokolade ablegst, sind sie nach spätestens zwei Tagen verschwunden. Restlos. Keiner wird gesehen haben, wer sie gegessen hat und auf keinen Fall wird auch nur ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin je davon gegessen haben. Mehr noch – das Phänomen ist geradezu gruselig – wenn du nämlich eine Hochgeschwindigkeitskamera in dem Schrank installieren würdest, die 20.000 Bilder pro Sekunde macht, so wirst du auf dem Film allenfalls einen grauen Schatten sehen, der nach der Schokolade greift, letztlich ist eine Tafel pro 160.000 Bilder realistisch für das geheimnisvolle Verschwinden von Schokolade in diesem mysteriösen Schrank. Ich vermute, es handelt sich um einen Antischokoladeschrank. Im Regal treffen Schokolade und Antischokolade aufeinander und jeder weiß ja aus der Materieforschung, wie das ist: wenn Materie und Antimaterie zusammenkommen, verpuffen sie im Nichts.“