Alles geht den Bach runter. Die Waldorfs und Stattlers in unseren Reihen zerreißen sich die Mäuler: diese oder jene Firma geht insolvent, wir haben immer davor gewarnt. Konkret unken sie auch, das diesjährige Jazzfest im Nachbarstädchen S. sei wohl das letzte. Danach ziehe die Jazzkaravane weiter zur nächsten Oase (sprich, man schaut sich nach alternativen Veranstaltungsorten um).
Die Stimmung am gestrigen Tag war, obwohl die Besucherzahl stimmte, nicht gerade prickelnd. Der Staff, Techniker, RotKreuz, Feuerwehr und Fernsehen versuchte für einen Moment, in Generalstreik zu treten, weil der neue Organisator ihnen den Zugang zum Büffet verwehrte. Ich schrieb ein paar Artikel zuvor, dass Mitarbeitertreue durch den Magen geht und dass man den Menschen nur ein Schnitzel geben muss, damit sie alles für einen tun. Versäumt man diese Geste, rebellieren sie.
Im vorliegenden Fall bedeutet dies: Dienst nach Vorschrift, sowie ein zwangloses Lynchangebot, welches mich, als direkten Untergebenen des Organisators beinahe den Kopf gekostet hätte. Alleine meine Charmanz und Redekunst haben mich gerettet.
Das Jazzfest findet in einem alten Lokschuppen statt. Die Akustik ist nicht prickelnd. Der Ort wird seit über einem Jahr umgebaut. Bis Gestern, zehn Uhr früh, herrschte noch reger Baubetrieb an Toiletten, Backstageräumen, Treppen. Nachmittags verhüllte eine Staubwolke die Halle. Während des Soundchecks kehrten fleißige Lehrlinge den Baustaub bei Seite und gegen Dunkelheit versuchten sie verzweifelt, das Licht auf den Besuchertoiletten zu reparieren. Die Feuerwehr drohte den Laden zu schließen – offiziell, weil keine Feuerlöscher aufgestellt waren, tatsächlich aber, weil man ihnen den Zugang zum Büffet verwehrte. Es handelt sich um uraltes Gewohnheitsrecht, um das man die Mitarbeiter, um des lieben Sparens willen, prellte.
Ich für meine Person hatte alle Mühe, den Musikern den Weg in den Backstageraum zu zeigen. Der versteckt sich nämlich hinter unzähligen Windungen, durch Staub und Dreck, vorbei an Stolperfallen, wackeligen, notdürftig aus Brettern gezimmerten Treppengeländern, ignorierend die gähnende Tiefe eines nicht eingebauten Aufzugs – ein Spießrutenlauf, wie er im Dschungelcamp nicht besser organisiert sein könnte.
Das ist das grausame Jazzlabyrinth. Heute gilt es eine Bigband in einer eiskalten Garderobe von 15 qm Größe unterzubringen. Das wird ein Spaß!
Ich muss los jetzt. Morgen gibt es Fotos.