Eigentlich wollte ich ja über die Sexualisierung der Sternbilder schreiben: „Gepiercte Dreilochstute“ und „ausgiebig dienender Lecksklave“ zum Beispiel. Zu Recht darf ich behaupten, diese Sternbilder gibt es gar nicht und der Abend, an dem sie erfunden wurden, vorhin, ist erstmal mit Schweigen belegt.

Alles dominierend die Ex-Firma meines Ex-Owners, der auch der zukünfitige Owner sein wird. Diese Sache beschäftigt mich derzeit zu 150 % und es gibt nichts sonst, um das ich mich kümmere. Das alles überfordert mich maßgeblich. Ich bin nicht geschaffen für Konflikte. Die gibt es zu Hauf. Das Jazzfest letzte Woche war eine nette, 80-stündige Erholung. Beinahe möchte ich das Geplänkel um Künstlerbedürfnisse als eine Art Kur bezeichnen. Was war das für ein leichter Job!

Im Vergleich zur Abwicklung der Arbeitsstätte, an er ich nun schon ein Jahr verbracht habe.

Heute wieder Mitarbeiterversammlung: Willkommen zurück im Haifischpool. Mit einer fünfstündigen Sitzung zwischen Insolvenzverwalter und Owner war ich reichlich bedient. Die Tatsachen: Firma pleite, aber im neuen Kostüm mit einem Fünftel der Belegschaft geht es weiter. Zufälliger Weise erweist sich die Lohntackerei als steinerner, krisenfester Job und ein Tacker in diesen Tagen ist mehr wert als jeder Banker. Will, sagen: die Idioten wollen und wollen mir keine Kündigung schreiben, weil ihre Zukunft auf meiner Arbeit fußt. Sie erwarten, dass ich brav weiter arbeite, um mitzuhelfen einen neuen, weltweiten Tackerkonzern aus der Taufe zu heben. Die Logik sagt: das ist gut. Ein Job in diesen Krisentagen ist einfach unschätzbar. Aber: Ich werde niemals frei sein. Für einen kurzen Moment habe ich von Freiheit geträumt, dachte, ich könnte mal wieder Europas Straßen unsicher machen und ein bisschen nach Süden radeln. Im Prinzip wäre das auch möglich. Ich habe so viel Geld, dass ich die nächsten fünf Jahre nicht arbeiten muss. Aber was kommt danach? Zukunft hin, Zukunft her. Mich plagt obendrein unglaubliche Angst vor der Alleinsamkeit (ich berichtete, sucht mit der Suchfunktion nach dem Artikel, Begriff Alleinsamkeit) – Alleinsamkeit ist ein trauriger Zustand, der einem mit unsäglicher Angst erfüllt, sobald man sein Haus mehr als 50 km verlässt. Ich könnte gar nicht verreisen, weil ich mit der unweigerlich einhergehenden Alleinsamkeit nicht zurecht käme.

Kurzum: nichts ist in Ordnung. Erstmals im Leben hätte ich Zeit und Geld auf einem Fleck und könnte tun und lassen, was ich will, aber ich kann nicht. Ich könnte die Welt umrunden, per Rad, zu Fuß oder auf dem Kreuzfahrtschiff. Die Psyche lässt es nicht zu. Nicht von Ungefähr habe ich einen Artikel zuvor die Jugend gewarnt: „Dinge, die du Früher auf Später verschoben hast, wünschst du dir später, früher getan zu haben“. Junger Mensch, erst wenn du älter geworden bist, wirst du wissen, was ich damit meine. Nun da ich dies schreibe, kann ich nur erklären: ich habe zu lange gewartet. Die Dinge, die ich mir Früher für Heute vorgenommen habe, kann ich nicht mehr tun, weil ich mich verändert habe. Je est un autre. Ich weiß nicht, ob Rimbaud das so versteht, aber irgendwie scheint mir das zu passen.

Rimbaud hat sowieso nie mein Alter erreicht. Vielleicht wüsste dieser Kerl ja Rat?

Egal. Ich bin ich und Ich ist ein Anderer geworden. Ich bin nicht mehr der Typ mit 30, der sich einfach aufs Rad setzen würde und Europa umkreist, Abenteuer erleben, sich treiben lassen.

Je mehr du trainierst, um Hürden zu überwinden, desto höher werden die Hürden. Es ist, als wüchsen sie wie Hecken und versperren dir den Weg.

Ich fürchte, dieses Blog wird nun unlesbar. Ein Larmoyanzblog. Egal. Das Blog war nie dafür ausgelegt, von Anderen gelesen zu werden. Es ist auch gar kein typisches Weblog. Vielmehr ist es ein öffentlich zugängliches Buch. Ich darf an dieser Stelle erwähnen, dass ich schon immer daran geglaubt habe, dass es Bücher geben muss, die keine Leser haben. Was nicht bedeutet, dass sie niemals Leser haben werden. Ich habe selbst festgestellt, dass es für mich als Leser eine Zeit gibt, in der ich reif bin für ein Buch, in der ich also empfänglich bin, es zu lesen. Mit Hamsuns Mysterien war das so. Jahrelang stand das Ding im Regal und ich habe es nicht angerührt. Langweiliger Schrott, den ich erstaunlicher Weise 1990 auf Teneriffa nur so verschlungen habe. Wie es Leser gibt, die auf ihre Bücher warten, gibt es Bücher, die auf ihre Leser warten. Irgendwann in der Zukunft wird man vielleicht das eine oder andere Buch, das heute oder schon vor Jahren geschrieben wurde, erst entdecken und sagen, wow, was für ein Machwerk. Vermessen, zu behaupten, die Irgendlinktexte gehören dazu. Aber man weiß je nie. Dinge, die in der Zeit entstehen, darf man nicht in der Zeit beurteilen, es sei denn, man kann sie in der Zeit auch verkaufen.

5 Antworten auf „“

  1. und so gibt es vielleicht auch bücher, die auf ihre autoren warten…..

    so stellte ich mir das immer vor.

    lese hier immer wieder gern.

    liebe grüße aus dem fast-nirwana

  2. mir gehts grad total ähnlich. diese gedanken, die du da beschreibst, könnten meine sein. inkl. das bedürfnis „hier zu bleiben“, obwohl ich weg könnte. puh …

    vielleicht lese ich so gerne in deinem blog, weil ich da ein stück von meiner art zu leben – zu funktionieren? – wiederfinde?

    und weil dein blog so absichtlos daher kommt. authentisch. „unkuhl“ im positiven sinn.

  3. man ist nicht alleine, auch wenn man sich so fühlt. manche menschen brauchen alleinsamkeit und manche lesen am liebsten von alleinsamen. weiterschreiben. bitte !

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