Im Flächenland, das Albert Abbott in seinem gleichnamigen Buch entwirft, sind die Lebewesen Punkte, Kreise, Dreiecke und Linien. Die Welt in Flächenland hat nur zwei Dimensionen. So weit ich mich erinnere, wird die Geschichte aus der Sicht eines Kreises erzählt, der sich eines Tages wundert, warum es in Flächenland Kreise gibt, die ihre Größe verändern, die als Punkt beginnen, zu einem maximalen Umfang wachsen, wieder kleiner werden bis zum Punkt, und die dann verschwinden. Es handelt sich dabei um eine Kugel, die das Flächenland durchquert. Der Protagonist entdeckt eine dritte Dimension und eckt in seiner zweidimensionalen Welt auf ketzerische Weise an.
Mit dem Lied Kumbajah My Lord im Ohr wache ich auf und mit leichtem Niesel auf mein Zelt, so dass ich herum trödele, frühstücke, Kaffee en masse, bisschen schreiben, und es regnet sich langsam ein. Kumbajah. Regenkleider an, Neoprengamaschen, Schnürsenkel auf, Schnürsenkel zu. Dass Problem mit den Gamaschen ist, dass man die Schuhe ausziehen muss, um sie über die Knöchel zu stülpen und erst dann, wenn die Schuhe fertig gebunden wieder am Fuß sind, kann man die engen aber sehr warmen und hochdichten Füßlinge von Oben drüber strippen. Oh Lord.
Kurz vor King’s Lynn stehe ich in Castle Rising vor einer massiven Burg, die von Erdwällen, Graben und Mauern umgeben ist, das kleine Castle Rising Castle, das den Howards gehört. Vorm Tor kommt ein Mann auf mich zu, der mich überschwänglich begrüßt, er sei auch Radler, und er böte anderen Radlern Unterkunft für umsonst. David (www.davidjoan.me.uk) wohnt in Camebridge, hat die halbe Welt bereist, Australien, Patagonien, und im Juli gehts nach Madagaskar. Er gibt mir seine grüne, lustige Visitenkarte, falls ich es mir überlegen sollte, mit Camebridge, könne ich ihn anrufen, ach, und wenn ich mal einen guten Radladen suchen würde, in Hunstanton, gut 15 Meilen nordwärts!
Die Schlossbesichtigung spare ich mir wegen des vielen Gepäcks am Rad. Bei Nieselregen durch King’s Lynn, raus aus der Stadt Richtung Süden über die Radwege 1 und 11. Sie sind gut markiert mit kleinen blauen Aufklebern auf den Pfosten der Verkehrsschilder. Raus Richtung Wiggenhall, verirre ich mich vier Kilometer weit auf dem Elfer, der sich kurz hinter Saddle Bow vom Einser Radweg trennt: eine Elf sieht in meinem Flächenland aus, wie eine Eins, wenn sie auf die Rundung des Verkehrsschildpfostens geklebt ist und man sie nur von einer Seite betrachtet.
Längst bin ich in den Fenlands, die ich insgeheim auf Badlands taufe, weil mir der Ausdruck aus vielen Folgen Star Trek geläufig ist. Aber sie haben den Namen Badlands nicht verdient. Ein ehemaliges Marschgebiet, das trocken gelegt wurde und nun Anbaufläche ist für Gemüse, Obst, Getreide. Duftende Rapsfelder. Überall Pumphäuser, Rohre, Verschlussklappen, Deiche, Gräben und natürlich absolut flach. Schnurgerade Starkstromleitungen durchziehen die Fenlands. Ein Regenschauer jagt den nächsten. Pro 10 Kilometer ziehe ich einmal die Regenklamotten an und wieder aus. Wenn ich das hochrechne auf 6000 km, puuh, wieviele Meter Neopren-Gamaschen muss ich mir dann um die Knöchel wickeln, wie viele Kilometer Reißverschluss zu und wieder aufziehen, wieviele Lichtjahre Schnürsenkel binden? Oh Lord.
In einem Dorfladen in Wiggenhall St. Mary versuche ich Brennspiritus zu kaufen, weiß aber nicht das englische Wort. Im Regal steht White Spirit. Dunkel erinnere ich mich, 1993 in Irland einmal White Spirit im Kocher ausprobiert zu haben und gebookmarkt zu haben, dass der definitiv nichts taugt, für den Trangia. Ein anderer Kunde, mit einer afrikanischen Kappe auf dem Kopf, so wie sie Eddie Murphy in „Prinz aus Zamunda“ trägt, erklärt mir, dass es wohl Methylated Alcohol sei, den ich suche, der sei in England blau eingefärbt, ich könne ihn in großen Supermärkten in King’s Lynn zum Beispiel kaufen.
Vorm Laden trockne ich mein Zelt. Esse Müsliriegel. Nach ein paar Minuten fährt der „Prinz“ wieder vor, steigt aus, drückt mir eine Flasche Methylated Alcohol in die Hand. Hey, Thank you, thank you so much.
Der Radweg ist ein wahres Zick-Zack. Wäre ich über die A 17 direkt nach Sutton Bridge geradelt, wäre ich in einer Stunde dort gewesen. So brauche ich den ganzen Tag. In Wisbech metzelt ein Regenschauer, der erst in Tydd St. Gilles wieder nachlässt. Der dortige Campingplatz auf einer Farm ist eine Sumpflandschaft, „we’ve got a valley“, sagt die Besitzerin bedauernd. Da es sich sowieso um einen Caravanplatz handelt ohne jeglichen Komfort, fällt es mir leicht, weiter zu radeln. Die vielen Tydds: Tydd St. Mary, Tydd Gote, Tydd Giles, Tydd hinten und Tydd vorne, Tüddelüü. Bei Four Gotes, seines Zeichens direkt neben Tydd Gotes, finde ich einen anderen Zeltplatz, sehr schön, umringt von hohen Hecken direkt an der A1101, einer mäßig befahrenen Strecke. Mitten im Platz steht ein Starkstrommast. Auch hier haben wir im Prinzip ein „Valley“, quatschnasse Wiesen, aber neben dem Swimingpool ist eine kleine Erhebung, jeder Zentimeter zählt, auf der ich mein Zelt festnagele.
lange hab ich nachgedacht, was ich dir für aufmunterungszeilen hinterlassen könnte. aus meiner ofenbanksicht ist es da draußen im nasskaltgrauen ein bisserl mühsam. rückenwind und sonnenschein sollen es für heute sein!
liebgrüßt
ingrid
Dankeee Ingrid, sieht gut aus mit Deinen Wünschen.
Inspiriert von Sopfasophia, die gestern Tanzen war, werde ich heute einen Sonnentanz veranstalten. Wer tanzt mir? So gegen 12 Uhr MESZ.
die ff
ich! um 12!
wir rufen die sonne über england, gell!? tolle idee!
welche musik? hm, suchsuch … muss an bob marley denken … oder?
hallo frau freihändig,
genau um 12…ich bin dabei ;D
Schön, wir sind schon drei. Ich werde einen kalifornischen Sender hören, weil da brauchen sie die Sonne gerade nicht so sehr.
( http://www.kcrw.com/music/programs/mb )
Läuft im Moment sogar Reggae, Soso!
Wenns Dich tröstet: auch in der Pfalz wäre ein nassen Hintern beim Übernachten inclusive gewesen.
Ts ts … da will einer ums Meer und dann kommt das Meer von oben … ;)
Leftfield „Leftism“…..aber die original 90er. Ist Reggae. Für Sonne in England!
Im Frühtau zu Berge wir ziehn vallera……………
Mehr fällt mir nicht ein.
Außer drei warme Gedanken, wenn mir Deine Augen auf der Kunst-aktuell in Mainz wieder einfallen……….
Sonja
Ich hab mitgetanzt. Nackt um den Couchtisch. Und jetzt nieselt es hier …
Sonnentanz!?
Eine innovative Idee, ich dachte bisher man betet sie an. *mbg*
Die Zeit habe ich leider verpasst.Hier regnet es grad so doll, da kann für England nicht viel Wasser übrig bleiben. :-))
Ich wünsch jede Menge Rückenwind und Sonnenstrahlen.
Liebe Durchhaltegrüße, Szintilla
Die Buchfeen und ich haben auch mitgetanzt und jetzt scheint die Sonne soooo fein, hoffentlich bei dir auch!, dass wir unbedingt zum Meer wollen. Der Himmel ist dramatisch bewölkt (war der Tanz zu kurz?), das Meer an solch einem Tag zu fotografieren ist besonders schön. Wenn es mit dem Sutton Bridge nicht klappt, wie auch immer, kann ein Foto nachgereicht werden.
Danke für den feinen Sonntagsartikel und dir feines weiterradeln,
liebe Grüße
die 4 aus Cley
Halloooooo, lieber Jürgen, die Sonne scheint, Wind ONO 3 Bf. und das Barometer steigt, es sind gerade 17 Grad C – das ist doch prima! Wir hoffen, dass es an der ganzen Ostküste unserer geliebten skurrilen Insel so ist. Ach, wir können dir sagen, Dina und der Master sind doch Oldies, die haben mit uns unter den Apfelbäumen zu den Doors herumgehampelt.
Übrigens: White Spirit ist Terpentinersatz.
Viele liebe Grüße von uns aus Cley next the Sea, happy biking and lots and lots of fun
Siri und Selma, deine dich beschützenden Buchfeen – wir haben nämlich unseren knuffigen Freunden, den wilden Straßen- und Wegfeen, Bescheid gesagt, dass sie ihre Flügelchen – unsichtbar, versteht sich – über dich ausbreiten.
Dass du nicht in Castle Rising drinnen warst, macht nichts. Da hast du nichts versäumt. Außer, dass man sich dort übel den Kopf anstoßen kann, gibt`s nix.
Den Leuchtturm, den du in Sutton Bridge wahrscheinlich (rechts von der Straße) gesehen hast, wurde von Peter Scott bewohnt, dem Sohn des gescheiterten Arktisforschers. Und das Rasenlabyrinth liegt bei Alkborough, das liegt nördlich von Scunthorpe an der schnurgeraden Ermine Street, auf einem Hügel mit feinster Aussicht. Ein feiner Picknick-Platz und gar nicht touristisch.
Wir, der Bär und ich, standen pünktlich gut positioniert oben über den von der Pfalz her weit sichtbaren Steinbrüchen am Rande der Rheinebene und haben gen Eng(el)land geblickt, bereit zum Sonnentanz. Der Himmel hat es uns gedankt mit einem … Hagelschauer. Den Bären hat’s gefreut und ich dachte mir beim Abstieg, patschnass und gar nicht sonnenfröhlich, dass wir womöglich das Wetter zu uns herbei“getanzt“ haben könnten und sich die Sonne in Englands Osten auf Irgendlink’schen Wegen vergnügen durfte. Oder so ähnlich…
Egal. Nun scheint sie wieder auch hier, die Sonne.
Ob wir nochmals tanzen sollen?
Liebe Grüße und alles Gute für heute
Elke mit Bär (schwarz, zottelig, regenliebend)
Coole Idee, der Tanz. Hat eine ganze Weile gewirkt. Und nun wärme ich mich in einem Pub in Framton auf. Hat ganz schlimm gehagelt.