Der zig Millionen Lottojackpot in einem Kiosk an der Saale #AnsKap

Gestern in Rothenburg. Mittagszeit. Das Dorf ist wie ausgestorben. War es das Dorf mit dem Kabelwerk? Ich vergesse Namen und Orte fast direkt hinter dem Ortsschild. Lagerflächen voller Kabeltrommeln, die sich meterhoch auftürmen, fast wie in Brugg/Aargau, wo ich oft bin. Nur eben in klein und ausgestorben.

Autos parken wie von Pendlern abgestellt mit verschiedenen Kennzeichen. Kein Werksverkehr. Ein Haus, an dem man die verblassende Fleischerei-Schrift noch lesen kann. Scheint leer zu stehen.

High-Noon-Stimmung. Fehlen nur noch die rollenden Büsche.

Aber mit wem sollte man sich hier duellieren? Mit dem Bauarbeiter da vorne?

Ich frage ihn nach einem Lebensmittelladen.

Hier gibt es nichts. Höchstens die Bäckerei dort, zeigt er rüber nach Norden.

Hinter Bäumen hängt das Schild.

Vor der Bäckerei drei weitere Radler.

Ist zu, sagt einer. Er trägt ein Hemd und eine feine Anzugshose. Sieht gar nicht aus wie ein Radler.

Auf der sich rötenden Stirn bleckt weiß eine Narbe.

Die Bäckerin habe sich hingelegt. Seit zwei Uhr morgens sei sie wach gewesen.

Sie hätte dir sogar Milch verkauft, sagt er mit Blick auf den Milchbeutel in meinem Getränkehalter.

Hätte, hätte, Fahrradkette, erwidere ich.

Der Spruch gefällt ihm. Er lacht.

Später liege ich auf der Mannschaftsbank am Sportplatz Trebnitz. Döse durch den Mittag. Das Schloss Trebnitz steht zum Verkauf, sagt ein Schild. Hinter Linden oder Eichen walmt sich ein Dach, ahnt man bröckelnde Mauern, wurmstichige alte Fensterrahmen, vernagelte Türen und Fenster im Parterre.

Jetzt kaufen, Schlossherr werden? Wozu?

Zwei oberbayrische Radler kommen vorbei, schenken mir Schokolade. Eine Pferdekutsche voller Schulkinder.

Dennoch spürt man deutlich, wie verschlafen und ausgestorben die Dörfer hier sind. Die Gegend, stirbt die? Bleiben ein paar Großlandwirtschaftsbetriebe, die die Felder bewirtschaften und eine Schar hoffnungsloser Bewegungsunwilliger, die von kaum etwas oder von Rente oder von Sozialhilfe leben?

Lottospielen scheint die einzige Chance, dem zu entrinnen. In Brachwitz im Kiosk sind über zehn Millionen im Jackpot. Die Leute schlappen hinein, debattieren über das viele Geld und was man damit alles machen könnte, tippen ihre Zahlen und schlappen wieder hinaus. Einer nimmt sogar die BILD mit.

Am Platz der Jugend sitz‘ ich mittelalt.

Es gibt hier so viele Straßen der Jugend.

Dennoch sickert Hoffnungslosigkeit aus den Poren des Alltags.

Das muss so aussehen #AnsKap

Warum tragen die Handschuhe? fragte Frau SoSo neulich. Es war heiß. Zwei Mountainbiker kamen uns in voller Montour, eben typischer Mountainbiker-Kleidung, entgegen. Wir parkten das Auto am Haspelschieder Weiher, (daheim um die Ecke) sprangen hinein, schwammen eine Runde. Von Südwesten zog ein Gewitter auf.

Weil es die Werbung ihnen diktiert, habe ich glaube ich geantwortet. Als Mountainbiker musst du so aussehen, sonst bist du kein Mountainbiker.

Schnitt.

War es noch auf dem Mainradweg? Es regnete. Ein Mountainbiker überholte mich. Sein Po und der Rücken waren braun vom Schlamm, den das Hinterrad unbeschutzblecht hochschleuderte. Als Mountainbiker muss man so aussehen, weil die Werbung für Mountainbikes keine Schutzbleche vorsieht, dachte ich bei mir.

Rückblende.

Beim Familienfest bei über dreißig Grad will die fünfzehnjährige Großnichte partout ihre Kunstlederjacke nicht ausziehen. Obwohl der Papa dauernd nervt, zieh doch mal sie Jacke aus.

Jetzt.

Der Spülschwamm und das Geschirrhandtuchliegen beinahe unbenutzt vor dem Zelt. Unweit fließt die Saale. Die Elbe ist nicht mehr weit. Ich spüle die Töpfe im Reiseradlerlager mit einem Büschel Gras und ein bisschen Wasser. Dieser trotzige Widerstand gegen die Muss-so-aussehens dieser Welt muss einfach manchmal sein. Dann, wenn Vernunft über Fremdbestimmung siegt. Dennoch beschleicht mich das Gefühl, dass ich viel zu viele Muss-so-aussehens mit mir rumschleppe. Nicht nur auf der Reise, auch im Leben.

Der Radler mit der Anzugshose und dem Hemd und der weißen Narbe auf der Stirn kommt mir gerade in den Sinn. Der aus dem vorigen Beitrag. Der sah so ganz anders aus, als er eigentlich hätte aussehen müssen.

