Auf ein Wort

Tumult hinterm Vorhang der feinen Künste

Nur noch zweihundert Kilometer bis Deutschland! Ich nähere mich, laut Tacho, der Fünftausendvierhundert-Marke, der ungefähren Länge des Nordseeküstenradwegs. Das Stück Zweibrücken bis zur Partnerstadt Boulogne-sur-Mer, das ich in der ersten Aprilwoche als Prolog erradelte, schlägt mit knapp tausend zusätzlichen Kilometern zu Buche und die Strecke von Dover nach Colchester auf dem englischen Radweg Nummer 1 gehört auch nicht zur offiziellen Nordseeroute. Zweihundert Kilometer weit habe ich mich verirrt – grob geschätzt. Somit fehlen mir noch tausendfünfhundert Kilometer Strecke. Der deutsche und der niederländische Teil. Drei Wochen als junger Mann ohne Kunstflausen im Kopf.

Das Experiment, diese vierte Livereise, ist bis dato ein voller Erfolg. Ich konnte meine Ideen zum Schreiben-unterwegs, als auch zur konzeptuellen Kunst um Strecken ausweiten, Neuland gewinnen, mir selbst einige Dinge klar machen, und durch das disziplinierte, tägliche Arbeiten an der Sache feilen. Schreiberisch überraschen die neuen, fiktiven Ebenen, das Sich-weit-hinauslehnen, die Lust am Experiment, ohne zu ahnen, wohin es führt.

Kunststraßentechnisch sind eine Reihe von neuen Ideen im Spiel – wie ich die Sache präsentieren könnte und wie gegebenenfalls „kommerzielle Endprodukte“ aussehen könnten:

  • Das Stelen-System etwa: quadratische Pfosten von unterschiedlicher Höhe für jedes Zehnkilometer-Bild, die Seiten sind bedruckt mit Texten und den „schönen bunten Bildern“, den Sehenswürdigkeiten, sowie mit den Bildkoordinaten und gegebenenfalls mit einer Seite für Anmerkungen, die im Blog gemacht wurden. Für eine derartige Präsentation, die idealer Weise in einer Kunsthalle gezeigt wird, benötige ich viel Geld. Die Stelen werden in Form der zurück gelegten Route aufgestellt, so dass man ihnen als AusstellungsbesucherIn folgen muss, wie einst dem Kapschnitt, der auf einer Art Carrerabahn über dreißig Meter weit sich durch die Galerie Walpodenstraße schlängelte.
  • Aus den Einzelbildern könnte man auch einen Tageskalender erstellen, jeder Tag ein Zehnkilometer-Foto, wobei die Länge des Kalenders sich aus der Länge der Strecke ergibt und sich nicht mehr nach dem Umlauf der Erde um die Sonne richtet.
  • Geht es mir nicht bei dieser Reise um das Aufbrechen jeglicher Korsette, letztlich auch des Zeitlaufs? Aus den seriellen Tafeln könnte eine beilaufende Bildsammlung entstehen – so wie sie im Blog gezeigt werden.
  • Die Idee, statt Multiples, nur noch Unikate zu erzeugen: jedes iPhone-Foto wird nur ein Mal ausbelichtet, dann vernichtet. Mit Bildkombinationen wäre es dennoch möglich, ein Bild in verschiedenen Tafeln mehrfach zu verwenden.
  • Kollaboration mit Baba, die den zerschnittenen, abgenutzten Reifen bemalt, dessen einzelne Stücke ungefähr iPhonemonitorgroß auf Holzplatten aufgezogen werden, damit sie flach und bildhaft sind.
  • Ein limitiertes Poster für die SponsorInnen, sowie ein limitiertes Bild, das mit den Kettengliedern der Radlerkette „signiert“ ist (Loch ins Dibond bohren und die Kettenstücke einnieten).
  • Zu guter Letzt denke ich über eine Art Nischen-Streetview nach: die Gegenden, die Google nicht aufnimmt selbst erschließen, eine Software entwickeln, die fertige Internetseiten ausspuckt, wobei Koordinaten, Bild und Infotext automatisch verarbeitet werden, krönend käme hinzu, dass abfotografierte Infotafeln über Sehenswertes am Wegrand automatisch in Text verwandelt werden. Datenbankdenken, gewürzt mit einem Spritzer Kunst.

