24. April anno 2000. Langsam aber sicher schüttele ich den Alltag ab, verlasse mein herkömmliches, gut getaktetes Leben und der Reisealltag, das Regelwerk des Vorankommens, übernimmt die Regie über mein Leben. Oder übernehme ich selbst die Regie? Uhrzeiten sind bedeutungslos. Allenfalls muss ich mich ihnen unterwerfen, wenn ich Reiseproviant einkaufen will. Ich stelle fest, das Leben ist nur eine Kombination verschiedener Gewohnheiten. Gewohnheiten sind hartnäckig, nützlich auch manchmal, deshalb folgt man ihnen auch so gerne. Sie erleichtern das Leben. Machen einen sorglos, auch wenn sie einem manchmal zur Last fallen, einengen und langweilen. Nun habe ich den Reisealltag. Ich lebe in einem länglichen Ort. Mein Wohnzimmer ist das graue Band, das niemals endet. Irgendwo in einem steilen Anstieg überhole ich einen dreitagebärtigen, wenig bepackten Radler. Halbverdurstet, also schenke ich ihm den Rest meines Wassers. Er sei Pilger, auf dem Weg nach Santiago, Kunstmaler sei er und wundere sich über diese Pilgerwelt, in der man ihn so ganz und gar nicht auf Händen trägt, er sich alles selbst erkämpfen muss, in Bettler-Unterkünften schlafen muss oder in 100 DM-teuren Hotels.
Tagebuchseite vom 23.4.2000 > durch Draufklick vergrößern
Tag 9 -> Feurs bis Prats de Mars bei Vorey
Was sich manche Leut unter pilgern vorstellen tzz.
Wunderbare Bilder Jürgen, heute wie damals, danke.