Frau SoSo in der Homebase hat heute ihren freien Tag, weshalb ich mich aus dem ‚Schneidersitzbüro‘, achtzehn Kilometer südlich von Pajala melde. Das Zelt steht, ähnlich wie vorgestern, auf einer frisch gemähten Wiese zwischen weiß verpackten Silageballen, die ein bisschen aussehen wie überdimensionierte Marshmallows.
Die Wiese hat mich nach knapp sechzig Kilometern so wunderbar angelacht unter der schrägen, fast im Norden stehenden Sonne. Eine kleine Anhöhe etwa hundert Meter vom Straßenrand. Man hört den Torneälven rauschen. Wohl ist hier wieder eine der Kataraktstellen, die sich mit ruhigen, fast stehenden und sehr breiten Flussabschnitten abwechseln.
Für eine ganze Weile hatte ich heute das Gefühl, am Rhein zu radeln. Irgendwo in der Gegend um Kehl/Strasbourg, flussaufwärts. Hier Frankreich und drüben, wo eigentlich Finnland ist, wäre dann Deutschland.
Schwarzwald und Vogesen muss man sich wegdenken. Hier gibt es keine Berge. Allenfalls Hügel. Künmerlicher Wald aus Birken und Kiefern. