200 Seiten Love-Ding und zwei Tonnen Sandstein

Hab ich doch glatt einen Eintrag verschusselt, der „Ah, das Liebesding“ heißen sollte und heute geblogt werden sollte. Versehentlich in die Rubrik „Privat“ einsortiert, weshalb er nicht öffentlich in der Datenbank gelistet wird. Das ist noch gemeiner, als die Texte mit der Vigenère-Methode zu verschlüsseln.
Nun bin ich aber ganz froh, dass das Liebesding nicht veröffentlicht wurde, weil es doch recht privat ist.

In dieser heißen Phase habe ich keine Chance, zu entscheiden, ob ein Artikel fürs Blog taugt oder nicht.

Heute zwar Sonntag, aber A krank und B doch gearbeitet. Die Arbeit war angenehm. Unter schräg stehender Sonne die Bilderrahmen für die acht Erdverstecke geschustert und mich diebisch darauf gefreut, die Kunst nächste Woche in der Erde zu verwühlen. Sie muss nur noch wasserdicht verpackt werden. Das wird eine Herausforderung.

Nachmittags die Stadtrincks zu Gast. Worüber haben wir uns noch gleich unterhalten? Ah, das Loveding natürlich, ein 200 Seitenbuch meiner Cousine, das derzeit auf der Buchmesse gefeiert wird. Mit Fernsehen, Radio und und und. Wurde auch langsam Zeit. Mein Cousin, ihr Bruder macht sich morgen per German Wings mit 2 Tonnen Sandstein im Gepäck auf in die Hauptstadt, und das war es, was ich schreiben wollte, weil ich das lustig finde. So sind wir Pfälzer nunmal. Skulpturen hauen wir nur aus dem heimischen, roten Sandstein. Er will versuchen, es als Handgepäck zu deklarieren.

Ah, das Love-Ding

Literaturkritik (Link entfernt 2016-11-26)
(mp3, 5.38 Minuten bei Deutschland-Radio Kultur)
Am 8. November 2006, 20:30, Deutschlandfunk
Monika Rinck liest „Ah, das Love-Ding“ (Teil 1), (Teil 2 am 15.11.06)

Kunst wie Dynamit

Glück gehabt. Die Ausstellung ist gestern fertig geworden. Mittags Besuch beim Bilderrahmer, um den 60×60 cm großen Plan aufzuziehen, welchen man hier als dynamische Map (Link entfernt 2016-11-26) betrachten kann (Ladezeit recht lang, Java-Script muss eingeschaltet sein). Umschalten auf Satellitenansicht, sich das Ding ganz groß ziehen und sich die Farben viel kräftiger vorstellen. Dann ahnt man, wie das Kunstwerk aussieht.
Er zeigt das komplette Bliestallabyrinth. Deutlich zieht sich die letztjähriger Kunststraße Landau Zweibrücken von rechts ins Bild.

Jeder rote Bömbel markiert einen Fotostandort.

Hochkonzentriert beim Bilderrahmer. Die Arbeit mit Sprühkleber ist eine kritische Sache, vor allem, wenn die zu verklebenden Teile exakt 0 mm Spielraum haben. Die Flügeltür des Rahmenstudios sperrangelweit geöffnet, konnte man uns sehen, wie wir das Foto vierhändig auf dem Bildträger positionierten. Die Arbeit mit Dynamit kann nicht aufregender sein. Plötzlich stand eine Frau in der Tür und fragte: „Kann man bei ihnen auch Bilder ausstellen.“ Der Rahmenbauer war so konzentriert, dass er erst antwortete, als sie schon längst gegangen war. „Nein, kann man nicht. Das macht nur die Galerie Beck.“

