Wer bin ich? Ein Mensch auf dem Weg zur Erkenntnis. Was ist die Erkenntnis? Frag‘ nicht.
Gestern habe ich im Jahr 2000 die Pyrenäen überquert. Tag 17 der Reise nach Andorra. In einem ausgetrockneten Flussbett baute ich abends erschöpft und glücklich, aber auch ein bisschen depressiv, das Europenner-Zelt auf.
Gestern habe ich während der Reise im Jahr 2010 erkannt, dass ich gemütlich und Impulsen folgend besser vorankomme als wenn ich mich zu etwas zwinge. Rein zeitlich gesehen ist das zwar katastrophal, aber manchmal muss man menschgemachte Wertkonstrukte über Bord werfen, um mit den Mitteln, die einem zur Verfügung stehen in der Zeit in der man lebt im Einklang mit sich selbst gut voranzukommen. Ich liege dreihundert Kilometer zurück im Vergleich zur Reise im Jahr 2000. Das Zelt habe ich abends zuvor einem Impuls folgend auf einem schönen, flachen Rastplatz vor einem Tunnel aufgebaut. Vermutlich ist das flache Gelände ein ehemaliges Gleisdreieck oder Bahnhofsgelände, etwas Außerhalb der Ortschaft Broquies. Es wachsen Birken (meine ich, mich zu erinnern), typische Gewächse für verlassene Bahnanlagen.
Am gestrigen ‚Reisetag‘ des Jahres 2020 habe ich Ja gesagt, obwohl ich hätte Nein sagen wollen. Zu spät erkenne ich meinen echten Willen, aber da ist das Ja schon ausgesprochen, das ein Nein hätte sein sollen. In einem privaten Beitrag schreibe ich mich an die Thematik heran und stoße auf das Phänomen des GEFÜHLs, das ich in einem ebenso privaten Beitrag vorgestern an Tag 15 diesem Blogbuch hinzufügte. Nur falls man sich wundern sollte, wo denn Tag 15 geblieben ist. Für eine Veröffentlichung als echtes Buch muss ja auch noch ein bisschen Futter da sein.
Es ist ungewöhnlich kalt in der Tarnschlucht an diesem 6. Mai 2010. Alle meine Kleider muss ich anziehen, geht aus dem Tagebuch hervor. Wechselhaftes Wetter, immer wieder Regen, weshalb ich mich hin und wieder irgendwo unterstelle und die Phasen des Stillstands nutze, um ein paar Zeilen ins Tagebuch zu kritzeln. Nach einer Passage bergauf, bergab, die gepaart mit Kälte und Regen an den Nerven zerrt, notiere ich:
Hinzu kommt die anhaltende Kälte, etwa 8 Grad, sowie seit Tagen keine Sonne gesehen, sieht man einmal ab von den paar Wolkenlöchern am Mont Lozère. Das geht ganz schön an die Psyche – ständig erwarte ich, dass sich hier in dem engen Tal eine der dicken Wolken öffnet, mich auf dem falschen Fuß erwischt und mir die unverpackt am Radel angebrachte teure Technik (Solar- und Ladegeräte) verregnet.
Technik und Datenübertragung stehen auch im Jahr 2010 noch ganz am Anfang. Wo hätte ich damals geahnt, dass ich einmal frei bloggend und publizierend, beinahe völlig digital ohne handschriftliche Notizen machen zu müssen, durch Lappland radeln würde. Wo hätte ich an diesem sechsten Mai 2010 geahnt, dass nun, Anfang April des Jahres 2020 Temperaturen jenseits jeglicher Vorstellung herrschen würden und das Thermometer sommerliche Temperaturen zeigen würde. Millau meldet heute 18 Grad, Sonne satt, null Millimeter Niederschlag, Wind aus Nordwest (okay, der ist ein bisschen ungünstig, denn der Tarn fließt westwärts. Aber schon bald hinter Broquies soll meine Route nach Süden führen).
Der achtzehnte Reisetag heute. Im Jahr 2000 ist die Reise vorbei und der Rückweg beginnt. Im Jahr 2010 habe ich noch knapp 300 Kiloemeter bis Andorra und im Jahr 2020 verzweifle ich vor Angst, weil ich Freund Journalist F. ins Krankenhaus bringen muss. Aber das ist Thema des morgigen Blogeintrags.
Die Tagebuch- und Blogeinträge meiner Radreisen erzählen, meist nachts oder am frühen Morgen geschrieben, stets das Geschehen des Vortags. Von Liveblog kann also eigentlich niemals die Rede sein. Aber ich nutze das Wort, weil mir kein anderes einfällt. Wie ich als Autor das Buch gliedere, ist sicher eine Wissenschaft. Es ist jedenfalls ziemlich schwer, so spontan und direkt mit wenigen Stunden Bedenkzeit ein Buch zu schreiben, das, so hoffe ich, freude macht, zu lesen. Wenn ich nicht direkt und ungefiltert mit Minimalkorrekturen aus dem Bauch heraus arbeiten müsste, könnte ich sicher viel mehr Klarheit schaffen, aber ich käme auch nicht vom Fleck – hier würde heute kein Blogeintrag zu lesen sein.
Die Überquerung des Pyrenäenpasses von Frankreich über Andorra nach Spanien mit dem Fahrrad ist weniger dramatisch, als man vermuten würde. Wie es sowieso oft ein Kopfproblem ist, wenn man sich mit dem Fahrrad Wind oder Bergen entgegen stellt. Morgens habe ich schon ein bisschen Sorge. 1700 Höhenmeter stehen bevor. Im Jahr 2000 bin ich fit genug, etwa 400 Höhenmeter pro Stunde zu schaffen, egal wie steil die Strecke ist. Mehr Sorge macht mir der Verkehr auf der Hauptstraße. Wichtige Nord-Süd-Verbindung. Keine Alternativen zur bis zu 12 Prozent steilen, serpentinösen Strecke. Mit diesen Sorgen mache ich mich recht früh an die ‚Arbeit‘. Passiere Ax-les-Thermes. Der Thermalbrunnen mitten in der Stadt ist nicht mit Wasser gefüllt wie ich ihn in Erinnerung habe. Während einer Autotour 1995 machten wir eine Pause bei dem Brunnen und zogen unsere Badesachen an, um in dem recht großen Becken bei winterlichen Temperaturen außerhalb, bei Badewannentemperaturen innerhalb, zu baden. Niemand kümmerte das. Ax-les-Themers befindet sich auf einer Höhe von etwa 700 bis 800 Metern. Bis zum Pass bei 2400 Metern, der Porte d’Envalira muss ich 1700 Meter überwinden. Vor zehn Uhr ist der Verkehr gut zu ertragen, aber dann setzt der Einkaufs- und Tanktourismus ein. Ich erinnere mich noch an den atemberaubenden Anblick nicht einer, nicht zweier, nein vieler Tankstellen zwischen dem Ort Pas de la Casa (2000 Meter hoch gelegen) und der Passhöhe. Das gibt es nicht! Wie pervers muss der Mensch sein, Tankstellen auf einem Gebirgspass zu errichten!
