Geschichten
Kurzgeschichten, fertige Texte, Journalistisches.
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Irgendlink wird beschenkt, kauft Moselschnaps und ist irritiert
Merkwürdige Dinge tragen sich zu. Ich bin Bauarbeiter, mitte fünfzig und habe mit meiner Kreditkarte irgendwo an der Mosel so dumm rumgeschusselt, dass der Schnapsverkäufer, dem ich vor Kurzem für über 200 Euro Schnaps abgekauft habe, keine Buchung erhält. Aber zum Glück hat der Schnapshändler ja meinen Namen, sagt der Kundenberater von der Raiffeisenbank irgendwo an der Mosel. Der Schnapsverkäufer und ich hätten uns angeregt über meine Heimatstadt unterhalten, weshalb er, der Raiffeisenbanker kurzerhand zum Telefonbuch gegriffen habe, um alle Männer meines Namens in der Stadt anzurufen, damit man das Zahlungsproblem anderweitig lösen könne. Ich arbeite aber nicht auf dem Bau. Ich habe gar keine Kreditkarte. Ich bin auch nicht…
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Saltstraumen-Trauma
Teil 1 bei Sofasophia Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte, die Frau SoSo und ich vor einigen Tagen (im August 2014) angestiftet haben. Ich gab ihr drei Stichworte und das Genre „Horror“ und sie schrieb daraufhin den oben verlinkten ersten Teil. Mich fordernd, die Stichworte Espresso, Lofoten und Tippfehler in einem nächsten Kapitel zu verwenden. Kapitel 2 – Sommer 1990 Gibt es etwas bescheuerteres, als nördlich des Polarkreises mit einem gelben Cabrio über die Landstraße zu jagen? Sie waren zu fünft. Die Mauer war im letzten Jahr gefallen und mit dem Fall des antiimperialistischen Schutzwalls hatte es neben vielen ganz normalen Menschen auch diejenigen in die DDR getrieben, vor denen man…
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Diesseits und jenseits des Grüezigrabens
Wenn man als Deutscher eines mit der Schweiz unweigerlich verknüpft, so ist es wohl die Grußform Grüezi oder Grüeziwohl. Viele Deutsche glauben, automatisch perfekt Schwiizerdütsch zu können, weil sie dieses Wort verstehen, bzw., weil ihnen die lustigen, langsamen Satiren des Komikers Emil einst als Schwiizerdütsch vorgegaukelt wurden. Dies ist jedoch kein Aufsatz über die Schweizer Sprache. Vielmehr möchte ich am Beispiel des Grüezi auf die großen Zwiespälte hinweisen, die in der Schweiz herrschen, und die man als Außenstehender so nicht wahrnimmt. Vermutlich wissen Sie, dass in der Schweiz mehrere Sprachen gesprochen werden? Dass die beiden meist gesprochenen Sprachen Deutsch, respektive Schwitzerdütsch und Französisch sind? Dass die französischen Schweizer von den…
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Da vorne steht mein Auto, allein
’s ist Wind, ’s ist Wind, ’s ist Wind, der an den Nerven zerrt. Und die vorweihnachtlich verstopften Straßen, die konsumatorische Endzeithektik, die pulverfassähnlich sich aufbauende unterschwellige Aggression vor den Ampeln der Stadt, in den Kreisverkehren, auf den Parkplätzen, vor Ladentheken. Kerzenrot-Tannenzweige, frisch lasierte Holzbuden und Kessel voller Glühwein zur temporären Lockerung der Oh-Gott-ich-weiß-nicht-was-demunddem-schenken-Schlinge. Auch die zerren an den Nerven. Der Typ mit der Holzfällerjacke auf dem Elektrofahrrad ist mir suspekt. Dreißig Meter rauf die Straße, wenden, andere Fahrbahn dreißig Meter zurück, wenden, dreißig Meter rauf, wenden usw. Dazwischen bis zur Weißglut getriebene Parkplatzsuchende und die Stadtbusse kommen in einer wuchtigen Kolonne vom Rendezvouzplatz, an dem sie sich stündlich treffen.…
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Manierismus komma sieben
Die Löcher in der Wand, wo einst das alte Regal befestigt war sind schon seit Jahren ein Blickfang, wie übrigens auch die gut sechzig Zentimeter lange, gelb-wässrige Giraffe, die sich an der Wand gebildet hat unter dem Loch im Dach der Künstlerbude. Spinnweben, Staub, Sägemehl, alles, was das Holzheizen so mit sich bringt. Die Künstlerbude ist ein Leckerbissen für denjenigen, der die Ressonanz des Urknalls nachschwingen hören mag. Es wäre schön, die Löcher mit einer Tube Acrylpaste zu stopfen, aber dazu müsste man erst den Küchenschrank wegrücken und dazu müsste man erst das Geschirr ausräumen und dazu müsste man zuerst einen Umzugskarton finden, weshalb man zuerst im Atelier das Gerümpel…