Bliestallabyrinth

Technische Daten:
Länge: 42.93 Kilometer
Nördlichster Punkt: Homburg-Beeden
Südlichster Punkt: Zweibrücken, Lanzstraße
Westlichster Punkt: Bierbach
Östlichster Punkt: Zweibrücken Amerikastraße (Nähe Rinckenhof)
Ausstellung: 10 Bildtafeln mit je 54 Fotos (1x1m), Lageplan (0.6×0.6m), 8 Erdverstecke (gerahmte Fotos (20x20cm) an geheimen Orten auf der Labyrinth-Strecke versteckt.
Packmaß: 1x1x0.66m
Gewicht: 240 Pfund (siehe auch diesen Blogeintrag)
Streckenverlauf:
Herzogplatz Zweibrücken, Kreuzbergstraße, Landstuhler Straße, Amerikastraße, Rinckenhof, Schangenhof, L214 Richtung Kirrberg, Weiße Triesch, Heinrich-Heine-Straße (Einöd), Schlangenhöhler Weg, Marienstraße, Audenkellerhofstraße, Einöder Straße (Schwarzenbach), Mastaustraße, Radweg entlang der A8, Ziegelhütte (Beeden), Blieskasteler Straße, L217, L222, Taubental, Klosterwald, Klosterruine Wörschweiler, Wörschweiler, Bliesradweg, L212, L111, Bierbach, Bliesradweg, Ingweiler, Raiffeisenstraße, Am Alten Bahnhof, Landstraße Richtung Webenheim, B423, L211, Guldenschlucht, Buchenhof, Birkenhof, Fahrweg entlang der A8, Wolfslochstraße (Zweibrücken), Webenheimstraße, Unterer Hornbachstaden, Lanzstraße, Gottlieb-Daimler-Straße, Homburger Straße, In den Speckgärten, Oltschstraße, Homburger Straße, August-Bebel-Straße, wilder Acker unterhalb des Freudenberger Hofs, Saarpfalz-Straße, Frauen-Globus, Neunmorgenstraße (Einöd), Ernstweilerstraße, Hauptstraße, Nillbergstraße, Breitensteinstraße, Kandelgrundstraße, Donaustraße, Am Risselberg, Eichendorfstraße, Heinrich-Spörl-Straße, Hauptstraße, Homburger Straße (Schwarzenacker), Am Schwedenhof (Galerie Beck).
Ein kurzer Bericht:
Begonnen habe ich mit der Bilderserie im Mai 2006, fotografierte die gesamte Strecke innerhalb von drei Wochen in mehreren Etappen. Sämtliche Bilder sind georeferenziert. Die Aufnahmeorte können mit einem GPS-Gerät auf 7 Meter genau (meist metergenau) wieder gefunden werden. Die drei letzten Bilder sind am 28. September fotografiert, weil im Mai Sperrmüll vor der Galerie lag und ich den werten Galeristen anlässlich ihres 40-jährigen Jubiläums keine Fotos unterjubeln wollte, auf denen Unrat vor der Galerie zu sehen ist.
Wie man in der Serie erkennt, hat sich das Warten gelohnt. Der Eingangsbereich wird geschmückt von einer langen Tafel, an der bestimmt noch viele gemütliche Feste stattfinden werden.
Das Satellitenbild wurde aus unzähligen Screenshots aus den Google-Maps im Internet zusammengesetzt, damit es die hohe Auflösung von mehreren 10.000 Pixeln erreicht. Eine unverschämte Arbeit. Aber sie war unumgänglich. Die eher flauen Farben, wie man sie am Monitor sieht, konnte ich durch geschickte Gimp-Tricks in brilliante Farbnuancen verwandeln. Die 540 roten „Bömbel“, die die Bildpunkte markieren mussten wegen dieser Farbtricks von Hand einkopiert werden. Ich habe Stunden damit verbracht, dem PC bei der Berechnung von teils 600 MB-großen Bilddateien zuzuschauen.
Nun, da ich dies schreibe, bin ich ein zweites Mal durch das Bliestallabyrinth geradelt. Es ist Herbst geworden. Die Bäume stehen noch in sattem grün, neigen jedoch schon dezent zu Brauntönen. Das Labyrinth, wie ich es im Frühling fotografierte, ist ein anderes geworden. Baustellen sind verschwunden, neue Baustellen wurden eröffnet, Wege wurden frisch geteert, am Risselberg hat man die Straße verlängert und einige Bauplätze geschaffen. Das Streckenstück um den Freudenberger Hof ist beinahe unbefahrbar, weil der Besitzer die Wiese, in welche Hundebesitzer einen Trampelpfad getreten hatten, umgepflügt hat. Der Sperrmüll vor der Galerie Beck ist verschwunden ;-)
Erdverstecke
Warum ich das Labyrinth noch einmal durchquert habe? Weil ich acht Kunstwerke am Wegrand versteckt habe. Geneigte Kunstfreundinnen und -freunde sind herzlich eingeladen, eine der Sonder-CDs zu erwerben, welche über die Informationen hinaus, die Sie auf dieser CD finden, detailierte Hinweise auf das jeweilige Erdversteck enthält.
Ich lade Sie ein zu acht kurzen Spaziergängen im original Bliestallabyrinth und führe sie zu den schönsten, den spannendsten, manchmal auch den verkommensten Orten meiner Reise.

