anfang (Bild, Link entfernt 2016-11-26)
Und also schrieb ich in mein Tagebuch
19. 4. 00, Dijon Talant
Die Rue de Mayance ist eine hässliche Industriestraße. Sie ist nach Dijons Partnerstadt Mainz benannt und ähnelt der Mombacher Straße dort. Nur der ewige Duft industriell gerösteten Kaffees fehlt. Wenn man hier nach dem Weg fragt, wird man ignoriert wie der Punkt in einer prämathematischen Welt. Eine Dame mit Hündchen starrte konsequent in die Luft, bis ich schließlich so laut mit ihr redete, dass es schon fast ein Schreien war. Ich muss wohl nicht sehr vertrauenerweckend gewirkt haben. Vorhin im Gewimmel der großen Straße wurde mir bewusst, wie skurril meine Erscheinung doch sein mochte. Ein schweißriechender vollbepackter Radler, der mit fremdem Akzent spricht, in einer Gegend, die man am Besten nur mit dem Auto durchquert.
Dann die Kreditkarten weg. Vorm Bankautomat sämtliche Taschen durchwühlt. Keine Ahnung, ob ich sie zu Hause auf dem Boden habe liegen lassen, oder unterwegs, vielleicht in Bayon auf dem Campingplatz, verloren habe? Somit auch keine Ahnung, wieviel bzw. ob überhaupt noch Geld auf dem Konto ist. Vielleicht wurde es geplündert? Mit einem Schlag zum Penner mutiert.
Nun hier auf dem Campingplatz am Lac de Kir. Meine Vermutung scheint sich zu bestätigen: ein Radweg führt entlang des Canal de Bourgogne, welcher direkt hier am Lac de Kir zu beginnen scheint.
Trotzdem keine große Lust, weiter zu fahren. Mein Geld könnte gerade noch reichen, um, in allen Genüssen schwelgend, die man sich als Reisender nur vorzustellen vermag, zurück zu radeln. Mit dem Zug wäre ich noch heute Abend wieder zu Hause. Was kommt heute im Fernsehen?
Ich muss nachdenken.
Ich muss telefonieren.