Schreiberisch lerne ich, wie man verschiedene Erzählebenen erzeugt, sie miteinander verknüpft, wobei die Eleganz oft aus dem intuitiven Moment entsteht, ein bisschen stolz bin ich schon auf meine Entdeckung der Zeitebenen, der halb fiktiven Figuren, der flapsigen dummer August-Frühstücke, sowie des trichterförmigen Eintauchens in die eigene Reisehistorie immer wieder.

Dieses live geschriebene Blog könnte sogar als Plattform dienen, meine Idee für das Buch „Europenner“, das schon seit 1994 gärt, wieder aufzugreifen und, in einem zweiten Arbeitsschritt, das Ding aufzusetzen und zu verankern an der realen Struktur?

All die Gedanken zur Kunst und zum Schreiben werden sabotiert von der Gewissheit, dass ich auch ohne es zu tun, ohne es zu verwirklichen, ein glücklicher Mensch bin, es gut und gerne als „Lohntacker“ aushalten kann, ja, auf einer gewissen, „faulen“ Ebene meines Seins mich sogar danach sehne, vor der Kunst, bzw. vor der Vermarktung meine Ruhe zu haben und einfach nur vor mich hinzuleben. Mir wird klar, dass das Kunstschaffen an sich mir unheimlich Freude bereitet und dass ich es, nebenbei gesagt, gerne und ohne Murren tue, dass ich in gewisser Weise sogar die Kunstmaschine bin, die ich skizziere, wenn auch Maschine falsch ist, ich zu viel Herz habe, zu viel Gefühl, zu unkontrollierbar bin, dennoch, der Akt des Datensammelns, den ich seit zwei Monaten betreibe ist das, was ich für alle Zeit tun könnte. Aber wohin mit den Daten, wenn du sie nicht kommerzialisierst? Sie im Blog zu deponieren und sie mit einigen Wenigen, die per Serendipitätsprinzip da hinein geraten sind und Gefallen daran finden, zu teilen, ist eine gute Methode. Sie nährt jedoch nicht ihren Mann.

Bin ich so einfach gestrickt, dass ich in Richtung Geld laufe, wie die Motte zum Licht?

Wenn ich ein Leben als Tacker lebe, was passiert dann mit all den Dingen, die nur ich kann? Fast selbstherrlich muss ich sagen, dass ein Grundstock an technischem Wissen, die Fähigkeit schreiberisch schnell und unter selbst ungünstigen Bedingungen, direkt Erlebtes zu skizzieren, sowie der fotografische Blick, gepaart mit einem Grundstock Masochismus, den eine strapaziöse Reise mit sich bringt, in mir auf einen Stapel fallen. Hinzu kommt mein abstrakt architektonisches Talent, seltsame Konstrukte zu erstellen, die weder Haus noch Zweckbau sind, aber irgendwie doch Gebäude. Luftschlösser der Postmoderne. Selbstherrlich fabuliere ich, dass es nur wenige gibt, die ebensolche Eigenschaften mit sich bringen. Ich bin der richtige Mann am richtigen Ort zur rechten Zeit der modernen Blogliteratur. Was Künstler können, können nur Künstler. Künstler sein ist, im Gegensatz zur landläufigen Meinung aus der wohligen Mitte der Gesellschaft kein Zuckerschlecken. Du lebst im ständigen Scharmützel zwischen der Lust, einfach die Seele baumeln zu lassen und das Hirn abzuschalten und dem euphorischen Trieb, kommerziell schwer nutzbare Gedanken abzuarbeiten.

Es zeugt von Arbeitsscheu, einfach arbeiten zu gehen, und ansonsten seine Ruhe zu haben.

(sanft redigiert und gepostet von Sofasophia)

21 Antworten auf „Auf ein Wort“

  1. Da es bei dir kein Daumenhoch-like-it gibt, schreib ich es als Kommentar: I LIKE IT! Obwohl ich es blöd finde, wenn in Kommentaren zu Blogbeiträgen jenes inhaltslos denkträge „hat mir gut gefallen“ auftaucht – aber hat es mir
    ;-)
    Klausbernd und die beiden Buchfeen Siri und Selma senden Grüße -:) :-) :-)

  2. Das Gefühl hin- und hergerissen zu sein ist sehr schön erfasst und ich kann es gut nachfühlen. Kunst zu schaffen ist das Eine, sie zu vermarkten und zum „Brotjob“ zu machen das Andere. *seufz
    Ich zitiere dich: „Es zeugt von Arbeitsscheu, einfach arbeiten zu gehen, und ansonsten seine Ruhe zu haben.“

    So grüßt dich eine, in diesem Sinne, „Arbeitsscheue“ und wünscht dir gute und glückliche Entscheidungen. :-)

    Liebe sonnigsommerliche Grüße, Szintilla

    1. Ihr Lieben, hier in der Morbaek Massacre Plantage erlebe ich doch glatt, wie ein Krieg ausbricht. Mitten in meinem Blog. Mein erster Gedanke, als ich Eure Kommentare lese, war: Friede. Nur das Wort wollte ich bloggen.
      Soeben habe ich den Morbaek Massacre Artikel fertig gestellt und mir überlegt, wie ich ihn ins Netz bringe, ohne Wochenpaker – ein bisschen Technik an dieser Stelle. Allwöchentlich lasse ich mich nicht lumpen, einen 15€ teuren Auslandsflatpass zu buchen, um dieses Blog aufrecht zu halten. Da ich vermutlich morgen wieder in Deutschland bin, wollte ich mir den Auslandspass verkneifen.
      Nun holt mich der Krieg ein. Das Gemetzel. Der Neid. Die Ungläubigkeit, Das Nicht Vorhandensein von Easyness. Der gemein reale Kampf des Schnellen gegen den Lansamen. Das Niedertreten zarter Blümchen, die neben Mishaufen wachsen und einer ansonsten langweiligen Wiese einen Hauch Idylle verleihen.
      Wind umzaust mein Zelt. Ich habe den Pass gebucht wegen der leidigen Blogmobilmachung.
      Ich fürchte, Ihr resozialisiert mich gerade.

      Zum Gefällt mir-Button muss ich sagen, dass ich ihn just auf dieser Reise schätzen gelernt habe, weil er eine einfache Möglichkeit ist, auf schmaler Bandbreite und winzigem Monitor den KollegInnen zu sagen, hallo hier bin ich, habs gelesen.

  3. Auf ein Wort, Jürgen, ich muss hier mal ein wenig Irgend-Kritik los werden.
    Für meinen Geschmack hast Du in letzter Zeit viel zu sehr über Kunst geschrieben, aber viel zu wenig Kunst gemacht.
    Dein Jakobsweg-Blog hatte diesbezüglich ein ganz anderen Swing. Da gab es viel mehr Reflektion, viel mehr Emotion, viel mehr Improvisation, viel mehr Hautkontakt, viel mehr Sand und Wind im Gesicht, viel mehr Dreck unter den Fingernägeln … mit anderen Worten: viel mehr Literatur.
    Hier geht es in mindestens jedem zweiten Posting um Technik und Apps und iPhones und Netzteile und andere Dinge, die die Welt nicht braucht.

    Du kannst richtig gut schreiben, im Gegensatz zu vielen, die ständig beteuern, wie viel und wie gerne sie schreiben, und wie sehr ihnen das Schreiben Spaß macht, bei denen aber nichts weiter heraus kommt, als die Predigt-Vorlage für einen schlechten Dorfpfarrer.

    Ich gestehe, diese, Deine Schreibe vermisse ich in letzter Zeit. Dein Ums-Meer-Blog verkommt zusehends zum Nerdblog und das finde ich schade.

    Ich hoffe, Du nimmst mir meine Kritik nicht krumm, aber bedenke, es gibt nichts langweiligeres, als Blogs, deren Kommentare nur aus „Gefällt mir“ und Grinser-Emoticons bestehen.

    Liebe Grüße, Axel

    1. hey axel, lies bitte einfach mal richtig hin.

      nichts gegen faire und angebrachte kritik, wirklich nicht, aber ich kritisiere hiermit deine kritik.

      vielleicht liest du nur punktuell mit und triffst einfach immer jene artikel, wo es um kunst geht? okay, kunst ist nicht jedermanns thema. dann bist du einfach im falschen blog.

      das hier ist ein kunstblog. ein kunstprojekt, ein pilotprojekt: wie verträgt sich liveblogschreiben (wie lade ich unterwegs das iphone?), fotografieren und dazu jeden tag zwischen 50-90 km radeln? wie lebt es sich drei monate allein unterwegs?

      ein jakobsweg ist eine andere geschichte als ein „eremitischer“ nordseeküstenweg. auf dem jakobsweg wird in pilgerherbergen neben lärmenden, schnaufenden, schnarchenden, stinkenden sockenmännern geschlafen.

      kein vergleich.

      genau: kein vergleich. jedes projekt ist in sich eine eigene geschichte. da gehts nicht um künstliche handicaps auf einem künstlichen golfrasen, da gehts um regen, sturm, sonne, meer, schweiss, alleinsein. sich mit sich selbst auseinandersetzen.

      lg, soso

      ps: zu wenig kunst gemacht? hääääh? hallo?

    2. Axel, zwar bist Du ziemlich unflätig, dennoch interessanter Einwand. Kann ich aber nicht nachvollziehen. Ich sehe mich in dieser Phase von „Ums Meer“ als Datenerfasser, der sich selbst stören würde, wenn er aufs Detail Rücksicht nehmen würde. Die Technik gehört mit rein ins Buch. Sie macht es erst möglich.
      Letztlich ist es doch so mit dem Bloggen: jeder ist seines Blogges Schmied und er bearbeitet es mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen und mit dem Kenntnisstand, den er hat. Und er schreibt über die Themen, die jeweils anliegen.
      Die Tagesverfassung entscheidet über die „Qualität“

  4. als ich das kommentarfeld öffnete, dachte ich, wie schade, dass es keinen like-button gibt! öhm ja… das fanden nun klaus bernd und dina auch schon und so schließe ich mich den beiden an, denn viel mehr kann ich gerade gar nicht dazu sagen, außer I LIKE IT

    und axel… man muss nicht alles vom anderen mögen

    good sleep und nice dreams wünscht für heute frau blau

  5. @Axel,

    und ich sage dir jetzt auch einmal meine Meinung. Ich nehme dir deine „ehrliche“ Kritik nicht ab. Erstens machen sich ehrliche Kritiker Gedanken über den Kontext, in dem ein Künstler sich gerade befindet und zweitens habe ich dich oft genug gehässig und missgünstig erlebt, aus reiner Lust und Freude. Das ist aber noch nicht einmal das, was mir am Meisten aufstößt. Mich stört, dass du meinst, zu wissen, was Kunst sei, obwohl schon viel größere Brains das noch nicht so wirklich verstanden haben. Als ob du jemand seist, der irgendwelche Kriterien für Kunst in den Raum werfen könne, wo doch dein Geschreibsel manchmal nichts weiter als ein Sammelsurium aus Pseudomachotum und dem Versuch, zynisch zu sein, ist. Nur mal, um die „Dorfreden“ in Schutz zu nehmen.

    Das hier ist kein Nerd Blog. Apps und iPhones sind Werkzeuge und sonst nichts. Genauso, wie du einen Blog führst, statt mit Tinte und Feder zu schreiben, weil’s praktischer ist, nutzt man heute Technik, um Bilder zu machen, damit man die Filter nicht ständig wechseln und in der Dunkelkammer entwickeln muss.

    So, und nun meine Annahme: Du hast hinter Irgendlinks Mission einfach nicht verstanden, was viele hier anscheinend verstehen. Und deshalb solltest du dich doch einmal fragen, ob du einen zu engen Kunstbegriff hast. Und was Kunst schon immer nicht wollte, war die Einengung, das merkt man daran, dass sie ihren eigenen Rahmen immer sprengt.

    Amen.

    P.S.: Deine Antwort an Soso ist natürlich ziemlich respektlos. Aber nichts anderes hattest du vor.

    1. oh, liebe sherry
      ich bin froh, dass ich deine stimme hier lesen darf. danke für deine zeilen. was du über kunst schreibst, teile ich.

      axel: kritik ist natürlich immer subjektiv – und natürlich hat sie hier platz. aber nur solange sie der weltweit definierten bloggosphärischen nettiquette entspricht. ich sage nur: respekt.

      in diesem sinne hoffe ich, dass wir hier weiterhin mit irgendlink um
      die nordsee radeln können. und seine höhen- und tiefpunkte miterleben.

      gutnacht allerseits
      soso

    2. Sherry, lieben Dank für Deinen konstruktiven Kommentar. Du hast die Sache präzise analysiert. Bringst mir ein Puzzlestück für weitere „Selbstanalysen“ bezüglich des Projekts.

  6. lieber irgendlink,

    ich weiß nicht, ob dies nun wirklich krieg ist… aber gut, wirklich friedlich ist es auch nicht! -m-

    gerade eben schrieb ich an SoSo: letztlich schreibt er (Axel) ja nur, was er vermisst und was er nicht gut findet…
    Das, was ich aber nicht mag und mir immer wieder bei ihm so unangenehm
    aufstößt sind seine Bewertungen.
    Spannend für mich zu sehen wie so etwas wirkt, da ja auch ich ab- und aufwerte, auch wenn ich mich darin übe es nicht zu tun, aber eben… immer noch Übende, die ich bin, bin ich nicht frei davon!
    Ich habe dann tatsächlich gestern noch ein bißchen über Kunst und KünstlerInnen
    nachgedacht. Die Frage dabei ist dabei ja (für mich) ist etwas Kunst, nur weil ich
    es so nenne? Bin ich KünstlerIn, eben weil ich mich so nenne? Nein… es
    braucht das Außen, das letztlich entscheidet, ob meine Bilder/Schreibereien
    als Kunst gelten oder eben nicht. Ich hätte mich wohl nie Künstlerin genannt
    und tue es immer noch zwiespältig, wenn dieser Titel nicht immer wieder an
    mich herangetragen worden wäre…
    Wir alle wissen, dass die Frage: was ist Kunst, die Menschheit umtreibt…
    manches Handwerk wird nur als solches gesehen, auch wenn dabei künstlerische
    Arbeiten herauskommen. Anderes, was die Fachwelt als Kunst ausstellt und
    annimmt löst bei mir Zweifel aus. Es ist und bleibt ein Spannungsfeld! Nicht
    umsonst sage ich von mir selbst, dass ich eine Künstlerinnenseele habe, eine
    unter vielen ;o)

    …und warum nicht auch hier einmal über dieses Thema eine Debatte führen? Aber bitte wertfrei…

    nevertheless good day, good way and sunshine in your heart, lieber Irgendlink

    1. Liebe FB, das ist martialisch, was ich gesagt habe, übertrieben. Gebe ich zu. Wahrscheinlich löst der Artikel in Kombination mit Deinem Kommentar, Axel, viele Emotionen aus. Das Kommentieren allgemein in „Ums Meer“ ist klasse. Ich habe nicht das Gefühl, dass in diesem Blog Gefällt mir Kommentare oberflächlich sind. Bei Facebook mag das gelten in der schnellen Welt des Klickens und Geklicktwerdens. Die LeserInnen in „Ums Meer“ sind anders. Sie bringen die Ruhe mit, längere Texte zu lesen, den Mut, Durststrecken zu überstehen und dennoch immer mal reinzuklicken. Auf Euch lass ich nix kommen :-)
      Das „Amen“ ist verletzend. Sowas passiert, wenn man sich zu viel in der schnell geschnodderten Facebook Welt rumtreibt.

