Und also schrieb ich in mein Tagebuch.
Schlaflos im Zelt, 0.45 Uhr, Mittwoch, 19. April 2000, Dieses Montigny! So still. Das ist paradox, dass ich hier nicht schlafen kann. Ich bin aufgeregt. Herz rast. Es ist, als ob die Offensichtlichkeit, hier ist es ruhig, hier kannst du ruhen wie eine zenistische Kraft genau das Gegenteil ihrer eigenen Forderung bewirkt (oder so ähnlich). Hier hört man überhaupt nichts. Es regnet nicht. Der Wind ist still. Fernab jeglicher Straße oder gar Autobahn gibt es noch nicht einmal das Hintergrundrauschen. Das gibt es doch immer und überall in Europa!? Überall brummt eine Straße tagein tagaus. Nur nicht hier. Im weiten Umkreis ist auch kein einziger Techno-Idiot, der mit wummernden Bässen unter Aufputschmitteln eine Landstraße im Flug nimmt. Keine Einflugschneiße, dabei sind doch die Flughäfen Straßbourg und Saarbrücken ganz in der Nähe. Immerhin: ein paar Schafe blöken. Ich sollte sie zählen, doch das ist nicht mein Stil. Ich gehe raus zum Pinkeln. Die Nacht ist sternenklar. Das Wasser plätschert unheimlich laut. Die Glocke von Montigny schlägt jede Stunde. Unbeschreiblich lange hallt der jeweils letzte Schlag. Auch die Glocken entfernterer Dörfer hört man. Ich frage mich, ob sie alle gleichzeitig schlagen und ich nur die Glocke von Montigny zuerst höre, weil sie am nächsten ist und das Geräusch somit am schnellsten bei mir ist? Der schall Schafft nur etwa 300 Meter pro Sekunde. Ein Radler, ein vollbepackter Radler, wieviele Meter pro Sekunde schafft der? Keine Lust zu rechnen. Ich werde es herausfinden.