6-uhr-pervers-früh. Das Bett fühlt sich an, als hätten 1000 dicke Pilger darin übernachtet – eine nahezu perfekte konvex-konkave Symbiose mit meinem Rücken. Ach, mein Rücken. Meine einzige große Angst. Dass er sich wieder verschiebt so wie 2008, als ich wegen eines Bandscheibenvorfallts fast vier Wochen im Bett lag, nur qualvoll stehen sitzen gehen konnte, unfähig, Schuhe zu binden oder auch nur eine Tasse aus dem Schrank zu nehmen. Damals nahm das, was ich nun tue, Jakobswegwandern, seinen Anfang. Wenn man mich vor diesem Zeitpunkt gefragt hätte, hätte ich gesagt, ich fahre mit dem Fahrrad nach Santiago. Im April 2008 konnte ich halbwegs schmerzfrei eigentlich nur gehen. In winzigen Schritten spazierte ich den Teerweg vorm einsamen Gehöft auf und ab, welches an der Nordroute des Pfälzer Jakobswegs liegt. Ein paar Tage lang nur ein-zweihundert Meter, dann mehr und mehr und mehr. Auf einer Strecke von 1 km immer auf und ab webend an der Einfahrt zum Gehöft vorbei. Oft begegneten mir in jenem Frühling Pilger. Ich gab ihnen Wasser und erklärte ihnen den Weg. Nie war ich weiter als einen halben Kilometer von Zuhause entfernt. Mit der Angst, dass ich wieder in diesen Zustand geraten könnte, kam auch die Idee zu wandern. Dass die Angst nicht unbegründet ist, musste ich nur eine Woche vor dem Start erfahren. Geliebte Sofasophia hat mich jedoch innerhalb von drei Tagen wieder gesund massiert. Natürlich war das kein echter Vorfall. Hier auf dem Weg ist es vor allem ein Kopfproblem. So verursacht jedes kleine Krachen im Getriebe, etwa beim Aufsatteln des Rucksacks in Paris-Est, ein bisschen Sorge. Auch auf dem einsamen vom Wind umzausten Pass auf der ersten Etappe geht die Angst, bewegungsunfähig zu werden Hand in Hand.
Und natürlich in diesem krummen Bett.