Nicht alle sind gleichzeitig unglücklich. Das ist unsere geheime Superkraft.

Wohlan. Das Jahr mag beginnen. Als ich aus den Ferien irgendwo in der Gegend um Bagnols-sur-Cèze zurück kehre, liegt ein ganzer Stapel Post auf dem Tisch. Weihnachtspost von lieben Menschen, aber auch behördliches und ein paar Briefe zur Pflegschaft von Freund Journalist F. Diese Briefe reiße ich zuerst auf, fieberhaft, und ja, danke, Maschine, danke System, danke liebe Verwaltungsangestellten, meine Widerrufe wurden erhört und der Journalist wird gnädiger Weise unterstützt, erhält medizinische Hilfsmittel, gottlob und ich bin happy. Auch über die Post von Freundinnen und Freunden, bin ich so froh, postweihnachtlich umschmiegt von Liebe und freundlichen Worten, Preziosen hie und da und so drifte ich durch den heutigen Tag. Erst einmal Journalist F. mit Medikamenten versorgen. Wir treffen uns wie Dealer und Junkie vorm örtlichen Großklinikum, wo uns der nasse Janauarwind umpfeift, ich ihm zwei Päckchen reiche, die ich zuvor in der Apotheke des Großklinikums gekauft habe, er mir Scheine in die Hand drückt, jaja, Dealer und Junkie, so sage ich es zu ihm und er lacht und schon muss er weg, hinein ins kosmodämonische Klinikum zur leidigen Dialyse, die sein Leben bestimmt.

Ich schwinge mich aufs Fahrrad, nennt mich nassforsch, und drehe eine Runde durch die Gegend, besuche unterwegs wohnende Freunde, wünsche ihnen Prost Neues Jahr zwischen Tür und Angel. Krankheit und Leid leider beim einen, aber auch Ruhe und Glück bei anderen. Nicht alle sind gleichzeitig unglücklich. Das ist unsere geheime Superkraft.

Von Homburg nach Zweibrücken über den Bliesradweg im Nieselregen, das Leben sinnierend, eigentlich geht es mir ja gut denkend. Wäre da nicht das Damokles Schwert einer Raumforderung – so steht es auf einem Überweisungsschein, der in einem der unerfreulicheren Briefe steckte, die auf meinem postweihnachtlichen Posteingangstischchen lagen.  „RF Niere“ für den Urologen mit der Bitte um Weiterbehandlung. Was mich mich ein bisschen verschachert fühlen macht. Mein Hausarzt gibt mich weiter an den nächsten … nimm reichlich, Kollege, es ist genug für alle da. Egal. Die Raumforderung – ich musste dieses RF erst einmal per Suchmaschine herausfinden, was es überhaupt bedeutet, beunruhigt mich ja schon seit Ende November, als sie bei einem Routinecheck festgestellt wurde. In den Weihnachtsferien drunten an der Cèze war sie zum Glück weg. Beschwerden gibt es auch keine, aber eben, Doktor Google, mein Freund und Angstmacher, sagt zum Thema Raumforderung nicht nur Beruhigendes.

Ich gehe etwas beunruhigt ins neue Jahr.

Eigentlich hatte ich es mir viel entspannter vorgestellt: den Januar und den Februar in der arschkalten Künstlerbude zu überstehen und mit den ersten starken Sonnentagen nach Norden aufzubrechen. Ziel #AnsKap, per Fahrrad bis zur Ostsee, Dänemark, ein bissel Schweden zum Üben und dann den Königsweg zum Nordkap zu nehmen durchs Fjordland.

Nein nein, es geht mir wirklich nicht schlecht. Ich bin nur ein wenig besorgt ob des Unbekannten, das in mir ist (und mich zum Glück überhaupt nicht quält – die junge Ärztin, die den Ultraschallfund Ende November machte, sprach gar von Nierensteinen. Das klingt doch gleich etwas weniger dramatisch als malignes Irgendwas …)

Doch zurück zum Jahresplan und zu diesem Blogeintrag. Ich schweife ab. Ende 22 hatte ich angefangen, mein Arbeiten neu einzurichten, nachdem ich bemerkt hatte, dass ich schleichend so gut wie gar nicht mehr in meinem ebenso geliebten wie brotlosen Künstlerberuf arbeitete, sondern stattdessen Hausmeister- und IT-Arbeiten und Kümmerjobs und Gutestun erledigte, alles natürlich auch wichtig. Es schien mir nur … nunja, das Bloggen und die Kunst und das Schreiben kamen eindeutig viel zu kurz. Ein sechswöchiges Covidintermezzo im Oktober tat sein Übriges, Mann Mann Mann, wenn man das hochrechnet, wenn viele so lange an der Krankheit laborieren … hundert kumulierte Jahre des Siechtums.

Ich schwankte, ob ich nicht besser den Künstlerberuf drangebe und mir ein feines Angestelltennestchen irgendwo in einem Amt einrichte. Doof nur: ich bin zu alt dafür. Außerdem liebe ich es, nicht handelnd dennoch voran zu kommen. Das ist auch so eine Superkraft.

Mehr Disziplin. Mehr Ich wagen. Mehr bloggen. Das sind meine Ziele. Bei einer Passwort- und tote-Accounts-Aufräumaktion kam mir eine Webseite für die ich mich mal angemeldet hatte unter die Finger. Schon wollte ich den Account einstampfen, als mir bei näherem Betrachten klar wurde, dass es sich mit Steadyhq ja um eine Art Werkzeug handelt, das ich als vielseitig interessierter Appspressionist vielleicht gut nutzen kann. Ein Spaten, mit dem ich den monetären Garten umgraben kann. So richtete ich also ein Profil ein und verzahnte es sogleich mit diesem Blog.

Das damit eine Art Paywall erhalten sollte. Aber keine Sorge, den Weiterlesen-für-Bezahlung-Link füge ich erst ganz unten in diesem Artikel ein. Danach kommt garantiert kein Wort mehr. Du darfst natürlich gerne trotzdem …
___STEADY_PAYWALL___

Hab Dank!

2 Antworten auf „Nicht alle sind gleichzeitig unglücklich. Das ist unsere geheime Superkraft.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert