Ganz Unten – zwischen den Beinen einer Frau, genau wie bei der Geburt, möchte ich lakonisch sagen.
Fieber hat mich im Griff. Nebel umwabert das einsame Gehöft. Von Silvesterlaune verschont weiß ich, dass sich im Umkreis von 500 Metern kein Mensch befindet, im Umkreis von 2 Kilometern vielleicht knapp 100. Kann Stille stiller sein? Depeche Mode läuft. Genau die Stimmung. Existenzialistisch sentimental. Die Künstlerbude versinkt im Dreck. Ich habe das Ziel, sie vor Jahreswechsel zu polieren, verpasst. Auf dem Tisch stehen leere Konservendosen. Krümel auf dem Boden. Der Holzofen lodert. Ich esse übrig gebliebene Mutter-Weihnachtsplätzchen.
Ich bin da, wo alles beginnt. Unten. Schon schnippe ich mit dem Fuß, bereit zum ersten Schritt. Soll ich nach Norden gehen, nach Osten, Westen oder Süden? Soll ich den Rinnsälern folgen bis zum nächsten Bach, den Bächen bis zum Fluss und dem Fluss bis zum Meer? Oder ist es besser, einen x-beliebigen Geopunkt zu setzen, das GPS einzuschalten, der geraden Linie über Stock und Stein zu folgen?
2008, Griff zur Reset-All-Taste. Wie üblich wird es das Jahr der Liebe.
Im fibrösen Zustand habe ich eine GPS-Seite entdeckt namens Everytrail. Sie ist weniger proprietär, als Feind Google. Man kann bei Everytrail Spuren konstruieren, ohne dass sie verwischt werden. Das heißt: jeder kann sich die Wege, die man einst ging, gedacht, erlebt hat, herunterladen und – so er denn will, kann er ihnen folgen, sie ändern und verbessern, seinen eigenen Weg finden. Das ist mir wichtig. Die Spur, die wir in dieser Welt hinterlassen darf nicht verwischt werden. Heute habe ich bei Feind Google nur so zum Spaß eine grüne Route (Via Verde)in Nordspanien, einen urig coolen Radweg, der durchs Gebirge über unzählige Viadukte und durch unheimliche Tunnel führt, markiert, mit dem Ergebnis, dass das Ding zwar am Monitor angezeigt wird, aber man kann den GPS-Track nicht herunterladen, um ihn in sein handheld Gerät einzuspeisen. Everytrail ist da anders. Es verhält sich opensource-ig kooperativ. Nachfolgende können alle Informationen, die man selbst hat, auch einsehen. Es ist wichtig, dass wir Menschen zusammenarbeiten, dass wir Grenzen nieder reißen, Türen öffnen, alles so transparent und weiterverwertbar wie nur möglich gestalten. Nur so können wir in Zukunft bestehen. Das Credo proprietärer – besitzergreifender – Systeme lautet jedoch Geheimhaltung, Verschachtelung, den anderen Steine in den Weg legen, auf dass sie auch ja nicht vor einem auf dem Weg sind, vor einem das Ziel erreichen. Große Wirtschaftsmächte nutzen diese Taktik, um ihre Macht zu erhalten. Sie halten uns dumm und unerfahren, erlauben uns in keinster Weise, an Erkenntnissen, die allen zustehen, Teil zu nehmen.
Lange habe ich gedacht, ich wäre alleine, alles drehe sich um mich, andere seien bedeutungslos. Ich war eine große Wirtschaftsmacht. Ich habe mir eingebildet, so könne das Leben funktionieren. Mein Leben war ein Trampeln im Orchideenpark.