ScheitErfolgReichtum

Der November ging mit Schreiben drauf. Ich hatte mich ja auf das Nanowrimo-Experiment eingelassen, dessen Ziel es ist, weltweit die müden Schreiberhintern hochzukriegen und sich ein Projekt vorzuknöpfen, an dem man schon immer arbeiten wollte. Einen Roman.

Irgendlinks Nanowrimo Wordcount 2014
Irgendlinks Nanowrimo Wordcount 2014 (die letzten 565 Worte sind nicht registriert, auch wurde nicht täglich aktualisiert, wie die Stagnationssprünge zeigen)

Limit ist 50.000 Worte binnen 30 Tagen zu Papier, äh Festplatte zu bringen. Dafür gibt es eine rege Community mit angeschlossenem Diskussionsportal und Wortezählmaschine. In die Zählmaschine gibt man täglich seinen „Wordcount“ ein und sieht, ob man über oder unter der schräg nach oben laufenen „Par-Linie“ liegt. Alleine in Deutschland haben über zehntausend Schreibende bei dem Projekt mitgemacht. Zusammengerechnet annähernd achtzig Millionen Worte haben sie geschrieben. Monsieur Irgendlink lag bis zum letzten Tag stets unter Par. Erst kurz vor 24 Uhr am 30. November meißelte ich die letzten ca. 500 Worte auf dem Smartphone in  den Touchscreen. Gewonnen!

Das Dokument ist gruselig pholler Fipptehler, aber es enthält wunderbare Aphorismen-Perlen und auch ein paar gute Buchpassagen. Das Projekt ist aus meiner Sicht sowohl gescheitert, als es auch erfolgreich war.

Gescheitert, weil ich eben nicht das Ziel erreicht habe, einen Roman grob zurecht zu schnitzen, sondern unter dem Arbeitstitel Buch der Szenen eine Art Ideensammlung anlegte mit spinnerten Ideen, Szenen, Charakteren, wie man sie auch ab und zu hier im Irgendlink-Blog liest.

Erfolgreich war das Experiment, weil ich mir selbst klar machen konnte, wie hart das fiktive Schreiben ist. Ich meine, bisher habe ich ja nur diesen Künstler-Leichtfuß-Werdegang hinter mir, täglich mich bloggerisch auf die Welt einzulassen. Schreiben, was außen passiert und was es ggf. innen mit einem anstellt. Krudes, beinahe spielerisches Schreiben, das vor allem von Lebenslust und der oppulenten Welt, die einen umgibt, geprägt ist. Nun habe ich die harte Seite des fiktiven Schreibens zu schmecken gekriegt. Es könnte mir gefallen.

Im Buch der Szenen konnte ich zwei Themen isolieren, an denen ich gerne weiter arbeiten würde und die ich mir als nächstes vorknöpfen werde – wenn ich es denn wage, einen weiteren Schreibmonat anzugehen. Erstens den bauesoterischen Büroroman, der die Welt in vertikale, horizontale und cirkulative Sphären zerlegt. Zweitens einen Zukunftsroman der feinen Künste, Science Fiction …

Aber zunächst gilt es, das nächste Jahr irgendwie aufzugleisen. Mit der Crowdfunding-Planung für das Liveblog USA-Projekt hinke ich schon ein paar Schritte hinterher, aber immerhin steht das „Drehbuch“ für den unweigerlich nötigen Imagefilm, den man in das Fundingprojekt einstellen muss.

Auch eine journalistische Idee, die seit langem gärt konnte ich endlich rausjagen – da sie nicht wild im Netz suchmaschinenindiziert werden soll, habe ich ein Passwort darauf gesetzt und sie etwas weiter unten im Blog eingefügt. Die geneigten Leserinnen und Leser des Blogs können sich mit Passwort Lorelei hier umschauen. Für Tipps, wo man solche Projekte im deutschprachigen Raum noch anbieten könnte, bin ich übrigens sehr dankbar, ich Schlangenlinienblogger, ich. :-)

4 Antworten auf „ScheitErfolgReichtum“

  1. Es mag doof klingen, aber ich bin auf alle stolz, auf dich ganz besonders, die den Mut haben/hatten, sich diesem Wagnis, befristet, absehbar, doch konzentriert und zielstrebig an 50’000 Wörtern zu weben. Ich habe es ja gesamthaft viermal mitgemacht, das Novemberschreiben und jedes Mal die Ekstase erlebt, die der Schreibflow immer wieder in mir auszulösen vermag. Hätte ich bloß die Muße, ich würde es ständig tun.
    Doch ist ja nach dem dichten, schrägen, fippthelerreichen Output auch der Feinschliff eine tolle Arbeit. Im ersten Moment kein Vergleich mit dem Rohschreibrausch. Doch wenn man genau hinsieht, ebenso kreativ. Finde ich. Und eben: Ich bin stolz auf alle, die sich diesem Abenteuer ebenfalls aussetzen. Und ich denke jeweils: Ob er oder sie wohl auch das spürt, das Feuer, das ich kenne? Und ob er oder sie mich nun ein wenig besser versteht? Anders als du, finde ich das fiktive Schreiben einfacher, weil ich von mir absehen kann, ohne mich zu verlassen. Denn im Grunde ist jedes Schreiben ein Spiegeln.

    Was ich sagen wollte? Ich bin echt stolz auf dich!

    1. Dankeeee! Rohschreibruasch, welch tolles Wort. Leider muss ich dich enttäuschen. Von Feuer keine Spur. Feuer ist Livebloggen. Dennoch ist auch diese Art Schreiben eine angenehme Arbeit. Aber eben Arbeit.

  2. Künstler-Leichtfuß-Werdegang, sinnvoll, wie wärest du sonst zu dem geworden, den du am Entwickeln-Radfahren-Laufen-Sonstwas bist!
    Im Dunkel der Nacht gehe ich die anempfohlenen Sachen lesen, jetzt werden erstmal paar Grumbeere gekocht!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: