Welch guter Tag

Tat ziemlich gut, die gestrige Radtour. Mit jedem Rund der Pedale vergaß ich ein Stück Kunst- und Joomla!-sorgen. Kurz hinter Zweibrücken, genauer, bei dem Geocache Zweibrücken-Süd hatte ich alle belastenden Gedanken abgelegt. Ich schaute in dem Erdversteck, ob sich alles in Ordnung befand, damit die lieben Mitcacher auch ihre Freude daran haben, entnahm eine modrig riechende Puppe, denn das Erdversteck hängt per Magnet an der Innenseite eines alten Trafokastens. Es sollte nicht zu schwer sein, sonst rutscht es.

Ruhig und grau lag der Weg. Im Straßengraben flanierten Getränkedosen, Müll, Kippenschachteln, eine Porno-CD, je nach Trittfrequenz mal schnell, mal langsam bis hinüber in die Klosterstadt Hornbach, hinaus nach Frankreich, wo der Weg unbeschreiblich malerisch wird, sich die Straße auf 4 Meter breite verjüngt. Uralte Mühlen lullen einen in eine längst vergangene Zeit, in welcher der träge Takt der Mühlräder den Rhytmus bestimmte. Nicht unähnlich dem leichtfüßigen Rhytmus des Radlers. Ein grauhaariger Zausel auf einem uralten Rad begegnete mir, grüßte „Hallo“, fuhr nach Norden. Bei der Moulin de Eschviller hatte sich eine Schar papageienbunter Touristen breit gemacht. Sie schlürften Weizenbier, aßen Flammkuchen. Ihr Busfahrer sonnte sich auf dem Trittbrett des knallgelben Busses. Hochlandrinder garnierten die Wiesen. Es dürfte hinreichend bekannt sein, dass die Luft lau und warm war an diesem Tag, ein leiser Wind aus Süden wehte. Das kleine Volmunster (sprich Wollmünster) war Umkehrpunkt meiner Reise . Das Dorf verfügte bis vor einigen Jahren über eine Allimentation, einen Lebensmittelladen vom Typ Tante Emma, in dem es wunderbare Kekse zu kaufen gab. Nun ist er geschlossen, stengt for ever. Fensterläden zugeklappt. Die Orte zwischen Bitche und Zweibrücken sind unglaublich verschlafen.

Hungrigen Magens zurück bis nach Hornbach, wo vor dem Supermarkt eine Alte mit grünem Regenschirm saß und unverständliches Zeug redete, aber freundlich. Sie sah das modrig riechende Püppchen aus Zweibrücken-Süd auf meiner Fronttasche, fragte: „Schenken sie mir das? Ich könnte es in mein Fenster stellen.“ „Aber gerne,“ sagte ich.

Weiter weiter weiter, den erwähnt lauen Wind im Rücken, entlang des alten Bahndamms hinunter nach Zweibrücken, bis mir der Zausel vom Hinweg entgegen kam, schiebend. Ich rief: „Haben sie eine Panne?“ Er verstand: „Vous êtes en panne?“ „Ah non, iisch schiiebe nurh ein biisschen ääs iist bessäär für den ‚intärn“. Womit geklärt wäre, wes Nationes Kind er ist.

Vorbei an den Dosen und der Porno-CD die Abendglocken der Stadt passierend, durchs Jammertal zurück aufs einsame Gehöft und sofort nach der Dusche ins Bett.
Welch guter Tag, dachte ich und schlief friedlich ein.

Gruppenfoto der Begnadeten

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Von links hinten nach rechts vorne: begnadeter Traktorkatastrophenmaler QQlka, begnadeter abstrakter Maler A., begnadete Filmemacherin A., begnadete Musikerin S., begnadeter Dilletant I., begnadete Schmuckdesignerin T., begnadetes Allroundtalent B., begnadete Siebdruckspezialistin A., begnadete Fotografin J., von der auch dieses Foto stammt.

Nicht im Bild begnadeter Journalist F.

