Schreibs groß: FRÜHSTÜCK. Und Brot, schreibs groß ofenfrisches, dunkles BROT mit echten Körnern. Und Butter, schreibs groß: MARGARINE.
Gerade verlässt der stinkende Mann im Kampfanzug das Haus und sein trauriger, verlorener Blick trifft mich. Ich kann ihm genausowenig dauerhaft böse sein wie dem Arschlochpilger von Zariquiegui vor ein paar Tagen. Die Reue spaziert immer mit.
Ort: noch Casa de Austria in Los Arcos, mein Favorit aller bisherigen Herbergen.
Nachts spinnen, um zu überleben
2:11 Uhr. Zarte Gemüter sollten diesen Artikel überspringen. Gerade war ich auf der Toilette. Mein Knie scheint sich tatsächlich zu bessern. Ich muss vielleicht morgen zwei Etappen laufen bis nach Logroño. Viane überspringen, um dem brabbelnden Kerl mit dem Kampfanzug zu entrinnen. Den ganzen Abemd steht er im Flur oder läuft auf und ab in den engen, labyrinthischen Kammern der Herberge und stinkt. Zur Schlafenszeit fängt er laut zeternd ein Gespräch an mit einem schon dösenden 30-jährigen Spanier. Erst als ich „Pschschscht“ zische gibt er Ruhe und trollt sich ins Bett, Inständig bete ich, dass er die Schuhe zum Schlafen an behält. Tut er nicht sofort füllt sich der 3×8 m große 10-Bett-Raum mit einem stinkenden Stoff, den es auf dieser Welt gar nicht geben kann. Nicht flüssig noch gasförmig. So muss es sein, wenn man in mit Erbrochenem verdünnter Hundescheiße getaucht wird Als junger Mensch war ich Bauzeichner und musste in Abwasserkanäle klettern, machte Vermessungen in Kläranlagen und in einer Gelatinefabrik. Dem Geruch in der Gelatinefabrik, wo man mit Gabelstaplern glänzende weiße Schweineschmerbäuche über das Gelände karrte, kommt dieses Zimmer am nächsten. Ich darf nicht böse reden über diesen Menschen. Letztendlich wäscht er sich ja doch. Aus einer 100 ml Dose Deodorant sprüht er in geschwungener Handbewegung einen Sekundenbruchteil in den Raum Homöopathisches Waschen. Die Handbewegung ist übrigens exakt die selbe, die man machen muss, um das GPS eines iPhones zu kalibrieren. Ist der Mann etwa ein Liveblogger – oder ist das alles nur ein Experiment der NASA. Wir werden zu Astronauten ausdebildet. Die ersten Astronauten, die in der giftigen Atmosphäre des Mars leben können ohne Raumanzug. Das erklärt auch unser internationales Team. Umd das Rumpeln unter der Stadt: raketensilos wo sie die Triebwerke testen.
Noch immer warten wir auf den Psychiarter.
Showdown in Los Arcos
Seid bloß froh, meine Lieben, dass es kein Geruchsinternet gibt. Wenn man das 12 Bett Zimmer in der Casa Austria in Los Arcos betritt schlägt einem ein abscheulicher, säuerlicher Geruch entgegen. Wenn man den Raum nicht verlässt, gewöhnt man sich daran. Ein seltsamer spanischer Kerl steht in der Mitte des Massenlagers und nestelt an seinem Kampfanzug, führt Selbstgespräche, zieht seinen Schuh aus, beschimpft ihn und sticht mit dem Messer auf ihn ein. Thomas, der Kufsteiner Café-Besitzer und Shijatsu-Spezialist erzählt mir, dass der Herbergswirt jemanden angerufen hat, einen Psychiarter oder die Ambulanz, die sich des armen Besessenen annehmen sollen. Thomas erklärt mir auch einen Druckpunkt an der Innenseite meines rechten Ellenbogens, den ich massieren soll, um das Stechen im linken Knie zu mildern. Es scheint zu funktionieren. Jan und Jost, die armen Slovenischen Teufeli sind auch hier im Zimmer. Thomas hat zehn Euro zum Übernachtungspreis (je 7 €) zugeschossen und ich habe das Frühstück für sie spendiert (je 3€). Die japanische Herbergsmutter drückt mir drei abgegriffene Spielkarten in die Hand als Bon fürs Frühstück. Jan und Jost gebe ich die beiden Joker und behalte für mich den Kreuzbuben. Sie sind voller Dankbarkeit und werden nachher für uns in der Herbergsküche kochen. Gerade füttert mich Jost mit Mandeln, die sie unterwegs gefunden haben :-)
Kurz vor der Stadt treffe ich einen Japaner, der kaum Gepäck mit sich hat. Ihr glaubt kaum, was das für ein Hallo war, als er seine Landsfrau und deren Freundin in seiner Muttersprache begrüßt. Die Herberge hier ist das Kultigste, was ich bisher erlebt habe. Im Hof sind alle Wände bemalt und mit Sprüchen bekritzelt. International. Das Aufenthaltszimmer ist ein gemütlicher holzbeheizter Wohnraum mit Internet und Telefon. Bunte Wände wo man hinsieht. Ein verwinkelter zweistöckiger Bau, in dessen Innenhof auch Thomas‘ Hund ein Plätzchen findet. Da mag ich mal verzeihen, dass, wie man mir erzählt, der Raum kurz vor meiner Ankunft mit Wanzengift geflutet wurde.
Los Arcos selbst sieht ein bisschen so aus, wie ich mir Mexico vorstelle. Durch weitläufiges, kahles Land, auf dem sich Olivenhaine und Wintergerstefelder befinden kommt man in die totenstille Stadt. Der Geschmack von Showdown liegt in der Luft. Was fehlt sind Kakteen, rollende Büsche und eine Mundharmonika. Staub fehlt auch. Und der Typ, der mit seinem schneeweißen BMW über den Acker fährt, um die Saat zu prüfen, passt auch nicht ins Bild. Just, als wir durch die Hauptstraße laufen, fängt es an zu regnen. Ich erzähle meinem japanischen Begleiter von Mexico und dass ich es nur als Klischee kenne.
Diese Stadt ist höchst unheimlich. In unregelmäßigen Abständen geht ein Rumoren durch den Raum, als befände sich unter uns ein Bergwerk. Hinter den Häusern der Hauptstraße ragen zerklüftete Felsen und eben höre ich etwas quietschen, als drehe sich ein Windrad im Wüstenwind.
Zieh Django!
Villamayor
Auf einer Bergkuppe kurz vor dem Pueblo. Plätscherneer Brunnen, der in einem Steinhaus gefasst ist, das aussieht wie eine Kirche. Ca. 15 Sandsteinstufen führen auf einer Breite von 6 Metern hinunter zum Becken. Laden ein zum Ruhen. Die letzten 15 km sind nichts für HundeliebhaberInnen: in jedem einsamen Gehöft hängen große traurige Kettenhunde, wedeln mit dem Schwanz und unterbrechen ihr verzweifeltes Gebell, wenn ich ihnen zurufe „Hundche“. Kurz vor Estella gestern Abend ein 100 qm Terrain von Thujahecken umgeben, aus dem das Gejaule von ca. 6 Hundestimmen zu hören ist. Was ist der Mensch doch für ein grausames Tier.
Live im web
Herr irgendlink füllt seine Trinkflasche mit Wein! Webcam Irache
Bitte Screenshot, falls Ihr mich seht. Gelbe Jacke.