Mitten in einem PlusPlusText hängend mich etwas mit Bloggen ablenken. Kurz vor 12. Noch eine Stunde, dann beginnt der finale Lauf zur Kleinkunst. Letzter Tag. Gestern fiel die übliche Horde Fernsehleute über die Stadthalle her, installierte Traversen und Licht, entfernte Werbebanner. Gut 30 Menschen, eine alte römische Kohorte, wuselten durchs Haus und verbreiteten operative Hektik. Vorm Restaurant in der Stadthalle war ein Mann zusammengebrochen, Rettungsdienst, Blaulicht. Ich schlenderte auf Dientgang vorbei, suchte Frau M. vom regionalen Fernsehsender, damit sie mir als Ansprechpartner die Hölle heiß machen kann. Tat sie nicht. Nette Frau M. Der Mann lag nackten Oberkörpers auf dem Pflaster und ein Sanitäter knetete das stillstehende Herz. Für einen Moment wurde mir klar, wie seiden der Faden ist, an dem auch mein Leben hängt. Auf den stählernen Bänken unter den uralten Bäumen neben dem Restaurant saßen zwei zerlumpte Gestalten und starrten in seichte Sonne. Ein lauer Wind wehte von Nordost, ungewöhnlich lau wie ich fand, aber das gönnte ich den Gestalten. Wie Hitchcocks Vögel würden es vielleicht immer mehr werden. Am Anfang, also am gestrigen Tag, würde niemand etwas bemerken, aber im Laufe der Geschichte, die noch geschrieben werden muss über den beschaulichen Marktplatz im kleinen Städtchen S., würden nach und nach die Bettler das Regiment übernehmen, eine unschlagbare Armee geballten Scheiterns und in alkoholische Larmoyanz Verfallens.

Die Trüben Gedanken, die mich befielen, als ich neben dem Sterbenden stand und bei seiner Wiederbelebung zuschaute, verflogen, als ich Frau M. traf und wir den Ablaufplan für die heutige Fernsehaufzeichnung besprachen. Nun pulst das Leben und das Herz schlägt schnell aber stabil. Der Zusammengebrochene, sei ein Ortsvorsteher gewesen, flüsterte jemand. Der Rettungswagen fuhr mit Blaulicht davon, was kein schlechtes Zeichen ist.

Im Amt ohne Wiederkehr gingen im Minutentakt Anfragen ein für Eintrittskarten am heutigen Freitag. Aber die Veranstaltung ist seit Wochen ausverkauft. Da nützt es auch nichts, wichtig zu sein oder ein Ortsvorsteher oder der Freund eines Freunds eines Freunds …

++Zittrig erwacht am heutigen Morgen. Mir ist nach Herzstillstand. Die Hände wollen nicht, was ich will. Widerwillig führen sie die Kaffeetasse zum Mund. Hirn glaubt, etwas vergessen zu haben, bloß was? Im Kopf eine Hochstressmarke für 18:30 Uhr gesetzt. Das ist der Moment am heutigen Veranstaltungsabend, an dem für mich und Journalist F. der größte Stress besteht. Dann müssen wir nämlich auf diplomatische Art ein paar Sitzplatzprobleme für die Misters und Mistresses Oberwichtig in der viel zu kurzen ersten Reihe lösen. Die beiden Hausmeister der Stadthalle, welche Journalist F. seit Tagen gezielt bauchpinselt, weigern sich noch immer ein paar Extrastühle aus dem Hut zu zaubern und sie irgendwo da vorne direkt vor der Bühne aufzustellen. Vehement berufen sie sich auf die geänderten Hallenvorschriften und das Fernsehen braucht genau 1.23 Meter Raum, um mit der Kamera durch die Stuhlblöcke zu driften.

++Oh Herr, verlängere bitte nicht meinen Arbeitsvertrag im vermaledeiten Amt ohne Wiedertkehr, auf Knien will ich vom einsamen Gehöft bis zum Jakobusgrab pilgern …

++Oder tackern bis an mein bitteres Ende

++Dennoch hat Herr Irgendlink alles in die Wege geleitet, falls am nächsten Freitag, seinem letzten Arbeitstag, der werte Oberbürgermeister ihn einen zweiten Amtseid schwören lässt … kaufe Auto Haus, Frau und Kind und werde endlich in Echt echt.

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