Eine Art irdischer Weltraumspaziergang ohne Schutzanzug

Die Künstlerbude sieht aus wie ein Elektroschrottfriedhof. Überall Festplatten, Kabel, Computer – alte Gurken. Unkompatibles. Fetisch Ladegerät. Accumulateur je t’adore.

Auf einer zehnjährigen Festplatte gaukelte noch meine erste Homepage und einige längst vergessene Bilder. Mittels USB-Adapter konnte ich das staubige Ding anschließen und – oh Wunder – lesen. Die Straßennamenserie ist darauf. Irgendwo müssen die Bilder auch noch in Originalgröße sein.

Die Zeit rennt. Wenn man nicht täglich mitbloggt und an der eigenen Chronik schreibt, begräbt ein Ereignis das nächste. Die vielen Details der letzten Wochen: eine Verdichtung von Bildern. Jedes für sich in einen einzigen Satz gepackt und aneinandergereiht ergäbe einen völlig wirren Text. Keine Ahnung, wieso es uns Menschen gelingt eine plausible Vorstellung von der Welt zu erlangen? Vielleicht, weil zwischen den Fixpunkten des Alltags auch immer genügend Vakuum herrscht, das eine Außenbetrachtung ermöglicht? Eine Art irdischer Weltraumspaziergang ohne Schutzanzug?

Längst ist die kleine blaue Tupperdose auf dem Müll gelandet, auf der mit gelben Buchstaben geschrieben stand: „Auf den Inhalt kommt es an – FDP“ und als ich sie öffnete, stieg ein beißender Schimmelgeruch empor und etwas matschiges, grünes lag darin. Mein Gott, ich wusste doch, dass ich vor einigen Wochen noch einen Packen Schwarzbrot hatte.

Warum erwähne ich die Tupperdose? Sie wäre eines jener Mikroben, die ich hätte können zum Blogartikel fabrizieren.

Auch der Schriftzug: „Die Welt im Kopf ist immer schlimmer, als die echte Welt“, der seit dem Kunstzwergfestival auf meinem Kühlschrank steht, wäre einen Blogartikel wert gewesen.

Straßen von Zweibrücken 10
Straßen von Zweibrücken 10

Sowie das konsequente Scheitern, das ich auf allen Ebenen des Daseins bis zur Perfektion kultiviert habe … gepaart mit der Erkenntnis, dass der Weg des Scheiterns dem Weg des Erfolgs mindestens ebenbürtig ist, so rein als Lebensmodell.

Die Bildtafeln, die ich wiederentdeckt habe, werde ich ab 27. September bei Prismakunst zeigen.

 

7 Antworten auf „Eine Art irdischer Weltraumspaziergang ohne Schutzanzug“

  1. Heute zu scheitern ist der grösste Erfolg.
    Diejenigen, die nicht scheitern, schwimmen auf zusammengestohlenen Luxusjachten auf dem vom Plastikmüll gesättigten Ozean. Nicht wirklich lobenswerte Gesellen der Oberfinanz.
    Ein Mitscheiterer

  2. Scheitern? Hm. Das Nichterreichen von nichtrealistischen Zielen: Scheitern? Das Verzweifeln an deutscher Bürokratie: Scheitern? Das Verpassen einmaliger Gelegenheiten: Scheitern?

    Ich sinniere gerade darüber, ob der Unversuch/Nichtversuch – sozusagen das vorauseilende Scheitern – nicht das einzig wahre Scheitern ist … (Hattest Du da nicht auch mal einen Text dazu?)

  3. bitte vom Elektroschrottfriedhof ein Foto machen und für die Prismaausstellung dann in der Lammstraße nachbauen. Roth lässt grüßen und ließe die Zweibrücker mal sich so richtig schön erregen. Aber wahrscheinlich ist es gar nicht so chaotisch, wie der Herr Blogger hier uns weismachen will….

  4. gratis abzugeben an sammlerIn. muss abgeholt werden. ein sack mit kabeln, alten routern, adaptern und dergleichen mehr.

    also: falls du bedarf hast: nur zu! *lach*

    irgendwie scheint sich das zöix im dunkeln zu vermehren. vielleicht folgt hier ja mal ein forschungsbericht darüber?

  5. Also ich war mal wieder auf dem Wertstoffhof, auch Kabel und Komputer und Lampen und Töpfe liegen gescheitert herum.
    Wer RKS wieder in die Reihe gebracht hat, kann kein echter Scheiterer sein. Wer legt da die Messlatte? Wie und wohin und warum usw…….

  6. Scheitern gibts doch gar nicht. Thomas Edison soll gesagt haben:
    „Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren.“

    Wow – 10.000 Wege gefunden, wenn das scheitern ist … und im Wege finden bist du doch superklasse. ;-)

    Liebe Grüße, Szintilla

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