Die böse Stimme aus dem Off

„Herr Irgendlink, haben sie noch irgendwas von Wert für ihre Leser?“

Diese bohrende Stimme aus dem Off.

„Öhmm,“ druckse ich herum, „nuja, liege auf der Südterrasse und schaue den Wolken beim Quellen zu. Mann, geht’s da ab! Haushohe Dinger, die sich wie unheimliche Monster zum Zu-Tode-fürchten über dich beugen und von Norden oder Osten wälzt Donner über das Land. Au warte. Mir kann das alles nix anhaben, weil ja Blitzableiter auf dem alten Scheunendach sind und ich, wenn es so richtig kracht, mich im alten Silo verkrieche, welcher ringsum mit Stahlbeton versiegelt ist, der perfekte Faraday’sche Käfig.“

„Tatata, nu mal langsam,“ befiehlt die Stimme aus dem Off, „nicht so euphorisch, nicht so privat, und hör‘ endlich auf über das Wetter zu labern. Gib denen mal wieder etwas von gesellschaftlicher Relevanz. Seit drei Tagen herrscht Schweigen in diesem Blog. Sag‘ mal was über den Sinn des Lebens oder über die Art und Weise, wie man sich selbst freischaufelt, um sich für immer wohl zu fühlen.“

„Öhmmm??“

„Na, die Sache mit dem Sterben und dass Menschen ab 40, so wie du, nix mehr taugen, weil sie sich selbst überlebt haben, weil sie eigentlich schon längst tot sein müssten und weil ihnen das, insbesondere dir selbst, eine Menge Schmerzen ersparen würde.“

„Ach daaas. War doch nur komisches Gedenke. Hab ich mal eben aus dem Kopf gekramt, als Idee, um sie zu prüfen, zu verwerfen, mich in den Liegestuhl zurück zu lehnen, tief einzuatmen, den wuchtigen Wolken beim Quellen zu zuschauen. Mann, sind das Dinger, ich finde …“

„Nu lenke nicht ab, wir sind doch hier nicht im Wetterblog …“

„Bäah, böse Stimme aus dem Off, sei endlich still,“ platzt mir da der Kragen, „wir sind in der Art Blog, die ich gerade daraus forme, und wenn es in diesem Artikel über das Wetter – Mann, was für geile Gewitterwolken – geht und böse Stimmen aus dem Off, die einem zu tiefgründigen Geschwafel verleiten wollen, dann ist dies heute und jetzt ein Wetter- und Böse-Stimmen-aus-dem-Off-Weblog. Schließlich bin ich derjenige, der das alles auch noch aufschreiben muss, also lass mich. Basta.“

Da schweigt endlich diese Stimme. Ich prüfe das lederne Notizbuch auf neue, tiefgründige Einträge. Vielleicht kann ich der Stimme doch noch gerecht werden; Fehlanzeige, der letzte Beitrag vor einer Woche, kaum leserlich, gibt nicht viel her. Durchforste mein Hirn. Stille. Nichts.

Bleibt mir nur eins, ich muss über diese unglaublich quellenden Riesenwolken schreiben und wie Vögel mit roten Federn am Hals darunter fliegen, sowie die Sehnsucht der Katze, endlich fliegen zu können und den fetten Maikäfer und blaaa-blabla-blaaa …

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