Zweibrücken – Andorra 2020
Auf den eigenen Spuren der Jahre 2000 und 2010 von Zweibrücken längs durch Frankreich bis in die Pyrenäen. Radtour im März/April 2020 mit täglichen Blogberichten, Fotos und Tweets.
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Zwischen Tisch und Hoffnung | #zwand20 #umsmeer #anskap
Das einsame Gehöft ist bei Sturm ein unheimlicher Ort. Die schlechte Isolierung der Künstlerbude und die zugigen Ritzen zwischen Türen und Fenstern bescheren einem ein wahrhaft orchestrales Erlebnis, wenn der Wind etwas stärker wird. Ich lebe in einer Ruine, wenn man die Deutung für Normalität heran zieht, die noch bis vor Kurzem als Standard herrschte. Strenger Nordwind klatscht gegen das Fenster, drückt Regen durch Ritzen, die an der Tapete herunter laufen, vorbei am Drucker bis ins kleine Regal, in dem ich dem Druckerpapier vorsorglich mit alten CD-Hüllen etwas Abstand zum Untergrund verschafft habe, damit das Wasser darunter durchfließt. Ein nachmittägliches Decke-auf-den-Kopf-Gefühl macht mich unruhig und ich überlege, eine Runde zu…
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Von Sehnsuchtsorten und zeitlichen Wirren | #zwand20 #anskap
Okay, Junge, jetzt bloß nicht durcheinander kommen mit den Daten. Nach einer gewissen Zeit auf Reisen stellt sich ein Zeitverlustgefühl ein. Du weißt dann nicht mehr, welcher Wochentag ist, welches Datum, wie lange du schon unterwegs bist, wo du vorgestern warst, wo vorvorgestern. Jegliches gesellschaftlich anerzogene Maß verliert sich, wird bedeutungslos. Die Zeit bedeutet nur noch, wenn es darum geht, vor Ladenschluss eine Einkaufsmöglichkeit zu finden. Kilometer ticken nur noch auf dem Fahrradtacho und takten allenfalls das Kunstprojekt. Alle zehn Kilometer stoppe ich im Jahr 2000 und schieße ein Foto der Straße. Man kann sich die Bilder in der Karte ansehen, indem man die Ebene ‚Bildstandorte 2000‘ einblendet (links auf…
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Kneift mich … | #zwand20
Ran an den Feind. Rein in den Blogstollen. Geld ist das heutige Thema. Im Jahr 2000 erwachte ich nach dem gestrigen siebten Reisetag auf dem Campingplatz Villerest an einem Loire-Stausee südlich der Industriestadt Roanne. Nieselregen tippelte aufs Zeltdach. Ich war von einer Woche ununterbrochenen Radfahrens mit Etappen teils über hundert Kilometern und zwischendurch Kunstfotografieren und Schreiben ziemlich erschöpft. Ich erinnere mich, dass ich mich im Schlafsack immer wieder umdrehte, in die Morgendämmerung hinein döste und der Tag von Kurzschlaf zu Kurzschlaf langsam seinen Lauf nahm. Es wurde und wurde nicht heller. Ich kochte Kaffee, las in einem Buch. Ich müsste recherchieren, ob es Erich Fromms ‚Haben und Sein‘ war. Campingplatz…
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Vom Pappelspalten und Ersterschlaffen | #zwand20
Fast habe ich mich selbst eingeholt. 2000 breche ich erst gegen Abend vom Campingplatz Villerest an der Loire auf und radele an diesem verregneten Tag noch gut 40 Kilometer bis nach Feurs. Ich weiß noch, wie glücklich ich war, als sich kurz vor der Ankunft ein Streifen Abendsonne durch die Wolken kämpfte, erinnere mich an einen übervollen Campingplatz, an meinen Platznachbarn, einen Motorradfahrer. Und daran, dass der Campingplatz mit sieben französischen Francs (ca. 1,5 €) der billigste Platz war, den ich je erlebt hatte. Einer, der heutzutage Hufeisen herstellt – ist der noch Schmied, oder hat er sich von der Wesensform des Schmieds entfernt und ist Geschäftsmann? Einer, der auf…
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Festgefroren im Schelfeis des ungehemmten Konsums | #zwand20
Ein leeres Blatt. Unsortierte Gedanken. Zu viele Gedanken. Ach wären doch meine Gedanken ein Supermarktregal. Ein köstlicher Exzess konkurrierender Marken auf engstem Raum, aber gut sortiert. Das preisgegebenste liegt schön mittig vor Augen und die weniger promoteten Artikel etwas abseits des Hauptblickfelds der Zielgruppe. Wichtig: Kinderwaren in Kinderaugenhöhe positionieren. Geriatrisch von-belange Ware nicht so, dass sich der gebrechliche Mensch bücken muss. Es ist über einen Monat her, dass ich mit Freund Journalist F. im örtlichen Monstermarkt zum Einkauf war. Wir liehen für ihn einen der Rollstühle aus, die der Laden für die weniger gut-zu-fußen Kundinnen und Kunden bereit hält, scherzten, dass es viel einfacher ist, in dem Markt einen Rollstuhl…