(Text aus Bliestallabyrinth-CD)

QQlka, der Mann fürs Feine

Aus dem vorigen Eintrag kann man lesen, dass auch QQlka von Anfang an ein kreativer Mitstreiter in meinem zehn Jahre langen Lebenslabyrinth ist. Mit ihm gemeinsam habe ich den Kapschnitt, die erste Kunststraße der Welt gebaut.

Sie wäre vermutlich nie entstanden, wenn er nicht zeitgleich die feine Underground-Galerie Walpodenstraße 21 in Mainz gegründet hätte. In dem zweistöckigen, etwa 300 qm großen Kreuzgewölbe bot er dem Kapschnitt den nötigen Raum, sich zu entfalten. Zusammen schufen wir im November 1995 eine carerabahnähnliche Konstruktion, 80 cm hoch, 50 cm breit und 40 Meter lang, auf denen die 360 schwarz-weiß Fotos – pure Straßenansichten, aufgenommen in Abständen von 10 km zwischen Mainz und Alta unweit des Nordkaps – klebten.

Gestern Abend setzte ich die ersten drei Bildtafeln des Bliestallabyrinths. Ich habe unheimliche Angst, Fotos mit Sprühkleber aufzuziehen. Man muss sie millimetergenau positionieren. Eine falsche Klebung und die Bildtafel ist ruiniert. Beherzt legte ich die beiden ersten Fotos auf den Tisch, sprühte sie ein, klebte sie auf, kam ins Schleudern, zog sie wieder ab, positionierte sie neu. Beinahe laienhaft. Ich war überhaupt nicht zufrieden. Besudelte die Finger mit Kleber, verschmutzte die Vorderseite, was nicht tragisch ist, da man die Reste mit Spiritus abwaschen kann.

Der lange Weg, 540 von diesen Dingern aufzupappen würde auf diese Weise zur unendlichen Qual werden. An jedem Bild klebt Angst. QQlka beobachtete mich und riet: „Leg doch die Fotos auf ein Stück Holz, das etwas kleiner ist, als das Bild selbst. Dann kannst du sie besser aufnehmen und die Finger bleiben sauber.“

Mit diesem winzigen Tipp hat er den labyrinthischen Weg des Bilderklebens begradigt. Direkter Vorstoß ins Zentrum des Undenkbaren.

Innerhalb von zwei Stunden klebte ich drei Bildtafeln. Fertige Kunstwerke. Wir hängten sie an die Atelierwände und weideten uns am Anblick dessen, was seit Mai – seit Beginn der Idee, ein Labyrinth im Bliestal zu fotografieren – nur in den Köpfen existierte.

Liebe Nachwelt, solltest Du das jemals lesen: QQlka ist der Konautor vieler Kunststraßen. Ein fleißiger Ideengeber, Wegbereiter der Salonfähigkeit.

Was lehrt mich nun dies?

Es ist gut, Freunde zu haben.

Es ist gut, den Ratschlägen dieser Freunde zu folgen.

Nie sollte man sich als isoliert und alleine stehend sehen. Selbst wenn die Vorgänge unsichtbar bleiben wirkt eine Vielzahl, oft winzigster Impulse an dem Großen und Ganzen, was man womöglich nur dir zuschreibt.

Das gilt nicht nur für die Kunst. Das geht jedem so, auch Dir und Dir und Dir, sei es auch nur die Art wie Du deine Wände tapezierst oder deine CD-Sammlung in MP3s verwandelst oder einen Pullover strickst …

Noch heute wirkt das Wissen, das uns der Künstler und Bilderrahmer Bernhard „Comet“ Enste 1996 vermittelt hat in uns.