Das ist zwar intim, aber ich kann es trotzdem notieren. Schließlich bin auch ich nicht vor Demenz gefeit.

Wann sind diese Menschen in dein Leben getreten?

  • QQlka ca. 1990 in einem Studentenwohnheim in Mainz. Noch immer mein bester Freund.
  • Journalist F. 2001 im August oder September in meinem Atelier. Ich war aufgeregt, denn er sollte mich interviewen. Den Tag kann ich, besser er, anhand des Artikels, den er schrieb, genau herausfinden. Nachmittags. Auch mein bester Freund.
  • Seeman S. auf der Fähre Hanstholm (DK) – Seydisfjördur (Island) im Juli 1992, dito bester Freund.
  • Leb, der große Leb, auch mein bester Freund, 24. Januar 1991 während Golfkrieg 1 in einer verwirkten Nacht mit vier korrupten Rumänen in der Jugendherberge Sete (Südfrankreich). Mein Gott, was hat es geregnet und wir radelten noch zwei Wochen bis nach Calpe, Spanien.
  • Die tolle T.: 1. November 1999, abends, ich war unglücklich verliebt in eine Andere und sie trank mit einem hageren Kerl am Tresen einer Spelunke in der Landeshauptstadt S. des kleinen Bundeslandes S.
  • Luc, göttlicher Luc aus Mecklenburg, bester Freund natürellement: vor einer Telefonzelle in Goldberg im September 1992 auf dem Rückweg aus Island. Er lud mich in sein Haus und spielte mir Platten von Lou Reed und Velvet Underground und wir tranken Lübzer Pils.
  • Kleine Insel Tatjana im Meer der Liebe: auf einem Sommerfest in Mainz etwa 1996. Sie schrieb mir ihre Telefonnummer aufs Bein. Wir trennten uns auf dem Mainzer Bischhofsplatz auf einer kalten eisernen Bank ein Jahr später und ich habe sie seitdem nie wieder gesehen.
  • Verdorbene K.: bei einem Besäufnis in der verruchtesten WG der Stadt O. am Rhein, wo wir letztlich knutschend auf dem Küchenfußboden landeten, das war 1994, zwei Jahre später trennten wir uns am Fluss.
  • Kokolores, göttliche Kokolores, nachmittags am 1. April 2005. Im Straßengraben lag alle zehn Meter eine Schnapsflasche. Wir wunderten uns, saßen zum Abschied auf der Pritsche ihres Autos und trennten uns an der Feuerstelle des einsamen Gehöfts während einer Europameisterschaft.
  • Kollege T.: da wirds nebulös. Es war jene wilde Zeit ca. 1999.
  • Ebenda und zu selbiger Zeit lernte ich Don Hirtho kennen, der im Sommer 2002 mal auf dem einsamen Gehöft gelebt hat. Wir schürten Feuer aus Europaletten und alle Nächte waren gute Feste.
  • Owner: 17. Mai 2008 – ich tackterte einen Stehtisch vom Feínsten, obwohl ich das damals noch nicht annähernd so gut konnte, wie jetzt und er lobte dies, bis er merkte, dass ich den falschen Bezug darauf befestigt hatte.
  • Marc Kuhn, Col-Art-Künstler: 2001 am ersten Tag der Mainzer Minipressenmesse. Er nächtigte in QQlkas WG, genau wie ich.
  • Die Hauptstadtethnologin: da muss ich mich mit QQlka abstimmen, denn sie ist irgendwann ca. 1999 in seine WG eingezogen und da haben wir uns in der Küche erstmals getroffen.
  • Frau Unentwegt (siehe Linkliste): bei einem Besuch in Berlin ca. 2003. Besser kennen gelernt habe ich sie, als sie Ferien auf dem Bloggerhof machte, ein Jahr später hier bei mir.
  • Schockwellenreiter: 19. Januar 2004 oder 2003, 20:30. Ich schrieb ihn über sein Blog an, ob wir uns in Berlin treffen könnten und er sagte ja. Schöner Abend in Neukölln.

Wann habe ich eigentlich meinen Vater kennen gelernt, meine Mutter, meine Schwester, meine längst toten Großeltern? Es ist zum Heulen, wie nebulös alles verschwindet in dieser Welt und wie man sich Jahr um Jahr an weniger erinnert. Umso erstaunlicher ist es, dass man sich präzise an gewisse Dinge trotzdem erinnert und sie in der Zeit verankern kann. Den Vater und die Mutter (insbesondere) kennenzulernen, ist ja bei der Geburt, aber daran erinnere ich mich nicht. Vor 1990 gibt es keine präzisen Erinnerungen für mich. Vor 2002 weiß ich nicht mehr viel, am Besten die Dinge, die mit Schmerz verhaftet sind. Nächstes Jahr werde ich nicht wissen, was 2003 passiert ist und so weiter. Ich kann nur sieben Jahre wissen. Seit 2001 gibt es dieses Buch. Zum Glück. Ihr, die Ihr dies lest und dazu gehört als Freunde und Bekannte, ich werde Euch irgendwann vergessen haben, wenn Ihr nicht mehr mit mir seid. Genau wie meine über sieben Jahre toten Großeltern und die schroffe Insel Tatjana im Atlantik der Liebe.

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