Das war es also mit der Reise im Jahr 2000. Zwölf Prozent steil rausche ich die Hauptstraße abwärts nach La Vella, der Hauptstadt des Landes. In weniger als zwei, drei Stunden mit knappen Fotostopps habe ich die spanische Grenze erreicht. Höhe wieder um die 700 Meter. Weiter abwärts nach Seo d’Urgell. In einer Platanenallee mitten in der Stadt mache ich das letzte Kunststraßenfoto und notiere im Tagebuch, dass dies mein Anschlusspunkt werden soll, sollte ich je auf die Idee kommen das Kunststraßenprojekt nach Gibraltar weiterzuführen.
Und noch eine Erinnerung ist sehr präsent: das erste Mal nach Wasser fragen. In einer Tapasbar. Weiß nicht, wie ich darauf kam, ‚Aqua Cliente‘ heißt Trinkwasser. Jedenfalls sagte ich dem Wirt, brachial spanisch radebrechend, Aqua Caliente pro favor und er blickte mich verwundert an, aber naja, komischer deutscher Tourist und füllte meine Flasche mit Heißwasser, woraufhin ich mich wunderte, wieso er Heißwasser eingefüllt hatte, aber egal. Jahre später lernte ich dann, das caliente warm oder heiß heißt.
Abend ist es geworden am heimischen Schreibtisch des Jahres 2020. Widrige Umstände haben mich gezwungen, diesen Text, den ich nach normalem ‚Reiserhythmus‘ zwischen vier Uhr nachts und elf Uhr morgens geschrieben hätte, erst heute Abend fertig zu stellen. Man möge es mir verzeihen. Ich hoffe, ich verwirre nicht zu sehr in diesem live geschriebenen Buch, das im Stillstand von Bewegung handelt.
Der heutige Artikel Artikel wird in der Karte auf der Porte d’Envalira in den Pyrenäen eingezeichnet.
6. Mai 2010, Campingplatz Atlantis, Millau Plage. Immer noch kühl, immer noch trüb. Wenn vorhin nicht eine SMS aus der Homebase eingetrudelt wäre, das Wetter werde ab heute Abend besser, müsste ich ganz schön hart mit der Laune kämpfen. Um Gute Laune ringen bei bedecktem Himmel, zweiter Kaffee.
Ax-les-Thermes (2000), Millau (2010), Zweibrücken (2020) – so lauten die Übernachtungsplätze nach dem sechzehnten Tag auf Tour. Im Tagebucheintrag im Millau der Reise des Jahres 2010 regt sich mein damaliges Ich erst einmal über den verwahrlosten, überteuerten Campingplatz auf, der immerhin mit vier Sternen ausgezeichnet ist.
Habe ich es hier mit Geldschneidern zu tun? Je größer die Systeme, desto teurer und unpersönlicher werden sie. Sie faulen von innen heraus.
Schönglänzend dekoriert mit Sternen und romantischen Namen, verbirgt sich im Hintergrund eine von Menschlichkeit gelöste Maschinerie, in der es nur noch um Geld, Profit, Rentabilität geht. Hart segelnd am Wind. Jegliche Pufferzone die in Normalzeiten nicht nötig ist, wird abgebaut, ohne dabei an extremere Zeiten zu denken, in denen man diese Puffer gut brauchen könnte – gestern war wieder Assistenztag, wie ich es nenne. Einmal wöchentlich kaufe ich ein für Freund Journalist F., löse Rezepte ein, setze die Waschmaschine auf, bringe den Müll runter und räume die Wohnung auf.
Ein Besuch in der Hölle, wie ich es nenne, der Freund möge es mir verzeihen. Vermutlich kommt aber die mittelalterliche Vorstellung von Hölle dem recht nahe, was er durchmacht. Das größte Problem ist nicht einmal die Hilflosigkeit, beeinträchtigt nicht mehr alle Arbeiten des täglichen Lebens selbst erledigen zu können, das Problem ist der schreckliche Zustand, alleine gelassen zu werden und im medizinischen und behördlichen System an langer Hand in einem großen, weißen, leeren Raum der Nichtzuständigkeiten zappeln zu müssen. Wenn denn Zappeln so einfach wäre. So etwa die Pflegeversicherung, die ihn seit einem halben Jahr hinhält und die längst überfällige Einordnung in eine Pflegestufe wieder und wieder verzögert, was Anrufe, Emails, Widersprüche nach sich zieht, kraftraubende Anrufe, Emails und Widersprüche. Kraft, die der Freund nicht hat. Verschanzt hinter meterdicken Aktenmauern und Gesetzbüchern lässt es sich unsere Mitmenschlichkeit fettwanstig gutgehen, Hauptsache, wir hören die Schreie nicht derjenigen, die hinter den Aktenbergen um ihre Existenz kämpfen.
Was rede ich. Kafka hat doch mit ‚Das Schloss‘ schon alles gesagt.
Dieser Campingplatz scheint ein gutes Beispiel zu sein für ein faul gewordenes System. Viel investiert, das Ding groß und schick gemacht, die Kosten nun auf die Allgemeinheit verteilt, ohne dass die Leistung erbracht wird. Unpersönlich.
Hier soll man Ferien machen? Prima, wenn alles so unpersönlich ist, kann man selbst auch so handeln, unpersönlich, sich um nichts als das eigene Wohl kümmernd, wohl wissend, dass man sich in gemeinsamen Sphären bewegt, die gemeinsam gepflegt und sauber gehalten werden müssen. Die Meisten tun das auch. Die, die wegschauen, nichts tun außer profiteren verseuchen den gemeinsamen Ort wie ein Tropfen Öl eine Tonne Wasser. Das System produziert die Individuen, die der Führung des Systems entsprechen. Egoismus und Gleichgültigkeit machen sich breit und dahinter eine Lizenz, eine zur Verwahrlosung, eine zur Verrohung und eine zur Teilnahmslosigkeit. Vier Lizenzen und ein? Es ist wie in einen Strudel gesaugt zu werden: einer fängt an und mehr und mehr lassen sich mitreißen. Huch, da liegt Müll! Lege ich meinen dazu. Fällt ja nicht auf. Und: Den Schmutz der Anderen, den mache ich garantiert nicht weg! Es beginnt immer klein.
Die Allgemeinheit derjenigen, die diesen Platz nutzen, revanchiert sich mit wilder Müllablage, verschmutzten Spülen, dreckigen Toiletten.
Kurz vor zwölf betrete ich das Wartezimmer von Journalist F.s Hausarzt, um bestellte Rezepte abzuholen. Es ist leer. Wie vor zwei Wochen auch. Gutso. Ich trage eine Maske. Die Corona-Situation wird mir langsam mulmig. Am Liebsten würde ich das Haus gar nicht mehr verlassen. Ich glaube, die Arzthelferin hat hinter ihrer Maske gelächelt, als sie mir die handgeschriebenen Rezepte gibt. Die Apotheker ist direkt gegenüber der Praxis. Auch hier alles leer. Es dauert ewig, bis die Apothekerin die etwa acht Rezepte durch den Computer gejagt hat. Groteske Apotheke. Es arbeiten drei Apothekerinnen an drei Terminals, aber ich bin der einzige Kunde aus Fleisch und Blut. Alle anderen Rezepte kamen per Fax, Email, kontaktlos (darum hatte ich Journalist F. auch gebeten, aber ihm fehlt die Kraft, das System mit der App zu bedienen). Im Hintergrund an einem Schreibtisch sitzt der Chef und telefoniert. Manchmal hebt er die Hand. Es ist so grotesk. Als würde er bei einer Auktion für einen Telefonbieter mitsteigern. Die Glasplatten über den Verkaufstischen sind fast einen Zentimeter dick. Ob das echtes Glas ist? Schon bin ich versucht, dranzufassen, halte mich aber zurück. Glasplatten können ja so intim sein. Fast wie Aktenberge und Gesetzesbücher, denke ich. Eine junge, agile Frau auf dem Werbemonitor nimmt einen Schokokuss vor den Mund, will hineinbeißen, jemand klatscht ihn ihr ins Gesicht, sie lacht zwischen Schaum und Schoko, Filmschnitt, Produkt, klatsch! Wie oft habe ich den Clip schon gesehen in den letzten Monaten? Warum erinnere ich mich nicht an das Produkt? Weil es für junge, agile Frauen gedacht ist.
