Gestern noch einen Kommentar bei Engelbert geschrieben zum Thema Sport allgemein, Schulsport im Besonderen. „Schulsport ist Erstkontakt mit der Leistungsgesellschaft“ schrieb ich. Dafür gabs denn einen Direktlink in mein Blog, was mir nun wieder mit den Statistiken zu schaffen macht. Engelberts Peak nenne ich das. Ein Link von Engelbert treibt nunmal die Statistiken von Ottonormalblogger in immense Höhen und man sieht sich dann an einem Abend mit dem Quantum an Reinguckern und -guckerinnen konfrontiert, die man normalerweise pro Woche oder Monat verzeichnet.
Im Schulsport hat man sich ja grundsätzlich mächtig angestrengt, weil man nicht schlechter sein wollte als die Anderen oder wenigstens nicht der Schlechteste. Diese seltsame menschliche Reaktion setzt sich ein Leben lang fort und wird erst am Grab enden. Dann hat man seine Ruhe.
Oft denke ich, wie es wohl wäre, wenn man sich statt der Beste sein zu wollen, schon gleich in der ersten Sportstunde zum Ziel gesetzt hätte, der Schlechteste zu werden, wenn man früh gelernt hätte, mit der Demütigung zurecht zu kommen, nur einer von Vielen zu sein und nur ganz ganz selten auch mal in einer Disziplin der Beste. Was man sich Mühen gespart hätte. Herausgekotzte Lungen beim 1000 Meter Lauf etwa. Hochroter Kopf, wenn man als letzter in die Mannschaft gewählt wurde.
Oder neuerdings: ein Blog zu führen, das niemand liest (ich bin ein fanatischer Vertreter der Meinung, dass es Weblogs um ihrer Selbst willen geben muss und nicht, weil viele sie lesen. Ein Blog, das nur von einem einzigen Menschen gelesen wird, ist es wert, geschrieben zu werden) … jaja, aber gerade das Statistikding macht mir Kopfzerbrechen. Je mehr dich lesen, desto mehr bist du versucht zu schreiben (die Leistungsratte dreht sich im Kreis und beißt sich in den Schwanz). Man könnte sagen, okay, Leistung bringt die Menschheit voran, macht Raumfähren, Medizin und Elektroherde). Aber könnte einen nicht auch der Müßiggang voranbringen? Sollte man nicht besser mal hie und da versagen, sich versagen, um ein gesundes Maß dafür zu gewinnen, dass man sich nicht überanstrengt. WozuWozuWozu? Diese kindischen Scheinwerte wie Siegerurkunden und gute Noten damals in der Schule, sie sind allgegenwärtig im richtigen Leben noch da. Für Orden haben sie sich in den Weltkriegen abknallen lassen und schlimme Dinge getan, diese Kinder. Für vielfältige Scheinwerte kämpfen wir im Berufsleben und tun Dinge, die wir niemals tun würden (kaufen uns Autos und Motorräder, die wir nur brauchen, um unser Selbst/Siegerbewusstsein aufzupäppeln) – das würden wir nicht tun, wenn wir den Leistungsgedanken nicht schon sehr früh verinnerlicht hätten.
Und das sagt Euch einer, der die 100 Meter in 11.6 gerannt ist, ein Gimpel, ein Naivling, ein Quotenrenner …
„Ich will meine Ruhe“, sollte man die Kinder lehren, „ich will letzter sein“ oder noch besser, „ich will irgendwer sein und ich will nicht gewertet werden. Lasst mich in Ruhe ichen!“
Gleichgültig, wo man hinschaut in die Bloggerwelt oder auf Text-Plattformen – meist gelesen, meist kommentiert, best bewertet – 5 Sterne, Ihre Statistik, Ihr Ranking …
Dieses System mischt sich in mein Schreiben, indem es fordert: Schreibe es anders auf, es schadet deinem Ranking. – Ignorieren? Leider ist auch das eine Form der Beachtung.
Das denke ich ähnlich, es ist, als ob die Menschen geimpft wären, und sich immer versuchten, anderen gegenüber in ein besseres Licht zu setzen. Das wäre ja nicht weiter so schlimm, aber in manchen Köpfen passieren irre Sachen, wenn gar nüscht mehr jeht. Ick will nicht von Amok oder so reden.
jaaa, so was habe ich jetzt gebraucht, denn auch ferienreisen können zu leistungsausweisen werden:
was hast du denn in schweden alles „gemacht“? warst du da? warst du dort?
sage ich, „ich habe den nachmittag lesend im park verbracht!“, tönt das einfach nicht gleich kuhl wie „ich habe diese oder jene tour gemacht!“
ha … so werde ich jetzt also ein bisschen rum-ich-en und mich auf die faule haut legen.
grüsse aus lidköping! ;-)
Im Schulsport ist der einzig mögliche Weg, Ehrgeiz und Verweigerung zu verbinden: Stets der VORletzte sein wollen. Das ist Feinarbeit! Bei den Bundesjugendspielen kann man dann wirklich zeigen, was man gelernt hat.
Soll ich mich nu melden oder nicht? Aus so nem Blog, das nur wenig Besucher zu verzeichnen hat und dennoch schön gemächlich weiter vor sich hintuckert?
Der Engelbert kennt mich auch und hat mich wieder aus der Blogroll entfernt…Vielleicht findet er, dass meine Beiträge allzu langsam tropfen ;-)
Ich habe aber nie den Anspruch erhoben, viel gelesen werden zu wollen. Möchte einfach gelegentlich aus meiner Ecke blinken, damit die Welt nicht ganz vergisst, dass ich (auch noch mit 60+)da bin und meine ganz persönlichen Erfahrungen sammle, welche gerne von Zeit zu Zeit auf Gedankenreisen gehn, die Köpfe wechseln möchten, wie es Flöhe gerne tun ^^.
Mehr nicht.
was für ein schöner Text. Ja, auch damals lohnte es sich schon, dein Fan zu sein. da kann ich nur sagen weiter machen! Dabei sein ist alles mitten drin, damit man nicht verloren geht.
und wie war das die ersten werden die letzten sein?! Oder war es umgekehrt? Wo ist der Anfang des Kreises… Ach je, ich schweife ab.
an dieser Stelle sendet dir eine, die auch nur für sich alleine schreibt, die allerherzlichsten Grüße.
vom Anfang, vom Ende, oder mitten aus der Mitte… Wer weiß das schon, wer weiß das schon