Atelierfest Rückblick

Die Ergebnisse des Atelierfests, welches für den Mainzer Kunstverein Walpodenstraße unter dem Motto „rausaufsland“ stand, können sich sehen lassen. In erster Linie hat das Event eine ungeahnte Einigkeit gebracht, so dass ich grübele, ob ich in die Landeshauptstadt zurückkehre. Samstags bis spätnachts gemeinsam an Bildern gemalt, wobei sogar absolute Maldilletanten wie ich ihr Schärflein beitrugen. Col ist eine sehr harmonische Kunstrichtung. Weil man sich die erschreckende Größe der Leinwand mit anderen teilt, wird einem die Angst vor der unbemalten weißen Fläche genommen. Ich habe eine Schnecke gemalt, die einem fast genauso großen VW Käfer entgegenkriecht. QQlka hat sich als begnadeter Traktorkatastrophenmaler etabliert. Deshalb saßen wir gestern gemeinsam vor dem PC, um die großen Traktorkatastrophen des 21. Jahrhunderts aus dem Netz zu saugen. Nun liegt auf meiner Festplatte ein Verzeichnis mit Traktorunfällen, die darauf warten, von QQlka in Öl auf Kirschbaumrinde gemalt zu werden. Besonders erschütternd fanden wir ein Ereignis in Österreich, welches 32 Opfer eines Fußballclubs forderte, zum Teil so schwer verletzt, dass sie mit dem Rettungshubschrauber in Spezialkliniken geflogen werden mussten. Da ist der Miniunfall, den mein Vater im heißen Juli verursacht hat wirklich zum Schmunzeln. Man sieht einen umgekippten Anhänger und zwei leerlaufende Wasserfässer. Mein Vater hat die Schande fotografiert und das Bild auf dem Tresen in meinem Freilandwohnzimmer liegen lassen. QQlka malte die Szene. So also ist das Genre der Traktorkatastrophenmalerei entstanden, welches man am Ehesten mit Caspar David Friedrich assoziieren kann.

Zwei tolle, entspannte Atelierfesttage, zu denen ich sage: „jederzeit wieder.“ Der Druck, den Sponsoring und Kultursommerförderung die letzten Jahre brachten, war dieses Mal nicht. Man sieht, auch ohne Geld kann man tolle Kulturfeste organisieren. Vielleicht sogar die besseren. Musik gab es natürlich auch, selbst nachdem die begnadete Musikerin S. an der Gitarre die D-Saite gefetzt hatte, holte Allroundgenie Brandstifter noch das Letzte aus dem Musikinstrument – auch wenn sich das Lied „Ring of Fire“ wieder und wieder wiederholte und Musikdilletanten wie ich mitsangen, hatten wir mächtig Spaß. „Über den Wolken“ durfte nicht fehlen. Mit Citys „Am Fenster“ kläglich gescheitert. Derweil loderte das Feuer, Funken stiepen in die Luft, Wind rauscht in den Pappeln, die Malfraktion war in die Col-Bilder vertieft.

Sie verabschiedeten sich sonntagsabends mit den Worten, „na, dann machen wir uns mal vom Acker.“

SM-Bodypainting featuring Ufos über dem einsamen Gehöft

Der Prolog zum Atelierfest ist gut verlaufen. In Windeseile Bilder an die Wände gehängt. Brandstifter hat 20 Meter Asphaltbibliothek an Wäscheklammern aufgehängt: Fundstücke mit den skurrilsten Botschaften. Besonders imposant ist die Hausmeisterserie, welche Zettel zeigt, die man in den Fluren von Mietshäusern manchmal findet und auf denen die Hausmeister ihren Frust über Missstände im Haus niederschreiben. Aber auch eine pornografische, handgeschriebene Hardcore-Geschichte gibt es zu lesen.

Ganz anders geht es gegenüber der Asphaltbibliothekwäscheleine zu: Silberschmuck, gestrickt aus micrometerdünnem Draht von Tanja Roolfs schwebt über dem Billardtisch. QQlkas Gemälde, Öl auf Kirschbaumrinde, ist so filigran, dass es in einer Vitrine präsentiert wird.

Nachher werden weitere Künstlerinnen und Künstler rausaufsland reisen. Bin gespannt, vor allem auf die Bodypaintaktion, welche mit der Schreibmaschine ausgeführt wird. Eine sadomasochistische Variante dieses uralten Happenings.

Spätabends am Lagerfeuer diskutierten wir, wie praktisch es wäre, wenn man ein Ufo direkt über dem Lagerfeuer schweben hätte. Bekanntlich strahlen Ufos aus dem Zentrum des Schiffes einen satten, grünen Strahl, der die Umgebung erleuchtet. „Außerdem,“ sagte jemand, „könnte man das Ufo mit der Playliste im Computer koppeln und sie könnten die Titel und Interpreten in den Himmel projizieren.“ So dass man nicht immer QQlka – welcher alle Lieder kennt – fragen müsste, „eh du, was issen das was da gerade läuft?“

Aus Angst vor Entführung durch Außerirdische und den unangenehmen proktologischen Untersuchungen, die sie mit einem anstellen, verwarfen wir die Idee.