2. Mai 2000, Camping Municipal, 1,5 Kilometer südlich von Ax-les-Thermes. Gestern Abend war ich so müde, dass ich direkt nach dem Essen, halb zehn, eingeschlafen bin und erst um 3:20 Uhr wieder erwachte. Es war tiefer Schlaf. Nun, acht Uhr, Schneidersitzbüro. LKW rollen über die N 20 – das kann etwas werden! Heute muss ich von etwa 700 Metern auf – laut Karte – 2400 Meter klettern. Eine Hammeretappe also. 31 Kilometer steil berghoch und bei vermutlich viel Verkehr. Gestern: über Nebenstrecken nach Pamiers, Foix, Tarrascon. Etwa drei Kilometer hinter Tarrascon geht es dann auf die N 20, wobei der meiste Verkehr mir entgegen kommt, rückreisend aus Andorra.
Der Campingplatz ist spitze. Durch einen Felsen wird man vom Lärm der N 20 abgeschirmt. Das Rauschen der Ariège tut sein Übriges. Obschon der Gebirgsfluss etwas nach Kloake riecht. Waschhaus beheizt.
Im Grunde liegt meine Hauptbeschäftigung doch darin, das viele Erlebte vorzusortieren, auszuwählen, und auf Papier und Zelluloid zu retten. Die unendlich größere Menge an Erlebtem bleibt außer acht. In diesem Buch ist keine Chance für das Flüchtige. […] Was bleibt von Tarrascon in meiner Erinnerung? Riesiges Bahngelände, eine Uhr, die noch nach Winterzeit gestellt ist. Was bleibt von Foix? Touristen in Massen. All die Dörfer mit ihren Brunnen, Dörfer deren Namen ich vergesse, sobald sie hinter mir liegen. Pamiers liegt schon fast zu weit zurück im länglichen Ort. Marktversagen. Bildversagen. Ein Bild ist nur dann ein Bild, wenn es gegenwärtig ist, wenn es erlebt wird.
Der Marker in der Karte? Wohin damit heute? Wieder zur Apotheke? Oder nach Atlantis (Millau)? Oder auf den Mond? Ich bin ratlos, wie ich auch in diesem Buch, das sich bedrohlich dem Ende nähert, ratlos bin. Müde bin ich. Erschöpft. Und ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Ich setze ihn nach Ax-les-Thermes. Das Tal wird eng. Es geht nur noch aufwärts, um in wenigen Stunden des Schwitzens in die ‚Vernichtung‘ der eigenen Reise überzugehen.
2. April 2420. Der längliche Ort taucht immer wieder auf in den Reiseberichten des Herrn Irgendlink. Als Kind in der Lunathek meines Urgroßvaters stöbernd, faszinierten mich diese rohen Relikte aus einer längst vergangenen Epoche, die vom Leben auf der Straße, dem grauen Band, das niemals endet handelten. Die ersten Lesevergnügungen, kaum acht Jahre alt war ich … es war wie die eigenen Träume in die große Schlacht gegen die Eintönigkeit schicken.
Die Vorstellung, man könnte ein Wohnzimmer als länglichen Ort von 1500 Kilometern Länge bewohnen und sich überall wohlfühlen bei Wind und Wetter, berauschte mich. Die Enge der Mondbasis stand im krassen Widerspruch zum dem, was im eigenen Kopf vorstellbar war und zu dem, was vielleicht tatsächlich einmal war, irgendwo da unten auf dem grünlich schimmernden Planeten, den man einst den blauen nannte. (Lind Kernig)
Roquecourbe, Le Pont-de-Montvert, Zweibrücken – Tag 15 der Reise. Seit zwei Wochen im Sattel, bzw. auf dem Bürostuhl.
Der Camping Municipal von Roquecourbe ist in dieser frühen Jahreszeit noch geschlossen. Doch ein verschmitzter, alter Mann verriet mir, dass die kleine Tür neben der Telefonzelle immer offen ist. Problem: es gibt kein Wasser und die Toilettenhäuser sind mit Wellblech verbarrikadiert. Beim Schlachter auf der anderen Seite des Flusses kriege ich zwei Flaschen Wasser. Die gestrige Strecke: kein Verkehr! Aber ein Pass nach St. Sernin (29./30. 4. 2000).
In Lincou verlasse ich das Tal des Tarn und schwitze über die D 33 hinauf zu einem kleinen Pass und wieder hinab ins Tal des Flusses Le Rance, dem ich ab Plaisance/Curvalle folge. Über einen weiteren Pass, immerhin 15 Kilometer weit bergauf hinter Saint Sernin, ‚hüpfe‘ ich hinüber ins Tal des Gijou.
Grün. Frühlinghaft. Die Felsen strotzen vor Wasser, scheinen zu schwitzen. Die Vielfalt der Vegetation. Ein Sentier Botanique, ein botanischer Rundweg, ist ausgeschildert. Das Felsenland von Sidobre reicht bis ins Tal. Alle Felsen haben Namen und sind beschildert. Die sonst so kahlen Straßeneinschnitte, die der Mensch durch die Felsen gehauen hat, sind bewachsen mit hängendem Grün. Fast tropisch wirkt die Szene.
Derweil gut 200 Kilometer weit zurück, erreiche ich im Jahr 2010 über die ‚Königsetappe‚ Le Pont-de-Montvert in der Tarnschlucht. Das Wetter könnte nicht gruseliger sein. Hier auf etwa 850 Metern über dem Meeresspiegel hat es in der Nacht begonnen, schneezuregnen. Gerade noch so habe ich es geschafft, den über 1500 Meter hohen Col de Finiels im Massiv des Mont Lozère zu überqueren. Eiskalte Bergpassage, an dessen Gipfel ich mir einerseits wünschte, es würde immer so weiter gehen, höher, höher, höher hinauf, denn dann bliebe der Körper auf Temperatur. Gleichzeitig sehnte ich mich nach einem warmen Nachtlager.