  7. Axels Kommentar war genau das, was aus meiner Sicht dieser Blog brauchte. Ich empfand wie Axel, dass dieser Blog mich zunehmend weniger interessierte, was wohl einigen so ging, wie es an den abflauenden Diskussionen deutlich ablesbar war. Axel ist der Widerspruch, der das Salz in der Suppe eines jeden kreativen Projekts ist. Und wenn hier beschworen wird, dass Kunst ein Kind der Freiheit sei, so muss auch unbedingt der Widerspruch hier seinen Platz haben – überspitzt formuliert, sonst gleitet die Kommunikation ins Faschistoide ab.
    Ob sich dieser Blog und dieses Projekt sich als Kunstprojekt profilieren kann, das wird die Zukunft zeigen. Mich interessiert bei Irgendlinks Blog wie einer spontan Reiseberichte schreibt, da ich längere Zeit über Expeditionsberichte geforscht habe. Ich bin sozusagen der Voyeur, der betrachtet („to scrutinize“ wäre der passendere Ausdruck), wie etwas entsteht. Das ist doch kein Endprodukt, das in diesem Blog präsentiert wird, sondern die Materialsammlung, es ist Rohmaterial, das vielleicht je nach Bearbeitung ein Kunstpotential besitzt. Und jetzt verlasse ich mal meine bürgerliche Zurückhaltung: Dieser Relativismus in Bezug auf Kunst ist populistischrer Quatsch. Wenn wir die heutige Kunsttheorien betrachten, sind sie sich doch alle in einem Punkt seit der strukturalistischen Kunstbetrachtung der Prager Strukturalisten und ihren franz. Nachfolger und Warhol darüber einig, dass Kunst das ist, was als Kunst rezipiert wird. Naja, und mal ehrlich, diesen Blog rezipiere ich doch nicht als Kunst, wie ich z.B. die „Mona Lisa“ betrachte.
    Ich bin einer, der Irgendlinks Kunstansatz nicht nachvollziehen kann. Der Einsatz digitaler Medien bringt für mich an sich noch keine neue Qualität. Wie gesagt, spannend ist doch, was unser wackerer Irgendlink nun mit diesem Material macht.
    Bedauerlich ist, dass diese Kritik erst so spät kommt. Jetzt ist doch hier was los. Ich hätte gern auf meinem Blog solche Kontroversen, die mich und andere anregen und was geschieht? Da bringe ich gerade einen Artikel zum pornografischen Roman und nichts regt sich ;-) Das ist doch tödlich für einen Blog ähnlich wie die Ja-Sager.
    Netzphilosophen und Kommunikationstheoretiker sehen das Bloggen in der Tradition der Salonkultur. Der Salon war ein stets Ort, an dem sich Künstler und Wissenschaftler trafen, um frei intellektuell (und erotisch) miteinander zu kommunizieren. Und so können wir Irgendlink dankbar sein, dass er diesen Blog bereitstellt, wo wir so wie jetzt kommunizieren können. Fast würde ich es bedauern, wenn sich alles wieder in Friede-Freundschaft-Eierkuchen auflösen würde.
    Huch, ich muss weg, sorry, das ist nur so schnell niedergeschrieben, da ich gerade sehr busy bin.
    Liebe Grüße an alle vom sonnig stürmischen Meer – Daumen halten, dass es nicht regnet, ich habe gerade meine Wäsche in den Wind gehängt –
    Klausbernd :-)
    Und wenn ich eine oder einem angegriffen habe, entschuldigung, mir geht`s um die Sache (hoffe ich, man kann sich ja nie selbst trauen ;-) )

    1. Klausbernd, vielleicht könnte man das Netz selbst als eine Art Salon sehen? Aber einzelnes Blog, diese hier? Dann eher ein Konglomerat aus mehreren, ähnlich gesinnten Blogs. Ich selbst tauge wohl nicht als Salonherr.
      Was die Sache Kunst oder nicht, Literatur oder nicht betrifft: es ist eine wilde öffentliche Datensammlung, die hier stattfindet.
      Was ich später daraus mache?
      Wahrscheinlich scheitert die Buchproduktion am Mangel aus finanziellen Anreizen. Bilder werde ich auf jeden Fall ausstellen. Die Stelengeschichte halte ich mit geschätzten 20.000 bis 50.000€ Produktionskosten für schwer realisierbar.

      Das Liveblog Literatur- und Kunstprojekt wäre nicht denkbar, wenn ich mich nicht bei jeder neuen Sache selbstüberschätzt hätte.

