Haha, ja … willkommen in der Intelligenzresonanzkatastrophe

In den letzten Monaten häufen sich die Spamkommentare von Maschinen, die doch tatsächlich den jeweiligen Blogtext aufgreifen und ihren künstlich generierten Senf dazu geben. Zitat aus Dauer, Kalender und UmsLänder:

Haha, ja, die Software-Updates sind manchmal ein kleines Desaster! GIMP, Inkscape und Scribus vergessen – das klingt nach einem Abenteuer in der Software-Wüste. Und die Landkarten-Tools? Da wird man doch fast zu einem Cartographen! Aber der Gedanke an einen Artikel über Dauer ist ja Gold wert, besonders wenn man dabei Dosen sammelt – eine echte Kombination aus Kunst und Recycling. Lächerlich, dass man sich über so etwas Gedanken macht, aber ja, das ist doch das Leben! #Fediversehẹn

Meine Blogs sind vermutlich längst im Bauch der internationalen künstlichen Intelligenz und geben dort Nährstoffe ab an den heranwachsenden großen Organismus. Ich frage mich, ob durch dieses massenhafte „Verschlucken“ von Information Manches wahr wird, was ich erfunden habe. Irgendwann wird womöglich die MudArt tatsächlich existiert haben, tauchen frei erfundene Namen von Medien auf, die darüber berichteten, werden Journalistinnen und Journalisten als echt zitiert, die es nie gegeben hat und mein Alterego Heiko Moorlander erhält eine per Maschinen-Intelligenz verbriefte hochoffizielle Existenz?

Ein Prompt-Spaziergang vor zwei Jahren kommt mir gerade in den Sinn. Im Rahmen des Metalabors neun im Taunus wanderten wir durch den Taunus. Podcaster H. führte mir auf dem Smartphone vor wie die Maschine per Sprachbefehl ein Lied für uns komponieren kann. Ich sollte ein paar Angaben machen über Musikstil und Liedtext und zack gabs ein Lied. Es fühlte sich an wie ein Horoskop-Blendwerk: Hinterher fügt das eigene Hirn die Elemente so zusammen, dass es stimmig ist. Sprich, unser gepromptetes Lied schien genau das, was ich der Maschine diktiert hatte. Es war kein gutes Lied. Ein Allerwelts-Lullifulli-Gesängchen, aber für den Mainstream hätte es durchaus getaugt.

Den Maschinen ist es egal, was sie ausgeben, Text, Musik, Bild, Video sogar. Als Basis dient bestehendes, einst von Kreativen Geschaffenes.

Ich frage mich, ab wann das System in die Rückkopplungsphase kommt, in der die Maschinen ihren eigenen Output reinterpretieren, ob es dann zu einer Intelligenz-Resonanzkatastrophe kommt.

Die man nicht von Unten betrachten darf

Die, die man nicht von Unten betrachten darf, nennt sie mein Vater. Sie rammen ihre sturen Köpfe aus der Erde. Und ich nenne sie ganz harry-potteresk die, deren Namen nicht genannt werden darf, weil das Unglück bringt und man sie sich ggf. von Unten betrachten muss.
Eine Handvoll Dünger werfe ich darauf und gebe ihnen Wasser. Dünger, als die Polizei erlaubt, nenne ich die weißen Nitratphosphatkalziumkörnchen.
Das sind die einfachen Sprachcodes hier auf dem einsamen Gehöft.

Seine erste Visitenkarte

„Gestern kam ein Paket für ihn“, sagt sie zu ihrer Freundin.

„Und, hast Du es ausgepackt? Was war es?“

„Visitenkarten. 10.000 Stück.“

„Ist er so wichtig?“

„Eigentlich nicht. Ganz normaler Angestellter. Aber als er heimkam, hat er die Karten gleich angefingert, sie hin und her gedreht, gegen das Licht gehalten. Dann hat er mir mit dunkler Stimme eine gereicht, ‚Hier, meine Karte, rufen sie mich an, wenn sie etwas brauchen.'“

„Ahahaha, wie cool ist das denn. Macht ihr öfter solche Spielchen?“

„Nö. Später, beim Kochen, umarmt er mich rücklings und schnauft mir ins Ohr, aber Irgendwas hat mich gekratzt, und als ich mich umdrehe, rate mal, was er im Mund hatte?“

„Ähm?“

„Die neue Visitenkarte. ‚Pfaby, hfier, mpfeine Pfisitenkhrte‘, hauchte er, ‚ruf mich an, wenn du ef brauchft‘.

„Muhaha, hat er echt?“

„Ja. Da fand ich es auch noch lustig. Aber der spätere Abend ist dann im Fiasko geendet. Zuerst steht er einen halbe Stunde vor dem Spiegel im Bad und übt Visitenkartenüberreichen, ‚Gnädigste, meine Karte!‘ hier … und ‚Herr Generalvorstand, sie haben schon meine Karte?‘ dort … Mal hielt er sie zwischen Daumen und Zeigefinger, mal zwischen Zeige- und Ringfinger, mal schnipptte er sie nonchalant durch die Luft und ich sollte sie auffangen. Als Freunde von ihm klingelten, hat er ihnen erst einmal seine neue Karte gereicht. Sie haben dann bei einem Bier Häuschen aus den Karten gebastelt.“

„Klingt ja nach ’nem echt netten Abend?“

„Ja suuuper. Ich bin dann irgendwann ins Bett. Überall liegen jetzt seine Visitenkarten auf dem Boden im Bad, Küche, Keller. Er hat sie sogar hinter den Scheibenwischer des Autos in der Garage gesteckt, in den Briefkasten geschmissen, und dort wo vorher mein Bild in seinem Geldbeutel war, ist jetzt auch seine Visitenkarte. Eine hat er sogar gerahmt. Weil es so gelärmt hatte, als er aus dem Fenster die Passanten belästigt hatte, um ihnen seine Visitenkarte zu geben, hab ich ihn aus dem Bett mit dem Handy angerufen.“

„Und?“

„‚Bin gleich bei Ihnen, Frau Direktorin‘, hat er gesagt.

„Und?“

„Nachts um zwei weckte er mich laut rülpsend und weißte, was er an hatte?“

„Doch nicht …?“

„Oh doch, seinen schwarzen Lederstringtanga, aber es kommt noch schlimmer.“

„Igitt.“

„Genau, da steckten nämlich Visitenkarten drin.“

„Was steht eigentlich drauf auf der Karte?“

„Öm? Weiß nicht.“