Das Tüpfelchen auf dem I.

Die Türen des Campingplatzes am Herrmannseck – vorgestern war das – sie hatten keine Klinke. Jeder Gast, der sich anmeldete, kriegte vom Besitzer eine schwere, gusseiserne Klinke in die Gand gedrückt, um Zugang zum Waschhaus zu haben. Herkömmliche Zeltplätze verwenden dafür Chipkarten mit Schließsystem. Weil man das eben so hat heutzutage.

Ich könnte das Lied vom Muss-so-aussehen bis in alle Ewigkeit weitersingen. Schlank und graziös wie Heidi Klum schreibe ich diese Zeilen, ich Germany’s next Top Model der Literatur, ich.

Tag 13 | Anders als gedacht und eine neue Familie

Ja, auch heute gibt’s den Tagesstrecke-Link. Hier ist er → klicken.

Fast wird diese Radtour von Irgendlink zu einer BloggerInnenbesuchsrunde, wie wir sie uns schon oft ausgemalt haben. Fast hätte es heute bis ins Jerichower Land gereicht, wo Irgendlink an ecki.soaps Zuhause vorbei fährt. Und wo er heute herzlich willkommen war. Wo er auch morgen noch herzlich willkommen ist.

Gewitter haben unsern Capman, wie ihn @wortvoll auf Twitter liebevoll getauft hat, in den Schutz einer Vereinshütte getrieben, wo der Langstreckenradel im Laufe eines bierseligen Abends einmal mehr von freundlichen Menschen als Familienmitglied adoptiert wurde.

Gleich neben dem Haus hat er sein Zelt aufgebaut. Ich bin ja gespannt, ob der Karnevalsverein Niegripp Irgendlink schlafen lässt. :-)

Tag 14 | Ruhetag, der erste

Ruhetag? Nun ja, „nur“ knapp 50 km ist Irgendlink heute geradelt. Nach einem Bad im See vor der Nase ist er seit Mittag bei den zwei Eckis zu Gast.

Bald grillen die drei Lieben. Und Irgendlink wird bei ihnen übernachten. Den ungefähren Streckenlink gibt es hier → klicken. Bewusst ungefähr … der Endpunkt entspricht nicht dem wirklichen Aufenthaltsort Irgendlinks. Das halte ich bei privaten Übernachtungsplätzen für besser.

Auch den Track von heute Vormittag (hier → klicken) hat Irgendlink ein paar Kilometer vor dem Ziel gestoppt. Aus den gleichen Gründen.

Blogpause. Tweetpause. Ich glaube, das tut auch mal gut. Dafür habe ich ein paar Infos gezwitschert und ein paar Bilder, die mir die liebe Kerstin gemailt hat.
(Copyright bei ecki’soap)

Link zum #ansKap-Hashtag auf Twitter (alle Tweets aufs Mal …) hier → klicken.

Bilder Tag 9 bis 14 #AnsKap

Jede Menge Bilder warten auf dem Smartphone auf Veröffentlichung. Selbst wenn genug schnelles Datenvolumen vorhanden wäre, könnte ich sie nicht veröffentlichen, da der Netzausbau mit schnellem Mobilfunknetz hier an der Elbe nördlich von Magdeburg einige Lücken aufweist.

Bei Eckisoap gastiere ich im Garten – Frau SoSo berichtet darüber im Artikel zuvor. Ein LTE Router steht mir hier zur Verfügung, so dass ich mal wieder einen Satz Bilder hochladen kann und ggf. einige iDogma-Postkarten versenden kann.

   

In Erfurt faszinieren wunderbare alte Gebäude und Pforten und Graffities.

  

Vernagelte und halb zerfallene Gebäude gibt es in Sachsen-Anhalt und Thüringen erschreckend oft. Viele Gebäude wurden im Parterre völlig zugemauert, um Eindringlinge abzuhalten.

  

Lass die Sonne scheinen. Am vergangenen Donnerstag in einem Schwimmbad an der Unstrut

  

Der Zeltplatz in Herrmannseck. Unweit des Himmelsscheibenfundorts zu Nebra.

  

In Querfurt konnte Monsieur Irgendlink, bekennender Zahlenfotograf, dieser verwitterten Hausnummer nicht widerstehen. 

  

Alte Tür vergessen wo.

  

Das Geländer am Sportplatz Trebnitz war schon rot, blau, hellblau. Nun ist es silber mit Macken.

  

Immer wieder Spiele mit der TinyPlanet App.

In Bernburg.

    

Zu Orientierung in der Fotoserie knipse ich oft die Ortsschilder.

  

Die Strecke wird alle 10 km fotografiert. Hier die ersten vier mal 160 Kilometer. Nicht chronologisch geordnet. Mittlerweile sind sechs Bildtafeln a 16 Streckenfotos fertig.

  

Bad Salzelmen Kurstadt mit Salinen, Kliniken usw. Der schönere Teil von Schönebeck.

  

Rathaus in Bad Salzelmen.

  

Passagierschiff bei der Doppelschleuse in Hohewarte/Elbe.

  

:-)

  

Elbefähre nahe Blumenthal.

 

Wenn Herr Irgendlink alle Hochsitze bis zum Nordkap fotografieren würde …

  
Bildcollage aus dem DDR-Museum in Gräfenroda.