Guggenheim geguckt

Übler Schweiß-Geruch vor dem 70 Jahre alten Vasarelli. „Da muss man erst nach Bonn fahren, um sich wieder zu treffen,“ sagte mein alter Schulfreund F. Zwei Jahre nicht gesehen. „Wir hätten ja den ganzen Herbst Zeit gehabt, die Guggenheim Ausstellung zu besuchen, aber nein, erst am zweitletzten Tag …“

„So ist das eben.“

Im Raum befanden sich dreißig oder mehr Kunstgenießer, entspricht ungefähr 1500 über die gesamte Kunsthalle verteilt. Eine quirlige Wurst spekulativen Kunstgenusses. Kaum möglich, zu den ehrwürdigen Werken vorzudringen. Laudatorin J., mit der ich den weiten Weg angetreten hatte, war vertieft in einen Mondrian, sondierte das Bild auf Spuren von Gegenständlichkeit.

Zwei Taubstumme gestikulierten neben einer Skulptur. Beneidenswert, sie können frei und offen alles sagen, ohne dass auch nur irgendwer ihr Gespräch belauschen kann.

Direkt nebenan schwadronierte eine Kunstwissende über Vasarelli. Das Pferd sei eines seiner beliebtesten Motive. Überall könne man Pferde in seinen Bildern finden, hier, hier und hier. Sie zeigte auf einen Wurm, der aussah wie ein Pferd, ein Haus und etwas Nichtgegenständliches. Frappierende Dominanz privater Führungen. Alle erzählten sie etwas vom Pferd.

Das Aufsichtspersonal: kaum einer größer als 1,70. Als hätte man sie eigens für Guggenheim auf Wanderschaft gecastet: damit auch bloß niemandem die Sicht auf die Kunst verstellt wird.

Schließlich bei Sol LeWitt hängen geblieben – der Wurm schmeckt bekanntlich nach dem Apfel, in dem er lebt. Somit kann einer wie ich am Besten etwas mit dem verkopften LeWitt anfangen. Laudatorin J. wunderte sich, warum man nicht den Namen des ausführenden Künstlers auf der Tafel erwähnte, denn der LeWitt war wie von Zauberhand direkt auf die Museumswand gepinselt, ganz nach den Anweisungen des Künstlers.

Wurst gegessen unter strahlendem Telekom-Stern. Vorm Museum tobten kunstradelnde Jungs, ein Augenschmauß. Ein weiteres Highlight zweifellos die Künstlerin, deren Namen mir gerade nicht ein fällt – doch, Rachel Whiteread. Sie macht Gipsabdrücke ganzer Wohnungen.

Bei Roy Lichtenstein schlug das perfide das kann ich auch Monster zu – jedoch warum sollte …

Kunststraße 15, welche ich vor einigen Tagen schon in die Tonne getreten hatte verdankt dem Besuch dieser Ausstellung ihr Leben. Mein Gott, es macht doch keine Arbeit Projekte anzuzetteln und es ist doch nur ein Projekt, und es kann wahr werden, irgendwann, da draußen in der Zukunft.

Weiß nicht, wie Laudatorin J. uns auf die B42 lotste, Königswinter, das ist gut. Verregnete Nachtstraße Richtung Süden, phantasierten vom Rhonetal und dem Mittelmeer, wie es in Bälde auftauchen könnte.

Ein Laden, seltsame Menschen

Der örtliche Monstermarkt auf hunderttausend Quadratmetern Fläche, ein Wohlfühltempel. Kurz vor Feierabend ohne jegliche Ambition auf Jemand gewartet und überlegt ein paar Produkte zu kaufen, zum Beispiel Sweatshirts oder Schuhe. Jemand sagte, „ich bin gleich zurück, muss nur eben schnell …“ ab in die Klamottenabteilung. Mir liegt eher die Computerecke. Lustlos im Regal. Dann verabschiedete ich mich, um nebenan im Getränketempel eine Kiste Bier zu kaufen. Das ist eine gute Tat. Zurück im Monstermarkt war Jemand verschwunden. Gelegenheit genug, mich auf eine Holzbank zu setzen neben einer kleinen Palme direkt am Eingang, denn da muss Jemand schließlich durch, wenn sie den Laden gleich schließen. Frau mit rot gefärbten Haaren beobachtet. Ziemlich verloddertes Weib im Doppelpack mit Tochter, auch rot gefärbt. Immer wieder lustig, diese wir kaufen Henna und machen mal was ganz Cooles mit unserem Kopf-Orgien. Dann passierte ein Mann. Auf seinem Einkaufswagen stand geschrieben: „Ich bin noch zu haben! Neugierig?“ Weiß nicht, wie ich darauf komme, dass der Mann noch zu haben ist, fixiere eine gut geschminkte Frau vor dem Handy-Stand und wette mit mir selbst, ob sie auf die Schnelle ein neues Handy kauft. Verliere. Denke über Baguette nach und dass man es kaufen sollte, damit es später auch was Frisches zu Essen gibt.

Nicht viel los. Die Menschen scheuen die Mehrwertsteuer wie der Teufel das Weihwasser. Das Jahr fängt gut an. Ich bin ein Wartender und Wartende haben Zeit zu beobachten und Beobachten ist gut für die Sinne und dass man nicht völlig durchdreht in all der Lethargie, die sich einem anpreist wie billige Flittchen am Straßenrand.

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Prost Neujahr, Euch allen da draußen.

Da wir den billigsten und besten Provider der Galaxis haben, konnten wir natürlich nicht erwarten, dass zwischen den Jahren supportet wird. Sag ich mal so. Fairer Deal für Geduldige.

Der göttliche Cousin hat nun ordentlich aufgeräumt und alle Systeme neu gestartet.

Läuft wieder.

Auf 2007.