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Basel da unten
Schnecken mal wieder. Ich dachte schon, es gibt sie nicht mehr. Die trockenste Tour aller Zeiten, postuliere ich halbwach im Zelt. Neben mir rauscht der Fluss Lucelle. Man möge mir verzeihen, dass ich den französichen Namen des Flusses benutze. Er gefällt mir einfach besser als das dahin geschnodderte „Lützel“ mit all seiner Härte inmitten. Aber vielleicht passt der Flussname an seinen verschiedenen Flusskilometern ja zur Landschaft? Die Gegend ist hart hier unten. Ringsum blecken kalkweiße Felsen. Auf vielen von ihnen weht die Schweizer Flagge, das weiße Kreuz auf rotem Grund im unheimlich warmen Wind, der sich heute womöglich nicht ganz so stark gegen mich wenden wird wie gestern in der…
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Überm Sundgau #UmsLand
Wenn die Schweiz ein Dickdarm wäre und ich eine Darmspiegelung vornehmen würde, so würde ich vermutlich sagen, alles bestens, nur ein paar Zysten: etwa Schaffhausen und Porrentruy. Für das Dörfchen Büsingen am Hochrhein haben wir eine Gewebeprobe entnommen, aber machen sie sich keine Sorge, das ist vermutlich harmlos. Büsingen ist eine deutsche Exklave in der Schweiz unweit von Schaffhausen. Meine erste Zeltnacht verbrachte ich vor 14 Tagen just gegenüber Büsingen an einem Froschteich. Schaffhausen ragt rechtsrheinisch weit bis nach Deutschland hinein und die Gegend um Porrentruy ragt ebenswo weit bis in den Sundgau nach Frankreich. Durchaus vergleichbar also, diese geographischen Phänomene mit den Zysten, die sich in manch einem Menschendarm…
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Hinterm Chasseral #UmsLand
Ob ich einen Umzug mache, fragt mich der Radler auf französisch. Er ist nicht viel schneller als ich, kurbelt im ersten Gang, Wind umzaust uns und in den windstillen Momenten brennt die Sonne. Comment, frage ich, denn ich verstehe es nicht, wenn mich jemand auf französisch fragt, ob ich einen Umzug mache. Deutsch? Ja. Also wiederholt er die Frage auf deutsch. Schon ein bisschen despektierlich. Dass ich das Zelt dabei habe und überhaupt, rund um die Schweiz radele und so kommen wir ins Gespräch. Eigentlich hatte ich vorgehabt nach zwei gut zueinander stehenden Bäumen Ausschau zu halten, um die Hängematte aufzuhängen, ein bisschen zu ruhen. Es dürfte Mittagszeit sein. Kurz…
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Ein Vordach von Glückes Hand #UmsLand
Ich hatte mich auf einen gemütlichen Schreibmorgen im Zelt eingestellt. Nieselregen auf die Zeltplane, welch beruhigendes Geräusch. Ebenso wie auch beunruhigend. Auf fast 1200 Metern Höhe ist es nicht mehr so prottig warm wie unten am Genfersee, die Luft klebt nicht mehr, sie ist gut atembar, klar, frisch, schmeckt gut. Nach absoluter Stille in der Nacht – nicht einmal Vögel zwitscherten, die Kuhglocken auf fernen Weiden waren zur Ruhe gekommen und überm Flughafen Genf schien auch Pause zu sein, zieht nun um acht Uhr früh die Alltagsgeräuschkulisse wieder auf. Die Straße, die ich gestern hier herauf fuhr, war zunächst recht stark befahren. Kurz nach 17 Uhr verließ ich Nyon, hatte…
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Verharren – #UmsLand
Der Reisende kennt tausend Möglichkeiten des Verharrens. Verharren, um ein Bad im Genfersee zu nehmen, zum Einkaufen kühler Getränke, zum Verweilen an einem schönen schattigen Plätzchen, verharren, um eine Reifenpanne zu beheben, zum Hängematte aufspannen in einem Park direkt neben einem Barfußpfad, verharren, um in der Einflugschneisse des Flughafens Genf alle fünf Minuten einen Flieger zu beobachten, einen Regenschauer aussitzend unterm Vordach einer Kirche, zum Verweilen in der Sonne. Und und und. Die gestrige Etappe brachte noch ein paar Abwärtskilometer mit sich auf dem Rhonedeich nahe Martigny, wo der Fluss einen Knick macht, als wolle er das Montblanc-Massiv verschonen, im Laufe der Jahrzehntasende ausgewaschen zu werden. Mein Lagerplatz zwischen Bahntrasse…