Neue Tour #paminablog Radtour ab 21. März 2018

Im Paminablog findet ab morgen, Mittwoch, 21. März 2018 ein kleines, feines Kunst- und Literaturprojekt statt.

Ich lade Euch herzlich ein, virtuell per Blog und Twitter mitzureisen. Der Facebook-Account wird auch gefüttert, aber ich werde ihn wohl nicht betreuen können.

Die Radtour wird mich in neun Tagen ca. 600 Kilometer rings um Karlsruhe führen. Thema sind die Radwege des Paminalands und ‚Wie wir Länder nach Herzens Lust  definieren‘. Das Projekt ist Teil einer größer gefassten Serie namens ‚Ums Land‘, die ich vor einem Jahr mit der Umradelung meines Heimatbundeslands Rheinland-Pfalz ins Leben gerufen habe.

Hier die geplante Strecke und was zum Teufel ist eigentlich das Paminaland:

http://paminablog.de/2017/10/21/bloggend-radelnd-rund-ums-paminaland/

Ich freue mich auf viele mitgerissene Mitreisende.

Appspressionismen erstes Quartal 2018

Drei Männer mit dem Rücken zum Betrachter fotografieren ein Containerschiff von der Aussichtsplattform eines Elbfährschiffs.

Eine Galerie verschiedener Motive des ersten Quartals 2018. Alle Bilder wurden mit Apps auf dem Smartphone aufgenommen und bearbeitet. Daher der Titel Appspressionismen. Das Dogma, auf dem der Appspressionismus fußt, nenne ich iDogma. Es besteht darin, sich keines anderen Werkzeugs zu bedienen, als des Smartphones und dessen Apps. Die folgende Galerie kann per App zum Print beauftragt werden und kommt per Post zum Sammler, ohne dass der Künstler, moi même, das Kunstwerk jemals ‚in echt‘ zu Gesicht bekam.

In der Praxis will ich es demnächst unterwegs im Paminablog testen. Ich biete Photoboxen, die ich unterwegs gestalte.

#Schattenklänge

Plötzlich fuseln die Pappeln im schneidenden Gegenlicht jenseits ihrer Schattengrenze, riesige Baumsilhouetten und davor tausende kleine, weiße, federleichte Etwase driftend im Westwind. 35 Grad heiß. Wir haben uns unterm Vordach auf der Südseite des einsamen Gehöfts verkrochen im halbwegs erträglichen Schatten. Kaltwasserbad für die Füße. Katzen liegen versteckt unter halbmeterhohen Lilien. Ich sage „plötzlich“, weil die Pappeln tatsächlich vor etwa zwei Stunden mirnichts dirnichts mit diesem Seelenregen angefangen haben. Morgens noch war die Luft klar. Dann diese Invasion aus feinstem Gefieder, das mit ein bisschen Phantasie und in einem Disney-Fantasy-Schmachtfetzen gut und gerne als die Seelen aller Verstorbenen durchginge, denen man irgendwann in der Vergangenheit zu deren Lebzeiten jemals begegnete; was wollen sie einem sagen? Weiterlesen

Ein Beitrag für Frau SoSos Anthologie Schattenklänge – hier geht es zu den Spielregeln. Der Artikel wurde im letzten Sommer unter dem Titel ‚Sunny fliegt‘ veröffentlicht.

Das graue Band, das nirgends endet

Auf dem kleinen Balkon an der Nordseite sitzen. Der Landstraße beim Zischen zuhören. Ins kahle Geäst des Windschutzes starren. Die Schwere des Graus des Winters aufs Gemüt betten. Den Menschreaktor hochfahren. Ofen brummt in der Bude. Durchs zugige ehemalige Stallfenster hört man das Knacken der Fichte. Flammen flackern hinter der Ofenscheibe. Ruß und Rauch und frische Luft. Wind umspielt das einsame Gehöft. Wahr und Falsch wie Schleim, der in Zeitlupe ausgespuckt, fliegt, zwei Pole bildet, gehalten durch ein zerreißbares Band. Ein ekliges Bild, ich gebe es zu.

‚Das graue Band, das niemals endet‘, denke ich und stelle mir die Straße vor, wie sie niemals endet und mir wird klar, mein lieber Spruch, den ich schon so oft gebraucht habe und der gar der Titel des einen oder anderen Blogartikels ist, ist grundfalsch. ‚Niemals‘ ist Zeit. ‚Nirgends‘ wäre richtig, aber auch falsch, denn wenn man auf der Straße, dem grauen Band, steht und sich ganz sicher ist, dass es nirgends endet, so denkt man doch nur eindimensional in die Länge. Wenn man sich um neunzig Grad dreht, starrt man direkt auf das graue Band und dessen Ende in der Breite im schmutzigen Straßengraben.

Gedanken fangen. Das ist es, was ich tue. Aber auch das ist Quatsch. Man kann sie nicht fangen. Fassen kann man sie. Aber auch das ist nicht richtig. Fassen kann man Flüssigkeiten. Sind Gedanken flüssig?

Gefangen zwischen den Begriffen Wahr und Falsch, komme ich zu dem Schluss, dass Wahr und Falsch ohneeinander gar nicht existieren können. Immer wenn man ein bisschen Wahrheit in die eine Schale der Waage wirft, entsteht in der anderen Schale der Waage ein Gegenüber aus Falsch.

Eigentlich dürfte man gar nicht erst anfangen, über etwas nachzudenken, denn sobald man dies tut, setzt man Kräfte in Gang, die miteinander ringen. Wie Krieg. So funktioniert alles. Dadurch, dass die Kräfte nie gleich groß sind, entsteht Bewegung und mit der Bewegung entsteht Chaos und mit dem Chaos kommt das Bedürfnis nach Ordnung, das auch wieder eine Kraft im Spiel ist.