4. Mai 2010, im Zelt auf dem Campingplatz. Gestrige Königsetappe relativ gut überstanden. Statt wie angenommen drei Pässe, musste ich vier überqueren. Insgesamt etwa 1600 Höhenmeter. Bewegte mich in Höhen zwischen 1000 und 1541 m. Zunächst sanft steigend durchs Chappeauroux-Tal auf 1200 Meter in der Nähe von Rocles; ab Sange Rousse, wo ich einige Stevenson-Pilger traf abwärts nach Cheylard (1100 m), hinauf auf 1350 Meter, runter nach Bleymard (1050 m) und wieder aufwärts zum Col de Finiels. Im Skihotel unterhalb des Passes traf ich einen anderen Radler, der sich dort eingemietet hatte. Ich überlegte, mich auch dort einzumieten. Da aus Nordwesten dunkle Wolken aufzogen, entschied ich mich, die letzten hundert Höhenmeter bis zum Pass auch noch zu überwinden.
Nicht, dass wir über Nacht einschneien. Das Spiel mit den Bergen ist immer unkalkulierbar. Im Wettlauf gegen die Schlechtwetterfront lag der Pass umhüllt von unheimlichen, dunklen Wolkenschwaden, die die folgende Mondlandschaft düsterlich akzentuierten. Im Tagebuch lasse ich mich, im Zelt sitzend im Schneidersitzbüro auf dem Campingplatz am oberen Tarn-Lauf über das Unwetter zu Beginn des 15. Reisetags aus.
Seit über 12 Stunden Sturm und Regen, nun Schneeregen. Ich zelte auf etwa 850-900 Metern Höhe, habe mir den Schlafsack um die Nieren gewickelt, trage fast alle meine Kleider. Das Zelt ist gut trocken, trotz der sporadisch aufkommenden Schluchtenböen, die ordentlich an den Heringen zerren. Ich habe genug zu essen für zwei Tage und ein Stieg Larsson-Buch zur Unterhaltung, das iPhone für den Kontakt zur Außenwelt und eine Telefonzelle direkt vor der Tür. Dennoch überlege ich, eine Gîte zu suchen, um mich einmal richtig aufzuwärmen. […] auf der langjährigen Skala für miese Wetterbedingungen outdoor, kommt dieser Tag den Extremen der Öxi-Route in Island 1992 und jener stürmischen Nacht in Teneriffa 1990 ziemlich nahe. Wie sich plötzlich die Erinnerungen bündeln, ich gedanklich mal in Lappland 1995 bin, mal in Spanien des Jahres 1991 mit Freund Leb in einer Bauruine einen dreitägigen Sturm aussitzend, mal im Causse Mejan winterwandernd mit Freund I. Alle Schlechtwettererlebnisse im Zelt bündeln sich auf engstem Raum, wenn du wieder einmal bei Schlechtwetter im Zelt hockst.
Man sagt, Wasser habe ein Gedächtnis. Schlechtwetter hat auch ein Gedächtnis.
Wetter? Was ist das? Die Enge der Mondsiedlung sieht keinerlei Abwechslung vor. Noch nicht einmal beim künstlich erzeugten ‚idealen‘ Klima. Seit dreihundert Jahren leben wir permanent in einem Hochdruckgebiet. Keine Wolken, keine Stürme, kein Regen, kein Schnee. Willkommen im adiabatischen Zeitalter! (Lind Kernig, 31. März 2420)
Mann, Mann, Mann, was wäre dieses Zweibrücken-Andorra 2020 für ein herrlicher Durchmarsch geworden! Soweit ich die Wetterkarte beobachtete, hätte diese meine Fahrradtour vor zwei Wochen bei strahlendem Sonnenschein begonnen. Bei angenehmen Radeltemperaturen zwischen fünf und fünfzehn Grad. Im Vorfeld hatte ich zwei Wetterstationen markanter Punkte auf der Wetterapp geladen: Dijon (vier Tage vom Start entfernt), Roanne (acht Tage). Ab Tag acht wäre mir sowieso alles egal, weil ich dann mitten in der Radtour selbst bei miesestem Wetter nicht Halt machen würde. Ein kleiner Virus hat das geschafft, was tausend Winde nicht konnten. Hose Hose Wetterprognose. Ein Ritt durch klimatisch bereinigte Lande wäre das geworden. Millau am Tarn zeigt jusque-au-moment sieben Grad, leicht bewölkt. Das Wetter soll stabil bleiben. Der deutsche Name des Hochs beim Start der Tour ist übrigens Jürgen. Als wollte man mich verhöhnen.
Der gestrige Tag war schreiberisch recht anstrengend. Den ganzen morgen hatte ich am Blogartikel gearbeitet, bin immer noch hin und her gerissen von der Idee, Lind Kernig mit ins Boot zu holen und dieses eigentlich recht reale Blogbuch mit seinen täglichen Berichten über das ganz normale Dasein in Zeiten der Corona, bald in eine fiktive Geschichte überzuführen. Ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Literarisches Neuland. Abwendung vom Ich.
Nachmittags das Haus voller Verwandtschaft. Der Neffe hatte Geburtstag. Ein trauriges, einsames Fest für den 17-Jährigen. Es muss verdammt hart sein. Ich hielt mich fern. Zu stark ist die Erinnerung an den schrecklichen Lungendefekt vor bald fünfzehn Jahren. Ich möchte solch eine Enge nie wieder erleben müssen. Selbst der lecker Sahnetorte konnte ich widerstehen.
Dem Neffen schenkte ich nach langem Überlegen ein Kunstwerk. Wahrscheinlich kann er nichts damit anfangen. Aber irgendwie wollte ich ihm ein kleines Geschenk machen. Ich habe doch nichts, außer Kunst.
Abends ein kleiner Ausritt mit dem Ebike. Runter in die gespenstisch leere Stadt. Es wird fast zur Gewohnheit, die sonst so stark befahrene Landstraße zu benutzen – ein Tag mehr ‚radeln wie in den Achtzigern‘.
Den Marker auf der Karte lege ich für den heutigen Blogartikel auf den Öxipass in Island, für mich das Urbild allen schlechten Wetters. Fast bin ich versucht, mich in die kleine Hütte auf dem etwa 600 Meter hohen Pass im Südosten Islands zu sehnen, fast dreißig Jahre rückwärts im eigenen Leben. Wie der Sturm an dem Bretterverhau zerrte, der mit vier armdicken Stahlketten am Boden verspannt war. Ich meine, ich hatte Tee gekocht, um mich aufzuwärmen. Ob ich ein Buch dabei hatte, in dem ich las? Mein 26-jähriges Ich? Wie sah es die Welt, was erhoffte es sich? Gibt es Tagebuchaufzeichnungen aus der Zeit? Ich muss mal suchen.
Darf ich in diesem Reisebuch die Grenze zur Fiktion überschreiten? Die Frage wurmte mich den ganzen gestrigen Nachmittag. Momentan habe ich ja leicht schaffen: fleddere die alten Reisetagebücher meiner beiden Radtouren nach Andorra – mittlerweile beginnt Tag 14 der Reise. Wow! Schon zwei Wochen on the Road.
Im Jahr 2000 erwache ich an Tag 14 direkt neben einer Brücke am Tarn. Eiskalte Nacht, meine ich mich zu erinnern. Ich hatte wild gezeltet. Nachts hatte es jenseits des Flusses gekracht, was mich aus dem Schlaf schreckte. Herzrasen. Ein Verkehrsunfall, zweifellos. Ich war hin- und hergerissen, ob ich aufstehe und nachschaue, ob ich helfen kann. Dann hörte ich Stimmen. Der oder die Verunfallte war also nicht alleine. Wildunfall? Ich dämmerte wieder weg.
Zehn Jahre später lag ich streckenmäßig schon fast 200 Kilometer zurück. Auf einer Art Bypass ackerte ich westlich von Le Puy teils auf Pilgerwegen durch eine zerklüftete, 800 bis 1000 Meter hohe Gebirgsgegend und baute das Zelt am Abend auf dem Campingplatz in Le-Nouveau-Monde am Fluss Allier auf. Fast wie Heimkommen. Der Platz war zehn Jahre zuvor Etappenort der zehnten Nacht.
Brrr, ist das kalt hier oben. Höchstens 5 Grad. Grauer Himmel, kein Regen. Kartenwälzen. Seit ich [eine Landkarte] habe, muss ich wieder Entscheidungen treffen. Der eigenen Spur [auf dem GPS] blind folgen ist ja doch praktisch, aber nun bin ich meilenweit vom GPS-Track entfernt …*
(aus einer SMS vom 2.5.10/8:09; ich navigierte 2010 meist auf dem winzigen Bildschirm eines Magellan GPS, in dem der Track von 2000 angezeigt wurde. Die Hintergrundkarte hatte nur sehr wenige Details.)
Wie endet es eigentlich? Mittagsschlafend, vor mich hindämmernd im gemütlichen heimischen Sessel vor dem Holzofen, fragte ich mich plötzlich, wie endet dieses Buch? Wenn ich die beiden Reisen abgearbeitet habe an Tag 17 der ersten Andorrareise, werde ich östlich von La Seo d’Urgell in Katalonien in einem ausgetrockneten Bachbett unweit der Landstraße zelten. Die Reise Andorra 1 gibt den Takt des Buchs vor. Sie ist die Richtschnur. Wenn von Andorra 2 die Rede ist, liege ich stets soundsoviele Kilometer oder Tage hinterher. Es war 2010 schwierig, die räumlichen und zeitlichen Stränge der erlebten und der gerade durchlebten Reise zu koordinieren. Immerhin saß ich damals im Sattel, während ich schrieb. Das Zelt war mein Schneidersitzbüro. Liveschreiben war eine kitzelnde Herausforderung, die nicht unbedingt den besten, aber dennoch tauglichen Lesestoff hervorbrachte.
Nun, vom heimischen Bürostuhl liveschreibend, habe ich viel mehr Macht, mehr Ruhe und Zeit, um nachzudenken. Es ist die Fellpflege der Literatur, für die mir durch die Pandemie gerade eine gute Möglichkeit geboten wird. Zum Stillstand gezwungen, kann ich Erlebnisse im Jetzt, die voller Gier abends ins Reisetagebuch geschrieben werden müssten durch schlichtes Nichterleben verhindern. Kein Erlebnis, keine Tagebuchnotiz. Die dadurch gewonnene Zeit schicke ich das Hirn auf Wanderschaft. Das eigene Hirn, wenn man es zum Grübeln auf die Straße schickt, kann jedoch zum Quälgeist werden.
Junge, wenn du in einer knappen Woche schließlich die Pyrenäen überquert haben wirst, ist die Reise zu Ende, das Buch auch, aber du wirst, Pandemie bedingt noch viele Tage Zeit haben, in der du deine Bürostuhlreise weiterführen musst/müsstest/könntest. Daheim. Alleine. Ohne jegliche Nahrung, ohne die erschriebenen Futtervorräte, die du vor zehn und zwanzig Jahren angelegt hast. Ohne roten Faden, dem du im eher gemächlich verlaufenden Alltag hier auf dem einsamen Gehöft folgen kannst. Wie wirst du weiter reisen? Mir wurde klar, dass es mehrere Möglichkeiten gibt.
Ich beende das Buch in La Seo d’Urgell, wie auch die beiden echten Reisen zuvor. Gebe mich der darauf folgenden Leere hin. Die Erfahrung mit echten Reisen zeigt, dass das in einer Depression enden wird. -> schlecht!
Ich schaue mir die Dokumentation der Rückwege an. Im Jahr 2000 radelte ich flott zurück via Mittelmeer und Rhone. Es gibt kaum Einträge der rasanten Tour (ich hatte kaum noch Geld in der Tasche, radelte viel, schrieb wenig). 2010 traf ich mich mit Frau SoSo in den Pyrenäen und wir tourten per Auto zurück. Die beiden Wege verlieren sich. Ich glaube, das ist keine gute Idee, wie das Buch endet oder weiter geführt wird – und ehrlich, ich habe auch keine Lust auf den Rückweg. -> keine Lust.
Lade dir die Wikipedia-Einträge von Katalonien, Navarra, dem Baskenland und der gesamten französischen Atlantikküste in die Open-Cycle-Map und folge der Route, die du als Masterplan für den Rückweg zurechtgelegt hast – ein Hirngespinst, von dem ich noch gar nicht erzählt hatte. Wenn genug Zeit wäre, könnte ich ja ab Seo weiterradeln bis nach Belchite. Die Ruinenstadt aus dem spanischen Bürgerkrieg wollte ich schon immer mal sehen. Von dort ins Baskenland und schließlich der Vélodysée auf dem französischen Atlantikradweg folgen. Feuchte Kunstbübchenträume. Aber immerhin, es wäre ein roter Faden, dem ich in informativen Beiträgen über die Wikipediaeinträge folgen könnte. Zudem würde es eine Phantasie wahrmachen, die ich schon 2010 hegte: eine Reise nur auf Basis von Sekundär-Informationen zu machen. Könnte eine trockene Angelegenheit werden. Aber besser als nichts. -> immerhin etwas!
Es liegt auf der Hand, dass eine scheinbar endliche Liste von Möglichkeiten nur deshalb endet, weil man die Kriterien, nach denen Möglichkeiten als vorstellbar gelten in zu enge Grenzen gesetzt hat. Erweitere die Grenzen, was gedanklich immer möglich ist, dann erweiterst du auch das Möglichkeitsspektrum. Es ist so einfach wie eine Taubnesselwiese umzuspaten. Wenn das Land erst einmal gerodet ist, kann es neu angelegt werden. -> tu‘ das. Denk nach. Finde Möglichkeit 4 plus x!
Das Grübeln über das Ende der Reise machte mich unruhig, verhinderte, dass ich im mittäglichen Tief in der Künstlerbude vor mich hinschlummere. Ich hatte gerade einen riesigen Eichenklotz ins Feuer gelegt. Draußen gruselte das Wetter. Trister, grauer Himmel. Beißender Ostwind. Kälte. Kein guter Tag, das Haus zu verlassen. Eine Weile lief ich in der Wohnung im Kreis wie so ein Dagobert Duck beim Grübeln um Geschäfte. Drei Meter vor, Kehrtwende, drei Meter zurück. Ich stellte mir vor, wie die Fliesen sich mehr und mehr abnutzen, wie sich Gräben bilden in der Künstlerbude, wie ich den Boden meines Geldspeichers des kleinen Mannes nach und nach durchwetzen würde, wie ich runter plumpse in den Hühnerstall, zwischen Federvieh weiterlaufe und weiter und weiter und irgendwann in Australien oder Neuseeland wieder Tageslicht sehe. Ich bin völlig irre, so etwas zu denken, aber hey, es bringt auch ein bisschen Freude in der Tristesse dieser Tage, dem Hirn Freilauf zu gewähren und es auf Reisen zu schicken.
Als ich zu Ende gegrübelt hatte, nahm ich die Radlerhose vom Stuhl, streifte sie über, mein Leben als Presswurst, Mann, ist das Ding eng, schaute noch einmal aus dem Fenster, leichte Regenklamotten sind indiziert, ein Faserpelz und ein Gillet, Handschuhe … so könnte es klappen, doch noch ein bisschen vor die Tür zu gehen und es ist ja nicht wie unterwegs, dass man abends ins klamme Zelt kriechen muss, ungeheizt, nass wie der Tag. Nein, nein, wenn ich von meiner kurzen Runde zurück bin, kann ich die Vorteile des Bürostuhlreisens voll und ganz ausreizen und die nassen Klamotten neben dem Ofen aufhängen, einen wirklich feinen, fetten Eichenklotz verbrenne ich gerade darin, der wird Stunden durchhalten.
Herr Irgendlink darf die Grenzen zur Fiktion überschreiten. Natüüürlich! Er muss! Ohne Fiktion keine Zukunft. Ohne Abstraktion kein Konkret. Ohne Ihn kein Ich. The Slow must go on. (Lind Kernig, 30. März 2420).
Runter in die Stadt. Ich liebe Wege. Ich liebe die Vorstellung von Wegen. Ich peile einen Ort im Süden an, Hornbach, das Klosterstädtchen an der französischen Grenze. Ein wunderbarer Radweg auf einer alten Bahntrasse führt dort hin. Wenn man sich erst einmal durch das Knäuel unmöglicher Wege und Kreuzungen Zweibrückens gewurstelt hat, ist es eine Lust, dort zu radeln. Oberhalb des einsamen Gehöfts versuchen zwei Jungs, einen Drachen steigen zu lassen. Einer fummelt mit dem Drachen, der andere filmt. Der Drachen will nicht so recht. Die Leinen führen quer über den Weg. Ich warte. Bis sie mich irgendwann bemerken und zur Seite treten. Zwei Meter weit weg. Schon will ich auf dem üblichen Schleichweg relativ verkehrsarm die Stadt durchqueren, da fällt mir ein, dass es ja am heutigen Sonntag wegen Pandemie und Wetter vielleicht ruhig sein könnte auf der Hauptstaraße. Also rein ins (Nicht)Getümmel. Mit fast siebzig Sachen abwärts, geradeaus auf den – normalerweise – befahrensten Straßen der Stadt, mitten durch bis zur südlichen Grenze, wo der Radweg beginnt. Fahren wie in den 1980er Jahren. Kaum Verkehr. Welch‘ Segen. Beim Beginn des Radwegs kommt mir der Gedanke, dass es eng wird, wenn einem Fußgänger und Radler begegnen. Also weiter auf der Straße, was wirklich sehr angenehm ist zum Fahren.
In Hornbach packt mich die Neugier und ich radele weiter, das Tal des Schwalbachs aufwärts, der beim Kloster in den Hornbach mündet. Die französische Grenze ist nur ein paarhundert Meter entfernt. In einem Dorf namens Brenschelbach gibt es noch eine alte Zollstation. So weit will ich aber nicht radeln, biege stattdessen links ab auf den Paradiesgarten-Wanderweg, der an dieser Stelle direkt auf der Grenze verläuft und den Schwalbach überquert bis zum offiziellen Radweg. Ein Radler weit hinter mir ruft ‚Frankreich‘. Laut, mahnend, ‚Frankreich, Achtung, da darf man nicht hin‘. Ich danke ihm für den Tipp, warte, bis er vorüber ist. Nun hat mich die Neugier vollends gepackt: ob man auf dem Radweg auch Wachposten aufgestellt hat? Hundert Meter später, einen Steg überquerend weiß ich: nein. Es steht auch kein Schild an der Grenze, dass man nicht einreisen darf. Trotzdem hüte ich mich, überzutreten.
Hochsitze fotografierend trete ich den Rückweg an. Weiter geht’s auf Straßen hinauf zum Flugplatz, der vor 15 Jahren einmal ein Wurmloch nach Berlin war mit regelmäßigen Linienflügen. Jetzt wird er nur noch militärisch und privat genutzt. Oder gar nicht mehr, dieser Tage. Einige wenige Autos kurven auf dem Parkplatz vorm Outletcenter, das direkt neben dem Flugplatz liegt. Tore vergittert. Adidas vergeht hinter einer Baustelle. Reichenkarren, Verzweiflung und Nichts, unendlich viel Nichts. Ein Anflug von Zerfall. Auf dem zentralen Verkehrskreisel, der die Zufahrt zum Parkplatz regelt stehen überlebensgroße, schematische Figuren im Stile eines Keith Harings, schwarze Silhouetten mit kantigen Gliedmaßen und bunten Schoppingtüten. Fast fühlt es sich an wie der Einritt nach Yecla (#Gibrantiago 2016). Willkommen in der ‚Sierra del Räumungsverkauf‚. Ein beklemmendes Gefühl war das, kilometerweit flankiert von leerstehenden Hallen, Möbellagern und Schuhfabriken durch eine von Menschen verwaiste Gegend auf die einstmals blühende Industriestadt zuzuradeln. Flankiert von verhärmten Männern hie und da, die den Straßengraben nach Schnecken (für die Tapasbars) durchsuchten.
So ähnlich fühlte sich das an, hier und jetzt in der Südwestpfalz, dachte ich. Es bleibt nichts. Der Hochglanz der Shops wird verblassen. Staub wird sich übers Land legen. Niemand wird mehr den Parkplatz pflegen. Schon in ein zwei Jahren kämpft sich das Grün zurück durch den Teer. Birkenwälder werden erspriesen, Scheiben zerschlagen. Wo bis vor kurzem die Regale voller Schnickschnack ein konsumgieriges Publikum auf der Jagd nach Schnäppchen attraktierte, wird der Wind durch die Leere pfeifen und niemandem wird mehr etwas gehören, weil alle tot sind. Vielleicht hat man sich noch ein paar Monate lang aufgeregt, dass Adidas und Konsorten keine Miete mehr zahlen, aber auch das wird vergangen sein.
Adidas? Wer zum Teufel ist Adidas, was schreibt der Kerl da? Aus der Distanz von vierhundert Jahren ist es wirklich verdammt schwer, die Realität zu rekonstruieren. Die Datenbank der Moonbase gibt über den Namen Adidas überhaupt nichts her. Ich finde es unendlich schade, dass wir nur das Allernötigste retten konnten. Der Plan, eine kontinuierliche Funkverbindung mit dem Museum für Digitale Vermächtnisse (MuDiV) auf der Erde aufrecht zu halten scheiterte leider. Abgeschnitten von unseren geschichtlichen Wurzeln sitzen wir isoliert auf dem Mond, keine Chance, zurückzukehren zur Erde; nur einen geringen Prozentsatz Daten konnten die wenigen Menschen, die auf den Mond umsiedelten in ihren privaten Datenbanken mitnehmen. Chroniken von ganz normalen Menschen oft. Das macht es gerade so spannend. So kostbar. Unsere Familie nahm Irgendlink mit.
Ihm verdanke ich meinen Namen.