      Hätte ich 1995 bei meiner ersten Konzeptausstellung der Realität ins Auge geschaut – Low Budget Kunst, fotografisch im Anfangsstadium – wäre die jetzige Sache nie entstanden.

      Wahrscheinlich liegt auch heute Selbstüberschätzung vor. Man darf gespannt sein, was sich aus dem naiven Vertrauen ins eigene Können entwickelt.

  8. Na, dann schaue ich doch gerne einmal bei dir vorbei. :P

    Du musst wissen, dass meine Reaktion auf Axel eine Vorgeschichte hat, die bei (s)einer Verhaltenstendenz beginnt, die ich bei ihm kontinuierlich beobachte und die – meines Erachtens – garantiert mehr als nur das Motiv der konstruktiven Kritik beinhaltet. So ganz ohne Kontext betrachtet, ist seine Kritikäußerung ja gar nicht schlimm. [Außer der Teil, in dem er sagen will, was Kunst sei und was nicht. Die finde ich schlicht und einfach arrogant.] So genug hierzu.

    Ich verfolge Irgendlinks Blog gar nicht so oft und auch gar nicht so lange. Aber was ich mir immer wieder denke ist, an welche körperlich-seelischen und ja, oft auch existenziellen Grenzen er wohl stoßen muss, wenn er mit nichts einfachso mal die Weltgeschichte durchradelt. Das muss man sich erst einmal trauen, das muss man sich als heute krankhaft sesshafte Zivilisation erst einmal zumuten können. Da muss man erst einmal irgendeine innig verankerte Leidenschaft haben, um das zu tun. Das hier ist mehr als die Lust an Bewegung und dem Fahrrad: Eine Motivation, ein Ziel, ein Weg, ein Sichfinden, um die Welt zu finden und – das macht die Sache so schön – sie uns auch ein wenig mit den Bildern zu Füßen zu legen. Ich weiß es nicht, das kann er am Besten erklären. Aber all das hier auf ein „Nerd Blog“ zu reduzieren, ist – wenn man sich wirklich einfach mal nur vorstellt, was er da gerade eigentlich tut – ein Wahnsinnsmenge an Ignoranz.

  9. Liebe Sherry, da geb ich dir recht, das ist ganz klar kein Nerd-Blog, habe ich zumindest nie so empfunden. Ich bewundere ebenfalls diese Leistung vom Irgendlink, er lebt sicher für viele das aus, was sie sich nicht trauen.
    Ich kenne hier im Blog außer Irgendlink und Dina keinen persönlich. Da ich keine Vorgeschichte habe, konnte ich nur vom Geschriebenen ausgehen. Aber das ist ja auch okay so. Ich finde es notwendig ergänzend zu meinem eher intellektuell distanzierten Kommentar, dass du die emotionale Seite betonst. Das ist es auch, was mich hier neben meinem Interesse für Reiseliteratur hält.
    Vielen Dank!
    Und auf deinen digitalen Besuch freue ich mich schon. Die Buchfeen Siri und Selma flattern aufgeregt mit ihren Flügelchen und piepsen in höchsten Tönen „wir freuen uns auf Sherry!“
    Liebe Grüße von der sonnig-stürmischen See Norfolks
    Klausbernd und seine beiden Buchfeen Siri und Selma :-) :-) :-)

  10. ich finde es gerade doch schade, dass nu axel nix mehr sagt…
    habe euch alle gelesen und du klaus bernd sprichst etwas an, dass mir schon lange durch den kopf geht, nämlich die fehlende „konstruktive“ kritik und die detaillierte auch. klar freue ich mich, wenn anderen meine texte/bilder gefallen, aber oft hocke ich dann auch hier und frage mich nach dem „was genau“ und was eben nicht… nur ist mir nach einer fairer kritik und nicht nach abwertungen und das macht leider axel, was auch ich schon zu spüren bekommen habe… nur dass es mich nicht weiter tangierte und ich auf der ebene keine lust habe mich auseinanderzusetzen…

    und ja… nichts ist langweiliger als ewige ja-sagerInnen

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