Die WPTFB Brücke – brüchiges Fachwerk der digitalen Selbstvermarktung mit Social Media

Soziale Netzwerke (Social Media) waren noch vor wenigen Jahren bestaunte, unheimliche Gebilde, in denen sich Menschen virtuell austauschen konnten, Freundschaften schließen, Ehen, Gruppen und Vereine, aber auch Geschäfte machen konnten, bis hin zur Selbstvermarktung. Wer kennt nicht Wer kennt Wen, welches gerade, als Facebook über den Atlantik schwappte, insbesondere in Deutschlands Südwesten für einige Monate gehyped war. Flickr, Twitter, Tumblr, Xing und wie sie alle heißen. Businessnetzwerke, Hobbynetzwerke, Marktnetzwerke gibt es heuer von unüberschaubarer Zahl, so dass sich einige schon daran machen, Landkarten von den sozialen Netzen (z.B. hier, mehr Karten per Suchmaschine) zu zeichnen.

Die sozialen Medien heute sind bei weitem kein Anfängersegelrevier mehr. Biskaja Tief 1000 Nordspanien, verstärkend, ost wandernd. Starkwind Nordwest, 4-5, zunehmend. Raue See Temperaturen um +5 Grad.

Selbstvermark(t)ung

Schon von Beginn meiner Online-Publisher-Karriere (nichts anderes ist man doch, wenn man bloggt, oder), dämmerte mir, dass man sich im Netz, wenn man die Vermarktung anstrebt, sich auch vermarken muss, sprich, ein Profil muss her, etwas Markantes eben, ein Alleinstellungsmerkmal. Viele meiner Kolleginnen taten das auch. Vermutlich taten (und tun) wir es alle. Wir machen es unbewusst. Vielleicht ist es ganz natürlich, dass sich aus öffentlichen Wesen Marken entwickeln? Die Selbstvermarkung zu steuern und sie intensiv zu beschleunigen, ist eine neue Disziplin. Eine Wissenschaft. Vielleicht der Studiengang der Zukunft?

Hätte ich bloß von Anfang an mitgeschrieben, wie meine eigene Einstellung zu den vielbeschrienen sozialen Medien ist/war/sich verändert hat! Insgeheim hat sich mein bevorzugtes Blogsystem zu einem mächtigen Instrument gewandelt, ähnlich wie Tumblr und Facebook und Twitter. Von anfänglicher, dynamischer Software, die den Betrieb eines täglichen Journals mit Kommentarfunktion ermöglichen sollte, ist ein eigenes soziales Netzwerk gewachsen mit tausenden von Mitgliedern. Mit Like Knöpfen, Benachrichtigungsfunktion, Statistik, Befreundungsknopf. Noch vor zwei Jahren war ich skeptisch und versprach mir selbst, nie da mitzumachen.War das die klassische Angst vor dem überwältigend scheinenden Unbekannten? Und nun? Auf in neue Gefielde. Mosjö steckt mittendrin. Morgens erst mal bei allen Sozialen Medien anmelden, die Newsreader abfragen, sich auf den Stand der Dinge bringen. Sieht so der Beruf der Zukunft aus?

Das Leben des Kapitalist 2.0 ist ein säußelnder Plauderton, in dem er zwischen kumpelhaftem Gequatsche seinen per Befreundungsmaschine ins Netz gegangenen Kundinnen das neueste Produkt unter die Schädellappen reibt.

Dieses Bild ist das beste, günstigste und Einzigartigste, das Du kaufen kannst. Greif zu, so lange der Vorrat reicht – die ersten zehn kriegen 25 Prozent größer.

Naturwunder bei Dietrichingen
Naturwunder bei Dietrichingen – nur ohne Blätter entfaltet die Eiche ihr spektakuläres Antlitz

