Ich bin so müde. So müde wie gestern. So müde wie vorgestern. Nur noch Wand anstarren gelingt. Oder Hängematte hängen.
Mein innerer Udo Bölts schreit mich permanent an, quäl Dich, Du Sau und jagt mich einen Mont Ventoux nach dem anderen hinauf. Beziehungsweise früh morgens startete ich heute den Balkenmäher, um dem übermäßig wachsenden Gras und den Brennnesseln im Garten Herr zu werden. Das ist wichtig, damit im Herbst, wenn die Äpfel fallen, leicht ernten ist. Der Balkenmäher macht ein ratterndes, sehr schnelltaktiges Geräusch, wenn die Scheren am Mähbalken bei Vollgas übereinander schlagen. Es klingt ein bisschen wie das Lied Hung Bunny von den Melvins, wenn ab Minute 7:49 das Schlagzeug einsetzt und nimmer nimmer aufhören mag. So laufe ich heute morgen dem zum Glück selbstfahrenden Gerät hinterher und es gerät ein bisschen wie Tanz zu einer absolut schrägen Musik, die bestimmt so gut wie kein Mensch leiden kann, also nicht nur das nervige Motorengeräusch und das Scherengeklackere, sondern auch das Original von den Melvins, das gewiss nicht alltagsgeschmackstauglich ist. Ich mag das Lied. Ich mag seltsamerweise viele Dinge, die sonst keiner mag. Auch dem den-Mont-Ventoux-hinaufradeln kann ich etwas abgewinnen, obschon ich das noch nie gemacht habe. Der Mont Ventoux ist ein bald 2000 Meter hoher Berg in der Provence, der ziemlich alleine steht links der Rhone und der bei der Tour de France – ich glaube seit Menschengedenken – stets eine Etappe wert ist.
Vor etlichen Jahren verbrachten die Frau SoSo und ich unsere Winterferien zu Füßen des ‚Giganten der Provence‘ im kleinen Dorf Mazan in einem Ferienhaus. Wir unternahmen ein paar Versuche, zu Fuß hinauf zu kraxeln, nicht die gesamte Distanz, sondern wir fuhren mit dem Auto bis zur Schranke, die die kleine Landstraße bei schwierigem Wetter versperrt, so dass nicht Hinz und Kunz mit dem Auto hinauf fährt und dabei in Gefahr gerät. Der Wind pfeift elend auf dem Standalone-Berg. Ich hatte das einmal erlebt. Im Winter ist die Passstraße glaube ich immer gesperrt. Aber mit dem Fahrrad und zu Fuß kommt man natürlich durch. Was hatte ich die Radlerinnen und Radler beneidet, die stehenden Pedals im kleinen Gang aufwärts schwitzten. Frau SoSo und ich, zu Fuß und gemütlich unterwegs, ersparten uns die Qual der Strecke bis zum Gipfel, die im südlichen Abschnitt durch eine absolut bizarre Geröllwüste führt.
Das Wochenende, jetzt und hier, verbrachten wir mit Hängematte hängen im Aargau. Eine einfache, friedvolle Tätigkeit. Frau SoSo berichtete darüber in ihrem Blog.
Fürs Hängematte hängen braucht man Wanderschuhe, Hängematte, etwas zu essen fürs sogenannte Zvieri (den Nachmittagshaps zwischendurch). Badehose ist auch sinnvoll, denn in den Aargauer Flüssen rings ums sogenannte Wasserschloss (da fließen Reuss und Limmat in die Aare), findet man immer schöne Badestellen. Man wandert oder radelt also los mit einem kleinen Rucksack voller Hängematten- und Zvieri-Bedarf, findet eine schöne Stelle am Fluss, an der sich genügend Bäume in idealem Abstand befinden und bindet die Matten fest. Dann kann man hängematten, bzw. mattenhängen oder hängemattenhängen. Es sind die einfachen Freuden. Wir badeten auch, obwohl die Flüsse durch die Schneeschmelze ziemliches Hochwasser hatten.
Wohl ist es dem Mattenhängen geschuldet, dass mir gar nicht so bewusst wurde, wie müde ich dieser Tage bin. Ausgelaugt. Urlaubsreif. Wandanstarrend zum Stillstand gekommen. Wären da im Hinterkopf nicht die vielen Zutuns, die einen anstacheln, sich zuzurufen, quäl Dich, Du Sau, könnte ich mir vorstellen, den Sommer hängemattenbaumelnd zu verbringen.
Ich bin so müde dieser Tage.
Momentanes Tagesziel ist, man hat es wohl schon vermutet, jeden Tag ein bisschen zu schreiben. Ich muss in der Übung bleiben, gerade was das Schreiben betrifft. Deshalb habe ich diese möglichst täglichen Blogberichte lanciert. Mal schauen was daraus wird.
Dusmo natürlich. Immer scheen dusmo (das ist pfälzisch für französisch doucement, was soviel heißt wie langsam, gemütlich, na, Ihr wisse jo was ich menn).
Duhsemang haben die Saggsn vom Nabbolljong behalten ;-)
Gib acht auf Dich.
Emil kennt sich aus. Das, was er dir im letzten Satz befiehlt, bitte ernstnehmen!
Aber natürlich ernstnehmen. Danke! Euch beiden.
Bedenke:
Auch eine frei schwebende Hülle braucht eine gute Spannung😉
Gruß, Uwe