Dass das Jahr ohne Termin, das ab Mitte September angedacht war, ein potemkinsches Jahr ohne Termin voller Termine wird, dass es nur ein böhmisches Dorf unter den Zeiteinheiten ist, hätte ich mir ja gleich denken können. Wie anmaßend muss man sein, um Weihnachten und Neujahr, Geburts- und Todestage, Ostern, Arzttermine, Ausstellungseröffnungen, Steuererklärungsabgabefristen und alles andere, was das Menschsein ausmacht, einfach ausblenden zu wollen? Über Zeit und wie sie geteilt wird nachzudenken, alltäglich, -stündlich und gar allminütlich, ist trotzdem eine Sache, die man sich einmal antun sollte. Auch wenn am Ende nur die Erkenntnis steht, dass man dem strengen Takt nicht entrinnt. Die Uhr, sie tickt, tickitick tickitick tickitick tack tack …
Runter in die Stadt um kurz vor Sieben – eigentlich war ich mit Freund Journalist F. verabredet, um die Steuererklärung in den PC zu hacken, aber er sagte kurzfristig ab, so dass dort, wo die zeitliche Hürde war, plötzlich minutenlang ein freier Lauf entstand, den man nutzen muss. Mit dem Gedanken: Menschen, die auf dem Berg leben, sterben im Tal, sausse ich auf dem Radel die steilste Straße der Stadt hinunter, checke das Bankkonto – seit den Serverquerelen bin ich nicht mehr so überzeugt von der Sicherheit von PCs und somit auch nicht mehr erpicht, Bankdaten in die Tasten zu hacken. Im Schalterraum erklärt gerade ein Vater seiner Tochter, wie sie den Überweisungsautomaten benutzen muss, diktiert dem etwa sechzehnjährigen Mädchen Bankleitzahl und Kontonummer, fingert auf dem Tastenfeld, fehlt nur noch die Geheimzahl, während mein Automat direkt daneben die Kontoauszüge der letzten Wochen druckt. Keine Auffälligkeiten. Gut so. Entlang des Schwarzbachs zum Discounter, nur schnell Butter und ein Stück Käse, wird das voyeuristische Blogger-Künstlerkonstrukt Monsieur Irgendlink, moi même, mit einem ganz besonderen Pärchen belohnt, dem es durch die Regale folgt, und es belauscht. Manchmal bin ich ein bisschen neugierig. Insbesondere, wenn Menschen sich auffällig benehmen, obwohl klar ist, dass man sie beobachtet. Sie hat die Hosen an. Er schiebt den Wagen: „Die haben die Soundsowurst umgeräumt!“ – „Die räumen doch ständig um.“ -„Wo sind die Krabben?“ – „Oh, Wäscheklammern nur ein Euro, juhuu“ – „Hast du schon den Blabla-Käse?“ – „Hab ich, guck im Wagen!“ – „Nee, nicht der, der ist zu teuer.“ Sie legt den Käse zurück, während er ein Toastbrot in den Wagen packt. „Das nicht! Ich will das wo ganz unten liegt …“
Vorbei an Ketchup und Bierregal flanieren wir zur Kasse und ich sinniere, das beinahe tot geglaubte Irgendlink-Blog wieder in Angriff zu nehmen, am besten erstmal mit leichter Kost. Einer Geschichte, in der, nee nicht in der, wo ein Mann zur Bank geht und einkaufen. Langsam wieder herantasten. Ruckzuck ist man aus der Übung, wenn man mal eine Weile nicht schreibt.
Totgeglaubte leben länger! Daher: Weiter so!
Solange Dein Blogger-Konstrukt Monsieur Irgendlink was zu sagen hat, schreib es in seinem Namen auf. Als Spiel und Zeitvertreib, ohne große Erwartungen. Dein Alter ego lebt von den Buchstaben, also: lass sie tanzen! Für diejenigen, die sich davon bereichert fühlen.
Gruß, Uwe
Danke, Uwe. Das spornt an. Ich glaube, der Motor läuft wieder :-)
jaaa, er bloggt wieder :-)
Endlich! Endlich konnte ich mit ungeteilter Aufmerksamkeit lesen und es gefällt mir noch besser.
Ganz scheint das Kunstbübchen nicht aus der Übung zu sein, versteht er es doch noch immer, den Leser — also mich — in das Geschehen hineinzuziehen.