Ist es das? Trends erkennen, aufspringen, die Bedürfnisse der Konsumentinnen befriedigen und das Ganze im abgewetzten Mäntelchen der feinen Künste, des Hungerkünstlers, der sich für ein Werbebanner befleckt?
Brückenbauingenieur des digitalen Zeitalters. Verknüpfen kann man die einzelnen Medien ja auch. So ist dieses Blog (WP) per Automatismus mit Twitter (T) verbandelt (die Titelzeile wird automatisch getwittert) und von Twitter spannt sich das Fachwerk der digitalen Selbstvermarktung nach Facebook (FB). Die Dienste wollen verknüpft werden, damit einjede Äußerung, die man im virtuellen Alltagsleben tut, sich auf so vielen Plattformen wie möglich verbreitet. Als schütte man einen Kübel Nachturin aus dem ersten Stock eines mittelalterlichen Bürgerhauses – klatsch! – auf die Hauptstraße.
Krude Morgengedanken. Ja. Mosjö Irgendlink hat sich in den letzten Monaten rasant in Richtung Sozialmedial verändert. Es gibt ja horrend viele soziale Medien. Schier unüberschaubar, so dass es dem Arglosen kaum möglich ist, herauszufinden, was wichtig ist, was für ihn passt, wo er mit dabei sein sollte. Generell kann man sagen, jeder muss sich seinen eigenen Weg durchs soziale Gestrüpp schlagen.

Social Media Mittagsbuffet – für jeden Geschmack etwas

Dichter auf die Dichterplattform, Fotofreaks zu den Fotodiensten, Schatzsucher zu Geocaching und es mischt sich natürlich, weil man ja nicht nur Dichter ist, sondern auch Schätze sucht und auch fotografiert, strickt, auf Pferde wettet oder Briefmarken sammelt.
Bleibt womöglich alles beim Alten? Wie war es früher? Die Menschen haben sich in Vereinen zusammengeschlossen und sich rege über ihre Hobbys ausgetauscht. Und immer gab es auch solche, die den Verein nutzten, um ein kleines Geschäft aufzuziehen. In einem Tauchverein, in dem ich einmal Mitglied war, hatte jemand einen Jacques-Cousteau-Mützen Laden eröffnet. Nach einer Weile besaßen alle Mitglieder eine knallrote, schiffchenartige Wollmütze. Der Markt sättigt sich in den Kreisen der realen Welt allerdings schnell. Im Netz, so glaubt man, ist er unendlich groß und du kannst jeden erreichen. Zu Unrecht. Der sinnvolle Einsatz von Social Media in Kombination mit der eigenen Webpräsenz und den eigenen Projekten ist harte, komplizierte Arbeit, stelle ich immer dann fest, wenn ich orientierungslos durch nichtssagend wüstenähnliche Diskussionsstränge bei Facebook Twitter und Co. wandere. Durstig auf der Suche nach Wasser. Schlagworte sind die Oasen und Wasserlöcher in dieser Savanne – und dieser letzte Satz ist doch fast schon einen Tweet wert :-)

Irgendlink bloggt seit vielen Jahren über Kunst, Reisen, das Bloggen und erforscht neurdings die Welt des Mikrobloggens, des Nano- und Pikto-Publishings, des sozial-medialen Gewusels, sowie das Leben, das Universum und den ganzen Rest.

8 Antworten auf „Die WPTFB Brücke – brüchiges Fachwerk der digitalen Selbstvermarktung mit Social Media“

  1. Ich habe nach zweimaliger Lektüre nicht ganz verstanden, worums geht aber das zu tun war ja noch nie ein Merkmal von Gutfinden, hier auch nicht und das „Brückenbauingenieur des digitalen Zeitalters.“, finde ich besonders schön.

    1. Es handelt sich um ein technisches Experiment, bei dem ich versuche, die Bloginhalte automatisch auch zu twittern und bei Facebook zu zeigen. Keine Ahnung, wie sinnvoll das ist. Ich bin gar kein Freund der Social media. Das ist mir zu hektisch, verwirrend und zu Nichtssagend. Vielleicht spielt auch ein Bisschen die Angst, sich unter den Vielen aufzulösen mit. Die Brücke führt von diesem Blog, also von den Artikeln und Bildern zu Twitter. Automatisch wird der Artikeltitel getwittert und das erste Bild. Twitter widerum verorgt Facebook mit dem Inhalt. Was will ich damit erreichen? Ziel ist, die nächste Livereise (siehe Projekte/Ums Meer in der Kopfleiste) etwas besser bekannt zu machen. Deshalb ist es nötig, dass die Bloginhalte automatisch ohne mein Zutun getwittert und gefacebookt werden, um das Potential an Interessierten dort auszuschöpfen und neue LeserInnen zu finden.
      Obendrein möchte ich, dass der Twittertext, stets so markant ist, dass er als Anriss und Lust auf Weiterlesen taugt. Schlagwortschreibenlernen sozusagen.
      Natürlich ist die Liste der Social Media individuell – es gibt, wie die Landkarte zeigt, ja hunderte davon. Ich liebäugele noch mit Wer kennt wen als weiteren Brückenpfeiler, welches mit meiner Altersklasse besser übereinstimmt.

