Schulaus in Halanzy. Besser gesagt Kindergartenaus. Gerade habe ich mich vor dem Kriegerdenkmal bei der Bibliothek niedergelassen, kalt ist der Stein, spuckt das Gebäude etwa vierig aufgedrehte, quengelnde Kinder aus, die sich am Geländer einer Treppe hochhangeln, einander verabschieden, necken, schimpfen manchmal. Väter tragen übermüde Kleine auf dem Arm nach Hause. Mütter stehen schnatternd in der Sonne. Gegenstände fliegen durch die Luft. Ein Mädchen versucht meine Aufmerksamkeit zu erlangen, indem es halsbrecherisch ein Treppengeländer runter rutscht. Ich lächle. Ein kleiner Autist geht ängstlich an der Hand seiner kaum 14jährigen Schwester. Menschenschicksale soweit das Auge reicht. Ich beobachte gesellschaftliches Gewebe in Südbelgien. Fast wie ein verrückter Forscher.
Eigentlich wollte ich an dem Artikel „Luxembourg le Raëtsel“ schreiben, der mir seit Petange im Sinn ist. Aber bei dem Gezeter ist nur ein Mitdiktat des gelebten Lebens möglich. Wieder komme ich in die Bredouille der Live-Blog-Literatur: wenn ich diese schnell gehackten Zeilen vor Bibliothek und Kindergarten Halanzy nun poste, ist „Luxembourg le Raëtsel“ dann nicht ein chronologischer Riegel vorgeschoben? Oder macht das womöglich gar nichts, ist eben eine Eigenart dieses noch jungen Literaturgenres (ebenso wie die Touchscreen typischen Fipptehler)?
Seis drum, Herr Irgendlink, KiBmiB, wie die Hauptstadtethnologin mich in einem Kommentar genannt hat, seisdrum, hau’s raus das Ding.
Heut fahr ich wohl nur bis Virton. Die N88 ist recht stark befahren, aber breit. Bis Sedan wären es bald 100 km. Und es gibt ja so viel zu fotografieren in diesem offenbar im Umbau befindlichen Belgien.
du radelst schneller als ich lesen kann >:)
Ja, Barbara, ich muss den Takt noch finden. Rein körperlich hat sichs gut eingependelt. Nun muss ich noch den Blogtakt finden. Zu viel ist auch nicht gut. Ist wie beim Feuer machen. Zu viel Holz erstickt es aber was will ich machen? Gib einem Künstler Zeit fürs Kunstschaffen und was macht er? Kunstschaffen! Manchmal frag ich mich, ob diese vermaledeiten Brotjobs, die wir Nonames ausüben, nicht wichtig sind, um die Flut an Kunst einzudämmen, die wir sonst schaffen würden. Ein Tag auf dieser Reise bringt so viel gute Kunst wie sonst ein Monat.