Der gute alte Lind Kernig! Einfach nicht tot zu kriegen. Beinahe hätte ich geweint mitten in meiner Erinnerung an den Einritt nach Yecla, welche die dystopische Assoziation zum Outletcenter auslöste, geweint vor Glück, weil ich an die fiktive Figur Lind Kernig denken musste und mit ihr Punkt vier in meiner obigen Liste konkretisieren konnte: Ideen, die hinter der Grenze liegen, die man bisher nicht überschritten hat. Aus Einfallslosigkeit, Faulheit oder weil andere Ideen, lukrativer scheinend, den Blick verstellten.
4. Den realen Reisebericht fiktiv fortführen.
Lind Kernig ist ein alter Bekannter. Schon im Jahr 2012 taucht er im Reisebericht Ums Meer in einzelnen Berichten auf, die in einer fiktiven Zukunft angesiedelt sind und die die, in Echtzeit im Blog protokollierte, Reise flankierten. Ich müsste nachschauen, wie es dazu kam, dass ich vom eigentlichen Reisebericht abwich und wie es zur ‚Erfindung‘ des Lind Kernig kam. Ich meine, es geschah in Schottland. Gesichert ist, wer den Namen erfand. Lind Kernig ist (wer hätte es gedacht) ein Anagramm zu Irgendlink. Der Emil kommentierte es.
Ihm verdanke ich diesen Namen.
Ein verwirrender Blogeintrag, dieser hier? Ich hatte ursprünglich vor, ihn abzuspecken und aufs Nötigste zu reduzieren. Doch wozu? Ich habe ihn ein kleines Bisschen abgespeckt.
Wir sind doch hier ganz privat. Ich nehme Euch mit auf eine Radtour nach Andorra, auf einen Spaziergang durch mein Leben, durch mein Wohnzimmer, meinen Alltag und mein Hirn. Macht das beste daraus.
Der Artikel wird auf der Projektkarte im andalusischen Yecla als orangener Marker erscheinen.
* Vielleicht steht in jener SMS von 2010 ein Hinweis darauf, wie es mit diesem Blogbuch weitergeht. Dann, wenn ich den Faden/die GPS-Linie verliere, hilft mir eine Landkarte. Im übertragenen Sinne.
Ich muss mit den Fingern zählen. Erst der linke Daumen: vergangener Dienstag, Tag acht … Mittwoch, murmele ich, und entballe Finger um Finger die Faust. Sonntag, dreizehn; der Daumen der rechten Faust gesellt sich zu den fünf ausgestreckten Fingern der linken Hand. Heute ist also der dreizehnte Tag meiner Reise. Lange habe ich geschlafen, nicht allzu unruhig, aber ich erinnere mich, mich mitten in der Nacht nassgeschwitzt im Bett hin und her gewälzt zu haben und als ich schließlich auf die Handy-Uhr schaue, vermutend, dass es drei Uhr nachts ist, zeigt sie schon fast fünf. Das Bewusstsein kehrt zurück. Die Zeit wurde umgestellt. Die innere Uhr, die oft untrüglich ist und mich auf wenige Minuten genau die Zeit schätzen lässt, hat trotzdem versagt. Ich wälze mich bis zur Dämmerung hin und her, stelle mir dabei vor, ich sei ein Nudelholz, oder Welljerholz, wie man hier zu sagen pflegt. Ein Welljerholz und meine Sorgen sind Teig. Ich backe einen Kuchen während des Aufwachens. Einen schäbigen, flachen, ungesüßten, ungesalzenen Kuchen ohne Mehl und Hefe. Eine feine Torte wird das, bestehend aus mehreren Schichten des soeben ‚gewelljerten‘ Teigs. Zwischen die Böden streiche ich zärtlich Sahneschichten und Früchte und Nüsse und was weiß ich noch alles. Des Künstlers neue Hochzeitstorte wird das werden. Erste Schicht fette Sahne … hab ich nicht, nehme ich eben den Rest Crème Fraiche aus dem Kühlschrank, dann folgt ein weiterer Boden, den ich aus dem nicht vorhandenen Teig buk. Dann Erdbeeren, die es nicht gibt und die ich durch ein paar getrocknete Äpfel ersetze, die in einem Sack an einem Balken im Wohnzimmer der Künstlerbude hängen. Glasur kommt obendrauf und ein schönes Brautpaar aus unsichtbarem Marzipan. Da aber die Frau SoSo derzeit unerreichbar in der Schweiz ist und ich für sie unerreichbar hier, baue ich nur ein kleines, kümmerliches ‚Manndokli‘, ein Püppchen, mit schwarzem Anzug, das mutterseelen alleine auf meiner imaginären Hochzeitstorte steht und inständig hofft, dass die Schweizer Grenze endlich wieder passierbar ist.
Freitag. Gestern Geld gewechselt. Regen fast den ganzen Tag. Mir geht es nicht besonders. Ein Anflug von Heimweh. Jenes Gefühl, (du müsstest einfach magisch an den Helm tippen können wie so ein Pan Tau) und schon wärst du daheim auf dem heimischen Sofa. [*Das Gefühl ist kontinuierlich. Es durchwirkt die Reise. S0 schrieb ich etwa tags zuvor: Manchmal sehne ich mich, zu Hause im weichen Bett zu liegen oder im abgewetzten Sessel zu sitzen vor dem Fernseher […] Warum mache ich das alles? […] Um mich zu erholen? Um sagen zu können, ich bin mit dem Fahrrad quer durch Europa gereist? Um anzugeben? Spaß? Abenteuerlust? Verzweiflung? Weil ich nicht mehr Smith** sein will? Überwindung meiner Ängste? Um mir die Augen zu öffnen? Oder um mir selbst vor Augen zu führen, wie einsam ich bin – mit dem Ergebnis, dass es doch gar nicht so schlimm ist […] Um ein anderer Mensch zu werden? Kann man denn überhaupt ein Anderer werden?*] Ich kann nur hoffen, dass das Wetter besser wird. Dann hebt sich auch die Laune. Gestern Abend riss mir ein Sturm beinahe das Zelt in Fetzen. Es handelte sich um eine Art Schluchtbö. Als der Spuk nachließ, habe ich die Zeltapsis mit einem Stein befestigt. Der Boden ist so durchsetzt von Steinen, dass es schwer ist, Heringe überhaupt einzuschlagen. Der Platzwart kam eben, wollte 40 Franc. Ich konnte ihn auf 30 (ca. 5 €) herunterhandeln. Geld. Noch so ein Ding, das mir Sorge bereitet […]
Nachdem ich im Jahr 2000 am vierten Reisetag in Dijon bemerkt hatte, dass ich meine Bankkarte nicht dabei habe, musste ich haushalten lernen, lebte von – ich meine – 300 oder 600 DM, 150 oder 300 €, die ich in Form von Reiseschecks dabei hatte für den Notfall oder einen Rückflug.
Glaubt mir, dieser Tage wünsche ich mir die wunderbar milden Sorgen von vor zwanzig Jahren fast sehnlich zurück im Tausch gegen die jetzigen. Gleichzeitig frage ich mich, wie ich wohl in zehn Jahren zurückblicke auf diese Zeit. Mein Ziel lautet, fit zu bleiben und im Frühjahr 2030 ein viertes Mal von Zweibrücken nach Andorra zu radeln und darüber zu berichten. Hoffentlich in ‚echt‘, also kurbelnd auf Radel mit Europenner-Reisegepäck und nicht so wie jetzt, vom Bürostuhl aus, in Erinnerungen grabend.