  2. selbstverMARK(e)ung plus selbstverMARKTung – mal schauen, wo uns das hinführt. jedeR ist seine/ihre eigene marke – ja, schon – und doch: ich will mehr sein als meine eigene marke und auch nicht über dies und das und jenes definiert werden. manchmal macht mich diese detaillisierung, professionalisierung und spezialisierung richtig angst. weil wir ja doch nie in nur eine schublade passen. okay, dafür gibts eben die vernetzung (und was ist eigentlich mit denen, die weder internet noch schublade haben?).

    ja, gut und schön … nur … hm … wo sind die freien plätze? wo ist es noch wild und ungezähmt? habe ich selbst überhaupt noch solche räume in mir oder ist auch in mir alles schon verlinkt?

    das ganze, wie du es tust, als experiment, als forschungsgebiet zu betrachten ist eins – und das finde ich auch spannend und herausfordernd –, doch was ist mit all jenen menschen, die ausschliesslich in dieser virtuellen welt ihr soziales leben pflegen, wenn eines tages der strom ausgeht?

    1. Vielleicht muss man es einfach als Phänomen sehen, wie sich die virtuelle Welt entwickelt und dabei Hand in hand geht mit der materiellen. Als Kind der Sechziger erfahre ich am eigenen Leib, wie die Computerwelt entstanden ist und wie rasant sie sich entwickelt. Auffällig ist, dass sie von Anfang an parallel zur Geldwelt geklettert ist, dass es also einen Zusammenhang gibt. Und dass von Anfang an auch das freiwillige Moment existierte und gewachsen ist, sprich weg vom Geld, Open Source, Freeware, ehrenamtliches Bloggen, Bilder, Musik, Viedo for free. und Commonlizensiert. Dass wir in einer Spirale gefangen sind, einer Art Wettlauf ums Überleben und deshalb besser, schneller, klüger, reicher sein müssen, ist klar. Ein Phänomen. Und was die Zukunft ohne Strom angeht: die kommt bestimmt irgendwann, aber warum sollte man sich darüber sSorgen machen? Der Mensch ist auch nur ein Tier, das irgendwann ausstirbt. Wenn man ihn /bzw. das Phänomen aus universeller Sicht betrachtet, handelt es sich einfach nur um einen natürlichen Vorgang im Lauf der Unendlichkeit.

      1. ich mag deine art, vom komplexen zurück ins enfache zu finden.

        und ja, ich grüble oft zu viel.

        den segen der virtuellen welt – opensources und freies wissen – genieße ich sehr. so anders, eben SO, könnte die welt sein!

        go on, du forschender!

  3. (Ja, Twitter läuft bei mir auch mit, nicht aber FB.)

    Du nennst da zwei Punkte, die schon jeder Internetneuling und jeder „Geschäfts“-Neuling auswendig hersagen können müßte: Auch das Netz ist nicht unendlich. Und: Das Geschäft muß erstmal gemacht sein.

    Bei aller Freude, die ich an diesem Internet (nicht nur am www) habe, es ist nur ein Vehikel, bei dem die Bedienelemente an völlig anderen Stellen sind als an allen anderen, mir schon vertrauteren Vehikeln. Da ist Dein Umgang mit dem Ding sicher ein anderer als mein Umgang und wenn wir uns beide benehmen, können wir gleichzeitig damit herumspielen ;-) und sogar gemeinsam. Das ist einer der Vorzüge …

  4. 27.07.2021
    Hallo früherer Kunstvereinskollege Jürgen,
    da hättest du mich ja in Bad Homburg besuchen können, wo ich seit 7 Jahren lebe. Leider ohne Kunstverein, der ist hier zu teuer für mich arme Rentnerin!
    Meine Bilder stehen zum Teil im Saarland und vergammeln, weil mein Mann kein Geld für Heizöl hat, zum Teil hier in meinem engen und verwinkelten Keller. Keine Möglichkeit für Ausstellungen. Bad Homburg quillt über von Künstlern!!!
    Grüß alle die mich noch kennen.
    Gerel Calow-Demerath (genannt Gerelca)

    1. Ach wie nah! Ich war bestimmt nicht zum letzten Mal in Bad Homburg und nächstes Mal mit mehr Zeit, melde ich mich vorher für ein kleines Künstlerinnentreffen.

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