Pamplona

Verräter oder Dokumentator? Diese Frage stelle ich mir gerade. Die örtliche Pilgerherberge heoßt Jesu y Maria. Ein ca acht Meter hohes Gewölbe, in dem auf zwei Etagen die Betten untergebracht sind jetzt in der Winterzeit ist nur ein Bruchteil des 140 Personen fassenden Gebäudes zugäglich. Ein schmaler Flir, an dem sich 28 Liegeplätze befinden, die in U-förmigen Nischen liegen. Eon bisschen sieht es aus wie ein amerikanisches Gefängnis. Wegen der halb offenen oberen Etage. Mitten in Pamplonas Altstadt gelegen. Diese herrlichen Gassen, durch die auch die alljährlicheStierhatz führt spiegeln vor Regen. Am Morgen in Larrasoaña will umd will sich niemand aus den Federn heben. Es ist saukalt in dem schimmeligen Raum. Was aber schlimmer ist: selbst durch die Tacker-Ohrenstöpsel höre ich woe draußen der Regen an die Fenster klatscht. Die drei Spanier ind die beiden Basken (gestern schrieb ich, es seien Katalanen) fangen laut an zu reden, wasir ein seltsames Gefühl der Geborgenheit gibt. Den Schlüssel haben wir innen quer gesteckt. Hier vertreibt uns so schnell niemand. Am Abend hatten Besoffeneit einem Fußball gegen die Fensterläden gedonnert und warfen anschließend Steine.
Dennoch bestens geschlafen. Finde mich im 5 km/h Stechschritt mit José, Antonio und Alvaro auf schlammigsten Pfaden wieder. In der üblichen Lemminge-Kette laufen wir und ich frage mich, was die Position, an der wir laufen, über unseren Charakter aussagt. Der forsche José ganz vorne, drr ruhige Alvaro in der Mitte und Antonio hinten. Ich meist der Allerletzte So als wolle Antonio Sorge für mich tragen. Der Erste öffnet die Viehgatter Der letzte schließt sie. Einmal verirren wir uns, balancieren auf einem 50 cm breiten, schmierigen Etwas über einem nahezu senkrechten Abhang. Erst hinterher wird mir die Gefahr bewusst. Man könnte glatt versucht sein, an Gott zu glauben bei all den kumulierten Erlebnissen glücklicher Zufälle. Hier einen Engel geschickt bekommen, dort die Nähe einer unsichtbaren schützenden Hand gefühlt. Bei all der Hilfsbereitschaft ist man auch selbst viel feinfühliger. Laufe ich gestern etwa absichtlich hinter Bjon Su (ich glaub, den Namen hab ich auch schon anders geschrieben – mit dem Koreanischen tue ich mich schwer) weil ich merke, dass er Mühe hat voran zu kommen, bleibe ich heute kurz vor Pamplona gleichauf mit der hinkenden Amerikanerin Laura. Meine spanische Familie findet das perfekt, hatten sie sich doch selbst Sorgen gemacht um die Ärmste. Wir verabschieden uns Schulterklopfend. Sie wollen erst 10 km hinter Pamplona einkehren. An einer Bushaltestelle sehen wir Kanadier Che nebst Hund, pudelnass. Er ruft quer über die Straße: Was heißt Regen auf Spanisch. La Lluvia, rufen die drei im Chor. Durch Vororte dauert es etwa eine Stunde bis Pamplona. Aber schöne Strecke. Das langsame Gehen tut mir gut. Ich merke, wie wichtig es ist, an jeder verschrobenen Ecke des Lebens, die richtige Geschwindigkeit zu haben. An jedem Fuß habe ich eine dicke Blase von der anhaltenden Nässe. So humpeln wir in die Stadt, dicht gefolgt von Team Korea.
Gegen 18 Uhr trudelt ein weiterer Koreaner ein. Er ist morgens um 3 in Roncesvalls losgelaufen. Man hat ihn unterwegs gesehen, rastend in der einen Hand eine Banane, in der anderen eine Zigarette. Ein schräger Vogel. Dann wäre noch das Russisch-Chilenische Team zu nennen. Ein Paar, das sich im Internet kennen gelernt hat. Sie sind schon zwei Tage in der Herberge, weil der Fahrradverleih (wollen radeln, tse, bei DEM Sauwetter) am Wochenende geschlossen hat. Das Stichwort Fahrradverleih bringt mich ganz durcheinander. Ich sage ihnen, sie sollen froh sein, dass sie nicht bei dem Regen starten mussten.
Nachtrag zum Blasen nähen: es funktioniert! Aber man muss es richtig machen. Mindestens drei Stiche, sagt Töng. Groß genug sind sie ja mittlerweile. Bjong Su übernimmt diese Operation. Unsere Schuhe stehen zum Trocknen auf der Ballustrade unter dem Heizstrahler, der in unsere U-förmigen Zellen strahlt.

Pamplona/Irun – Eingang zu Altstadt

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