Den gestrigen Tag verbringe ich weitgehend im Garten. Es ist warm. Sonne von früh bis spät. Zu warm für Ende März, fürchte ich, wie es überhaupt die letzten Monate, schon den ganzen Winter 19/20 viel wärmer war als auch schon. Die Regenfälle im Februar machten Hoffnung, dass sich das Grundwasser wieder erholt. Jenseits des einsamen Gehöfts bildete sich in einer Mulde ein kleiner See, der nur langsam durch den dichten Lehm sickerte. Als ich gestern den kleinen Garten hinterm Haus mit der Motorhacke zu Leibe rücke, stoße ich auf recht harte, trockene Erde. Das ist nicht gut. Es ist trocken. Ungewöhnlich trocken für diese Jahreszeit, befinde ich. Vielleicht ist der Lehm unter der dünnen Erde mittlerweile so hart und ausgetrocknet, dass er nichts mehr durchlässt und alles Wasser fließt davon in die Schlucht, die Jammerbach heißt. Unterschwellig breitet sich die Sorge aus, dass der etwa 150 Meter tiefe Brunnen am Haus vielleicht in naher Zukunft versiegen könnte. Dann sind wir die Vorhut von Klimaflüchtlingen im eigenen Land. Kein Wasser, kein Leben hier auf der kleinen Scholle im Pfälzer Lehm. Auf der Landstraße oberhalb rauscht der Verkehr. Motorräder und Autos. Es klingt eigentlich wie immer samstags wenn das Wetter schön ist. Keine Anzeichen von Stay at Home. Soviel also zum Thema, wir verlassen das Haus nur in Notfällen. Andererseits, wer kann es den Menschen verdenken. Sie haben die Möglichkeit, also tun sie es auch. Gebt ihnen verheerende Werkzeuge und sie setzen sie ein. Man könnte natürlich sagen, niemand, der alleine Motorrad fährt oder im Cabrio dahin cruist, steckt jemand anderen an. Das dürfte stimmen. Wäre da nicht die Sache mit der Umweltverschmutzung. Aber diese Rechnung stellt uns in naher Zukunft ein anderer Wirt, an den wir gerade nicht denken, weil wir andere Sorgen haben.
Schweren Herzens habe ich begonnen, die lila Blüten, die mitten im Kulturgarten wachsen (also dort, wo wir normalerweise Kartoffeln, Bohnen usw. hegen) umzugraben und die Fläche zur Saat vorzubereiten. Immerhin blüht nun schon einiges Anderes und die Hummeln müssen nicht hungern. Fast komme ich mir vor wie so ein Bolsonaro, der den Urwald freigibt, damit Goldsucher und Großbauern vordringen können, um für den internationalen Markt ‚Werte‘ zu schöpfen. Meine Mutter sagt, es handele sich bei der Pflanze um Taubnesseln. Mein Taubnesselfeld ist der Amazonasurwald. Das einzige, was ich mir nicht vorwerfen muss, ist wohl Gier. Und über die Stränge allen Genugs zu schlagen. Ich rode den Taubnesselwald am gestrigen Tag auch nur zum Teil, natürlich mit der Absicht, das Stück Land in dieser Pflanzsaison letztlich komplett mit etwas anderem zu bepflanzen. Während ich im T-Shirt schwitzend vor mich hin rode, denke ich über das verquere Bild nach, ich wäre der Bolsonaro des kleinen Mannes tief im Pfälzer Lehm und ich muss fast schmunzeln, wie abstrus das ist. Die wahren Bolsonaros dieser Erde machen sich keine Gedanken um Hummeln und um Taubnesseln. Vermuten sie eine Goldmine in unwegsamem Gelände, bauen eine Straße dahin und gießen mit breitem Strahl eine Schar korrupter Tunichtgute darauf. Ausbeuter auf dem Weg in ihr eigenes, kleines, engsichtiges, egoistisches Glück. Den Bolsonaros ist eigentlich alles egal außer sich selbst. Man könnte sagen, so ist die Natur … und im Blick auf die momentane Pandemie-Situation, spinne ich vor mich hin, es sind immer die Starken, die überleben. In der Natur, unter Tieren, fressen die Starken die Schwachen. Unter Menschen, die bedingt zu sozialem Denken und Handeln fähig sind, und zu anderen Lösungen fähig wären, wenn sie zusammenhielten, wird es immer einige geben, die dies nicht sind und die sich mit Gewalt nehmen, was ihre Gier ihnen gebietet zu nehmen. Über Leichen gehend. Menschen wie Gift. Klopapierhamsterei und nicht funktionierende Reißverschlusssysteme auf Autobahnen sind Indikatoren für den miesen Zustand, in dem sich unsere Gesellschaften befinden. Vor mich hin gärtnernd, sehe ich in diesem Moment schwarz für uns alle. Es gibt zu viele Menschen, die nicht weiter als bis zur nächsten weißen Wand des eigenen Egoistenknasts schauen. Die schöne, weiße Wand, auf deren anderer Seite das Blut hingerichteter Widersacher klebt.
Ein kleines Oval meines Taubnesselurwalds lasse ich als klebrig süße Insel in Mitten des Nutzgartens noch stehen. Er wird zunächst nicht benötigt.
Im Jahr 2010 erwache ich an diesem 13. Tag der Reise nach Andorra wild zeltend neben dem Wasserspeicher des Weilers Le Vernet. Ab Vorey wich ich ab von meiner ursprünglichen Route, die mich auf der D 103 in nur ein zwei Stunden hinauf geführt hätte nach Le Puy-en-Velay. Ich glaube, der Verkehr schien mir zu arg. Zudem hatte ich mich in dieser Phase der Reise wohl endgültig vom Leistungsdruck befreit, den mir die Reise zehn Jahre zuvor auferlegt hatte. Der Preis für die Abweichlerei war allerdings hoch, wenn man es in Höhenmetern und steilsten Straßen der Welt rechnet. Zum Ausgleich erhielt ich kaum befahrene Sträßchen und Loipen in einer wilden, hügeligen Wandergegend. Jene Gegend übrigens, durch die einst Robert L. Stevenson (Die Schatzinsel), begleitet von einem Lastesel wanderte. Oft stieß ich auf Wegweiser zum ‚Stevenson-Trail‘ und traf auch einige Wandergruppen, die sich auf die Spuren des berühmten schottischen Schriftstellers gemacht hatten. Gut 150 Kilometer (Luftlinie 100) liege ich 2010 schon hinter der Reise 2000 zurück.
In der Karte sind heute die Marker der beiden Nachtplätze von Tag 12 auf Tag 13 als Stecknadeln hervorgehoben. Der Marker für den heutigen Blogartikel befindet sich mitten auf der am gestrigen Samstag stark befahrenen heimischen Höhenstraße, eine bittere Hommage an die vielen wackeren Freizeit-Motorradler, Kleinwagencruiser und Cabriolisten.
(*Rückblick im Rückblick, zwei Seiten zuvor im Tagebuch*)
**Den Namen hatte ich vor zwanzig Jahren manchmal benutzt, ein früher Versuch, dem Korsett des Tagebuchs zu entkommen.