Demut, Torheit und Devotion

Kürzlich habe ich in Redders Lebensweisheiten geschmökert und Interessantes zum Thema Demut gefunden. Am eigenen Körper ausprobiert habe ich es auf meinem Heimweg. Redder behandelt in seinen, wie er sagt, „selbst zusammengeklauten“ Lebensweisheiten die Themen Demut, Mitgefühl, Egoismus und Meditation. Ich möchte am folgenden Beispiel nun Torheit und Devotion im Dreiklang mit der Demut veranschaulichen.

Mein Heimweg führt über einen, in beide Richtungen ausgewiesenen, Radweg an einer vierspurigen Straße entlang. Zwei Spuren in die eine, zwei in die andere Richtung. An der Straße liegt eine Tankstelle. Die Ein- und Ausfahrt der Tankstelle queren den Radweg. Autofahrer, die die Tankstelle verlassen, schauen in der Regel nur nach links, weil sie sich auf die beiden Autospuren einfädeln wollen. Radler, die von rechts kommen, sehen sie meist gar nicht. Deshalb kommt es vor, dass Autos quer auf dem Radweg stehen, deren Fahrer, suchend nach einer Lücke, nach links blicken, während ich mich von rechts nähere. Ich habe drei Möglichkeiten, den Engpass zu meistern:

  • Bestehe ich auf mein Vorrangs-Recht, quetsche ich mich zwischen Motorhaube und fließendem Verkehr vorbei, in der Gewissheit, der Fahrer hat mich nicht gesehen und wird, sobald er eine Lücke sieht, losfahren. Das könnte böse enden. Deshalb ist das der Weg der Torheit. Torheit liegt dann vor, wenn man mögliche Fehler, die andere machen könnten, vorausahnt, aber im Bestehen auf sein Recht, dieses durchzusetzen versucht. Der Weg der Torheit bringt Leid und Situationen ohne Schuldigen.
  • Ich stoppe und warte, bis der Autofahrer den Radweg freigibt. Das ist der Weg der Devotion, des Verharrens. Er ist allemal besser, als der Weg der Torheit.
  • Der Weg der Demut setzt eine Analyse der Situation voraus, Wahrnehmung der Defizite anderer, sowie anschließende, neutrale Bestimmung des eigenen Standpunkts. Hier gibt es keine Eitelkeiten mehr ala: er hat mir die Vorfahrt genommen. Demütige Radler erkennen, dass sie fast allen anderen Verkehrsteilehmern unterlegen sind und wissen um die Gefahr, in der sie stecken. Deshalb verzichten sie auf Rechte, ohne vor sich selbst das Gesicht zu verlieren. Der Weg der Demut führt am Kofferraum des Autos vorbei durch die Tankstelle hindurch.
  • Ist der Weg der Demut nicht möglich (weil es kein Durchkommen gibt), so ist er identisch mit dem Weg der Devotion.

Ich habe alle drei Wege getestet. Der Wandel von Torheit über Devotion zur Demut war ein langer Weg.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert