Hab ich ja nun Zeit zu tippen. Vorhin ist so eine Art Ruhe eingekehrt. Zum ersten Mal seit drei Monaten. Alle Kunstprojekte sind abgewickelt. Darüber bin ich heilfroh. Es kann endlich Winter werden.
Vielfältige Kontakte haben sich ergeben. Und das darf man durchaus wirtschaftlich sehen. Beinahe wäre es ein Wunder, wenn ich der Hungerleider bleibe, der ich derzeit bin. Ich kann nichts falsch machen. Ich muss nur die Dinge ihren Lauf nehmen lassen. Das Ingelheim-Projekt, welches wir am 11ten und 12ten November vorstellen werden ist auch äußerst brisant. Es hat mich mal wieder gelehrt, dass wir Menschen niemals alleine stehen.
QQlka, Gronak und ich drifteten durch die Stadt und wählten intuitiv die Orte unserer Kunst, das heißt, wir stoppten meist vor Parkbänken. Einer fotografierte, einer zeichnete und der Dritte schrieb. Das ist äußerst inspirierend. Wir befruchteten uns gegenseitig. Von Gronak war ich hochgradig überrascht, weil er die Sparten Zeichnen, Schreiben und Fotografieren, obwohl er in keiner bewandert ist, absolut spitzenmäßig meisterte. Ich bin überzeugt, dass jeder das könnte. Was den guten alten Spruch, den Kunstdilletanten gerne als Waffe benutzen – das da, das hätte ich auch noch gekonnt – vielleicht rechtfertigt. Man sollte diesem Spruch jedoch die Überheblichkeit nehmen. Natürlich können wir alle alles. Oder wenigstens, wir alle könnten alles können, wenn wir denn den Mut dazu hätten.
Ich habe gezeichnet. Ich kann nicht zeichnen. Aber ich habe gezeichnet. Ich habe geschrieben. Ich kann schreiben. Aber ich habe besser geschrieben, als ich erwartet hatte. QQlka und Gronak haben das auch getan. Am Ende steht ein Dreisam-Projekt, das sich sehen lassen kann.
Was war wichtig? Dass wir uns gegenseitig beinflusst haben. Dass wir miteinander gewirkt haben.. Dass es einen Masterplan gab. Und der war einfach: wir laufen am Bahnhof Ingelheim los,. Einer nimmt den Fotoapparat und fotografiert etwas. Er liefert die Vorlage, worüber die beiden anderen zeichnen und schreiben. Ein Haus zum Beispiel oder eine Ampel oder eine Straßenkreuzung. Immer war es der Fotograf, der in einer 125tel Sekunde die Vorlage lieferte. Das war gerecht. Zuerst fotografierte Gronak, QQlka zeichnete und ich schrieb. An der nächsten Station fotografierte QQlka, ich zeichnete und Gronak schrieb. Und so weiter. Eine äußerst fruchtbare Variante der gemeinsamen Kunst. Ich bewunderte Gronak für seine abstrakt realistischen Zeichnungen (der Mann ist genial!), QQlka für seine konsequente, dem Weg gerecht werdende Schreibe (dieser Mann ist auch genial!).
Am späten Nachmittag hatten wir die knapp 1 km lange Bahnhofstraße in Ingelheim portraitiert. Müde saßen wir im Licht des einzig schönenen Tags dieser Woche auf den Treppen vor dem Bahnhof, rauchten eine Zigarette und gaben den beiden Berbern, die ich in der Unterführung kennen gelernt hatte und die meine Schuhe forderten einen Batzen Tabak, dass auch sie sich eine Kippe drehen konnten..
Zu sehen ist das Ergebnis unserer Kunstaktion am 11. und 12. November 2006 in der Kunsthalle Schwaab, Bahnhofstraße 78 in Ingelheim, wahrscheinlich ohne Berber. (Gebt ihnen trotzdem ein paar Münzen, wenn ihr sie seht und erinnert sie daran, nicht in Bahnhofsunterführungen zu urinieren).
Wie viele Stationen habt ihr in der Bahnhofstraße gemacht? Hört sich auf jeden Fall sehr spannend und interessant an. Ist eine wirklich gute Idee.