„Im Angesicht all der aufgegebenen Jetzts“
Der Zettel steckte in meiner Tastatur. Weiß nicht mehr, wie er da hin gekommen ist.
Ich bin vollkommen platt heute. Müsste eigentlich Homepageschuften. Der bizarre Eventdienstleisterjob treibt arge Blüten.
Vielleicht liegt da das Geheimnis der aufgegebenen Jetzts? Ich wechsele die Jetzts wie andere Leute ihre Socken. Mal bin ich ein einfacher Tacker, der mit einem druckluft betriebenen Gerät kleine Ledermöbel bastelt, um in der nächsten Sekunde bewaffnet mit einer EOS 350 fotografisch tätig zu werden und mir spätnachts noch den Quellcode für hippe Webseiten aus den Hirnlappen zu wringen. Alles für den großen Eventdienstleister.
Ich wünschte, ich hätte auf mich gehört, vor anderthalb Monaten, als ich bandscheibengeschädigt schmerzgekrümmt den Weg vor dem Hof auf und ab spazierte und mantrisch murmelte: das machst du jetzt vier Monate lang, so soll es sein, so soll es sein. An das damalige Jetzt kann ich mich kaum noch erinnern. Trotz allen Schmerzes war es eine gute Zeit. Die Lektion, die mir das vergangene Jetzt zu erteilen versucht hat, lautete: Werde langsam. Bleib langsam.
Ich werde jetzt dieses Jetzt hier vor dem PC aufgeben und noch eine Flasche Bier trinken, um sodann das Bierflaschenjetzt wie Schlangenhaut von mir zu strippen und ein langes dunkles Jetzt im Bett zu verbringen bis ich erwache, mürrisch murmelnd: jetzt isses schon wieder sechs Uhr. Puuuh.