Gefunden bei Ein Buddha in Berlin:
„Die Stimme ist der Muskel der Seele, die Stimme hilft der Seele sich auszudrücken. Wenn man Schwierigkeiten mit der Stimme hat, will sie uns eigentlich mitteilen, wo unsere Seele blockiert ist, wo unsere Energie nicht im Fluss ist…. Letztendlich will uns das jede Krankheit sagen, wenn wir wach sind, hören wir auf unseren Körper und können Blockaden lösen, wenn nicht, dann haben wir bald etwas Chronisches.“
Die Frau, die das sagte, kannte ich einst. Eine großartige Frau. Der Buddha übertreibt nicht.
So viele sind gegangen. Man darf gar nicht über Vergangenes nachdenken, sonst überkommt einen Wehmut, Gefühlsduselei.
Ohne Erbarmen windet sich das graue Band, das niemals endet. So schreiten wir unseres Weges, hinterlassen Spuren, fabulieren phantastische Welten, die womöglich nie wahr werden, aber in unseren Köpfen existieren sie für einen kurzen Moment.
Noch immer plagen mich Grippeviren. Deshalb sitze ich am Silvesterabend hier am PC. Es macht mir nichts. Auf dem einsamen Gehöft hält sich das Getümmel in Grenzen. Zudem konnte ich diese fixen Termine, an denen man wahlweise hochheilig, andächtig oder fröhlich sein muss – so wie es die Gesellschaft fordert – noch nie leiden. Grippe ist eine prima Ausrede. Sie stützt das schwache Ego, das bedingt gewillt ist, sich der Massenhysterie zu unterwerfen: „Du bist krank. Du kannst nicht.“ Das ist wahre Absolution. So ähnlich müssen sich Katholiken im Beichtstuhl fühlen: das Konstrukt Gott, repräsentiert von seinem weltlichen Angestellten, ist die nicht existierende schützende Hand, ein Allesverzeiher. Ist Religion also eine Krankheit?
Liebe Christen, verzeiht mein ketzerisches Geschreibe. Die Grippe ist schuld. Ich rede im Fieberwahn. Verbrennt mich nicht.
Zurück zur Krankheit und zur Stimme und ins Jahr 1995, als K. mir gestand, dass sie ein Verhältnis mit A. hat, was nicht weiter schlimm gewesen wäre, denn wir führten eine recht offene Beziehung. Solch ein friedlicher Tag. Wir spazierten auf dem Rheindamm etliche Kilometer, setzten uns schließlich auf eine Treppe. Ich sah den Schiffen zu, wie sie stur Kohle und Stahl und sonstiges stromauf stromab transportierten. Ein Schiff hieß Witha. Ein anderes Amarille. K. sagte, was ich schon längst wusste. A. fasziniere sie.
Kluger Weise hatte mich A. ein paar Abende zuvor in eine Mainzer Spelunke bestellt, es sei wichtig, er müsse reden. Er spendierte einige Weizenbiere und fing an zu mobben. Ob ich denn nichts bemerkt hätte. Ob es mir denn nichts ausmache. Er gab zu verstehen, dass er K. ganz für sich wolle. Ich habe keine Chance. Das war psychologisch gut. Es wirkte. Wir Männer sind seltsame Wesen, stets bedacht, unser Revier zu verteidigen, bzw. es zu erweitern. An diesem Abend erweiterte A. sein Revier. Der Tag mit K. am Fluss war ein ruhiger Abschied.
Hinweggespült vom großen Fluss, gerne auch Freund genannt. Hin und wieder sitze ich am Ufer (irgendeines Flusses) und beobachte die Schiffe voller Last. Dann fällt mir K. ein und dass es ein friedlicher Tag gewesen ist, damals 1995. Ihre oben zitierten Gedanken zu Stimme und chronischer Krankheit hatte ich völlig vergessen. Danke Dir, Buddha in Berlin, dass Du mich wieder erinnert hast.