Endlich die große Ebene überwunden. Seit zwei Stunden stetig bergan, Astorga hinter mir. Zunächst leicht befahrene Landstraße, später auf schmalem Pilgerfeldweg. Die gestrige Etappe steckt mir noch in den Knochen. Der Tag war sowohl geistig, als auch körperlich anregend.
Gegen Dämmerung erreiche ich Astorga. In der Pilgerherberge hat ein deutscher Hospitalero vier Uhren aufgehängt, die allesamt beharrlich tickend die Camino-Weltzeiten der nächsten Etappenorte zeigen: Astorga 18:15, Rabanal 18:15 und so weiter. Zusammen mit dem brasilianischen Radpilger Joáo werde ich ins Zimmer ‚Eunate‘ einquartiert. Dort liegt schon erschöpft unterm Bett Thomas‘ Hund Sardi. Auch Martina, die beiden Roses, Chaeuk sind da – mittlerweile erkenne ich ihre Ausrüstung.
Weil ich so spät bin wird der Abend ein Pilgerspießrutenlauf: Einkaufen, Geld ziehen, Münzen wechseln fürs Telefon und drei verhärmte Bettler, Duschen, Socken waschen, punkt halb Neun im Guide Michelin Restaurant La Peseta, wo sich das gesamte Happy Pilgrim Family Zimmer an einem runden Tisch zusammen findet, um die regionale Spezialität ‚Cocido Maragato‘ zu genießen. Nicht gerade billig, aber ein touristisches Muss.
Später lichten wir unsere von drei vier Flaschen Rioja schweren Köpfe in einer Internetkamera, die in der Albergue steht, ab. Die Bilder sollten umter http://pilgrimportrait.com/ zu finden sein.
Morgens um halb Acht forciertes Aufstehen. Eigentlich will ich gemütlich in der Alberguenküche Kaffee kochen, rumhängen und wach werden, aber Martina, frómistageschädigt wie ich, mahnt, dass wir um Acht das Zimmer räumen müssen.
Ich merke, die Pilgergeschwindigkeit zieht in vielerlei Hinsicht an. Es ist, als gerate man in den Sog eines alles verderbenden Strudels, dessen dunkles Auge Santiago ist. Ich habe alle Hände voll zu tun, dem mit auferlegten Pausen entgegen zu wirken. Es tut guz, jetzt in dieser Bar in Santa Catalina zu sitzen und diese Zeilen zu schreiben. Schon gestern habe ich eine Art Vielpausentechnik erprobt, um die aufkoemde Pilgerendzeithektik zu dimmen.
Etwa 6 km vor Astorga in den Bergen stoppte mich David vor seiner ‚Casa de los Dioses‘ (Webrecherche) und machte mich mit ruhigen Worten auf die Wichtigkeit des Innehaltens aufmerksam.
Doch das ist eine andere Geschichte, die ich in einem ruhigen Moment rekonstruieren möchte. Auch Franks Frage, was uns PilgerInnenspinnerInnen antreibt, werde ich einmal in Ruhe beantworten. Zu behaupten, es sei die Eigendynamik des Lemmingetums, wäre zu selbstironisch :-)
danke fürs bild :-)
ja, mach pausen, nimm dir deine zeit. ich bin froh, dass es dir soweit gut geht … in santa catalina hat alice neulich geschlafen.
habs gut, buen camino y hasta luego!
Hihihi … hab das Bild auf Anhieb gefunden ohne nähere Kenntnisse deinerselbst.
Na ja, der Name sagte mir schon was …
Weiterhin frohes Pilgern und bloggen!
Ich wandere in Gedanken mit und muss zugeben, dieses „Halt drauf, es ist nicht mehr weit“ hat mich auch erfasst.
Vielleicht hilft ja ein lautes „Ooooooommmmmmm“?
Bin gespannt, ob es dir gelint, Franks Frage zu beantworten.
Bist leicht zu finden auf dem Bild. Du siehst müde aus, naja, kann auch der Wein sein, oder?