Bei genauerem Nachdenken ist es gar nicht die Straße, die zischt. Es sind die Autos mit den Leuten drin auf dem Weg zum Morgengottesdienst. Aber auch das ist nicht richtig. Es sind nicht die Autos, die zischen, es ist das Reiben der Reifen auf Teer.

Je mehr ich an diesem gefangenen Gedanken denke, desto wirrer wird alles, desto mehr verliere ich mich im Spiel der Kräfte, die ich durch morgendliches Hinhören, Beobachten, darüber Denken, entfacht habe.

Alles, was ich in diesem Artikel schreibe, ist falsch. Und richtig. Wenn ein Falsch auf ein Richtig trifft, neutralisiert es sich zu Nichts.

Vielleicht.

Das wäre gut. Dann hätte es nie existiert. Wobei etwas, das nie existiert hätte, dennoch existiert hat, aber nicht mehr ist.

Es ist zum Verrücktwerden. Wäre mir bloß nicht das Zischen der Straße aufgefallen. Ich hätte so schön auf dem Balkon sitzen können und dem Zischen zuhören können und das Geäst der winterstarren Bäume beäugen können wie es im Wind unterm tristgrauen Himmel wiegt, ohne darüber nachdenken zu müssen und es schließlich aufzuschreiben.

Im Zweistromland des kleinen Mannes

Wenn man nur lange genug im Wind steht, wird man selbst zu Sturm. Die Windmoleküle zernagen den Körper, die Kleidung, deine Seele und tragen sie in chaotischen Wirbeln hinaus in die Welt, wo sie irgendwann in Jahrmillionen – vielleicht – einander wiederfinden und reinkarnieren zu etwas, jemandem, oder auch nicht.

Fast dunkel. Nieselregen aufs Dach der Künstlerbude. Wie durch ein Wunder tropft es nicht, wie sonst üblich, in der Mitte des Atelierzimmers auf den Laminatboden, der das erstaunlich gut durchhält schon seit Jahren. Manchmal stelle ich einen Eimer unter, dort wo das Dach undicht ist. Manchmal warte ich, bis der Regen aufhört und wische die Pfütze mit einem schmutzigen Handtuch auf. Manchmal, meist wenn ich länger unterwegs bin, trocknet die Pfütze von selbst und wenn ich wieder nach Hause komme, sehe ich nur noch an den Ringen aus Schmutz, dass es wohl in der Heimat geregnet hat. Manchmal ist das Dach dicht. Dann setze ich mich gemütlich in den Sessel vorm Ofen, fixiere eine undefinierte Stelle an der Wand und sinniere darüber, warum das Dach dicht und undicht zugleich ist. Schon seit Jahren. All die Male, als ich mit der Leiter hinauf kletterte bis zum First und das marode Eternit begutachtete, konnte ich keine sichtbare Verletzung erkennen. Meist trug ich ein Eimerchen Teer und eine Spachtel mit mir, mit denen ich unverrichteter Dinge wieder hinab stieg, weil das Dach ja eigentlich dicht sein müsste. Wo kein Loch, da kein Durchlass für  Regen.

In der südwestlichen Ecke des Gartens hat sich ein kleiner See gebildet und in den Traktorspuren, die über Sommer entstanden, fließen zwei Bäche hinein. Der Euphrat und der Tigris des kleinen Mannes. Obschon das einsame Gehöft fast zur Höhe des Berges liegt, scheint die etwa zwei Hektar große Fläche oberhalb des Gehöfts groß genug zu sein, um in solch wildwässerlichen Zeiten genug Wasser zu sammeln, dass der See entsteht.

My own private Aralsee. Fehlt eigentlich nur noch ein rostiger Kahn, wie man dies aus Bildern vom echten Aralsee kennt. Mein Teich ist etwa zehn Meter lang und vielleicht acht Meter breit. Er staut sich hinter einem Wall aus Schutt und Lehm, den die mannigfaltigen Bewohner des einsamen Gehöfts in den letzten sechzig Jahren aufgeschüttet haben. Man könnte Kajak fahren auf dem kleinen Teich. Er dürfte etwa knietief sein.

Einmal, Pfingsten vor vielen Jahren, regnete es einen Jahrhundertregen, der nicht nur alles Moos vom Dach gespült hatte, sondern auch den alten Wehrmachtsweg unten im Wäldchen bis aufs fest gestickte Schotterbett wieder frei gelegt hatte. Außerdem sammelte sich auf den zwei Kilometern bis runter in die Stadt durchs kleine Tälchen, das Jammertal heißt, so viel Wasser, dass das Rinnsal, das im Sommer manchmal vertrocknet, zu einem derart reißenden Strom wurde, der die Kraft hatte, die ersten Autos am Stadtrand mit sich zu reißen, Bäume, Geäst und Lehm. Eine wahre Katastrophe, bei der die vier Zäune auf dem einsamen Gehöft mit Gras und Unrat so lange Talsperren bildeten, bis sie die Wassermassen nicht mehr aufhalten konnten und mitsamt dem erodierten Spülgut in die Schlucht gerissen wurden.

Mein eigentliches Ansinnen war zunächst nicht, über den Teich zu schreiben. Vielmehr hatte mich vorhin die Holznot nach draußen gezwungen, wo ich mit der Kreissäge ein paar Stämme zerkleinerte, zerhackte, auf einen Schubkarren schichtete, sie vors Haus brachte. Dabei fiel mir dieser, mein eigener, privater Aralsee, Wadi der Pfalz, ins Auge und ich sagte mir, sieh‘ an, sieh‘ an, darüber solltest du mal schreiben. Man könnte sagen, ich sah, Holz und schrieb.