Ein leeres Blatt. Unsortierte Gedanken. Zu viele Gedanken. Ach wären doch meine Gedanken ein Supermarktregal. Ein köstlicher Exzess konkurrierender Marken auf engstem Raum, aber gut sortiert. Das preisgegebenste liegt schön mittig vor Augen und die weniger promoteten Artikel etwas abseits des Hauptblickfelds der Zielgruppe. Wichtig: Kinderwaren in Kinderaugenhöhe positionieren. Geriatrisch von-belange Ware nicht so, dass sich der gebrechliche Mensch bücken muss.
Es ist über einen Monat her, dass ich mit Freund Journalist F. im örtlichen Monstermarkt zum Einkauf war. Wir liehen für ihn einen der Rollstühle aus, die der Laden für die weniger gut-zu-fußen Kundinnen und Kunden bereit hält, scherzten, dass es viel einfacher ist, in dem Markt einen Rollstuhl auszuleihen als im großen Uniklinikum jenseits des Bergs. Dann ging es los. Unendlich langsam. Journalist F. schlängelte sich mühsam von Regal zu Regal. Der Monstermarkt ist mindestens hundert Meter lang, vielleicht auch zweihundert und auch fast hundert Meter breit, schätze ich. Dichtes Gedränge. Ich schob den Einkaufswagen und Monsieur F. klaubte die Gegenstände aus den Regalen. Mit einem Scanner kann man die Ware selbst scannen, sieht deren Preis und am Ende wird bei einer Zahlstation stichprobenartig kontrolliert, ob man nicht geschummelt hat und sodann per Karte bezahlt. Ganz am Ende des Markts machte sich Erschöpfung breit. Hinter meterhohen Stapeln Mineralwassers aus aller Welt gerieten wir ins Stocken. Wie so eine Shackleton-Expedition, festgefroren im Schelfeis des ungehemmten Konsums. Mindestens hundert Meter bis zum Ausgang. Ich bekam langsam ein bisschen Angst, dass der Freund schlapp macht und ich einen Notarzt rufen muss.
Heute bin ich so weit entfernt von der Reise, spüre ich gerade. Zu Vieles treibt mich um. Schauen wir einmal ins Tagebuch des Jahres 2010. Nein! Das lassen wir. Es ist spät geworden. Es ist Zeit, Feierabend zu machen und die Dinge so stehen lassen, wie sie stehen. Was ist eine Reise – selbst eine, die im Stillstand stattfindet – anderes, als eine Arbeit im Voranschreiten? Auf ein Neues am morgigen Tag elf auf dem Weg nach Andorra. Das Nachtlager nach dem zehnten Reisetag 2000 war auf dem wunderbaren Campingplatz in Le-nouveau-Monde am Fluss Allier, knapp 70 Kilometer Luftlinie südlich des Nachtlagers 2010 auf dem Campingplatz in Aurec-sur-Loire.
Den Marker für diesen Blogartikel habe ich in der Projektkarte auf den örtlichen Monstermarkt gesetzt. Die beiden Lagerplätze sind momentan als Stecknadeln hervorgehoben. Wir befinden uns mitten in Frankreich.
So eine Tour in den großen Supermärkten oder Discountern kann schon einer Expedition ins Ungewisse gleichen, insbesondere, wenn dort mal wieder über Nacht umgeräumt wurde …
Oha, das auch noch. Stimmt. Beim Assistenzeinkauf habe ich immer eine in Laufrichtung sortierte Liste dabei. So praktisch.
Wir sind alle auf einer Reise, wenn auch jede und jeder anders …