Liveschreiben # 12 – Auflösen der fiktiven Ebenen, die sich im Laufe des Berichts ergeben haben.

Stammlesende wissen es: in diesem Blog, das eigentlich von der Reise um die Nordsee handelt, haben sich im Laufe der Zeit jede Menge fiktive Ebenen angesammelt. Es gibt Verkehrsminister, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt, und denen ich alle möglichen Mängel am Radwegenetz auf flapsige Weise angehängt habe, es gibt eine mysteriöse Gottheit, die vor zig Milliarden Jahren das Universum erschaffen hat und die den Irgendlink und alles, was geschieht auf dieser Welt, bis ins Feinste vorausgeplant hat. Der Lauf der Atome berechnet bis zu Perfektion. Es gibt einen aufblasbaren Butler und das Clownfrühstück. Wie löse ich nun diese vielen „Stussebenen“ am Ende des live geschrieben Buchs wieder auf? Noch immer unterwegs in den letzten vier Tagen der Reise, gibt es verdammt viel Literaten-Pflichtarbeit. Noch einmal soll hier der naive, tagebuchschreibende Junge zu Wort kommen, um die Verkehrsminister- und Clownebene zu lösen.

Liebes Tagebuch. Gestern war es endlich so weit. Stell dir vor, ich konnte den deutschen Verkehrsminister Dr. Karl Theodor August zu K. endlich dingfest machen. Der bekennende Hobbyclown hatte sich zusammen mit seinem düsteren Freund Fríëđølîñ in einer Ferienanlage versteckt, wo sie bei Schunkelmusik allabendlich frivole Witze vor betagtem Publikum vortrugen. Der arme Kerl kann von seinem Ministergehalt – unglaublich, nur 200 Euro pro Stunde verdient er und dann gehen noch Steuern ab – leider nur mehr schlecht als recht leben. Deshalb verdient er sich in den Ferien etwas als Clown hinzu. Allerdings seine Leidenschaft. Der alte Trick, den mir mein aufblasbarer Butler James beigebracht hat, funktioniert noch immer. Verkehrsminister August war so dumm, mir zu glauben, dass ich ihm eine Gratis Fußverlängerung mache. Es war ein leichtes, ihm eine Betäubungsspritze zu setzen. Nun stehen seine Schuhe, zu einem Kreuz geformt, am Staßenrand südlich von Cambrai (siehe dazu Szintillas Blog) . Das Abendlich wirft ihren unheimlichen langen Schatten über die weite Ebene und taucht die letzten Stoppeln, die vom Kurzhalmweizen übrig sind, in ein rötliches Licht. Blöderweise konnte Fríëđølîñ, ein pfiffiger, dunkel gekleideter Typ, entkommen. Er sinnt auf Rache. Ich schreibe diese Zeilen auf dem Marktplatz von Busigny. Bin mir nicht sicher, was der Mann im schwarzen Anzug im Schilde führt, der betont gelangweilt neben dem Brunnen steht. Er trägt eine Sonnenbrille und hat offenbar ein Funkgerät. Manchmal hebt er die Jacke ein bisschen an, wohl, um sich Luft zuzufächeln. Aber warum spricht er dann mit seiner Achselhöhle. Dass er nur Zeitung liest, nehme ich ihm auch nicht ab. Der kann doch gar nicht den Artikel lesen, das Blatt ist beschädigt. In der Mitte klafft ein großes Loch, durch das er mich unentwegt anstarrt.

Liebes Tagebuch. Ich muss nun weiter ziehen.

(sanft redigiert und gepostet von Sofasophia)

2 Antworten auf „Liveschreiben # 12 – Auflösen der fiktiven Ebenen, die sich im Laufe des Berichts ergeben haben.“

  1. Eigentlich hatte ich vor mir als Clown etwas dazuzuverdienen, aber ehrlich gesagt, ist mir der Job eindeutig zu gefährlich. ;-)

    Kichergrüße, Szintilla

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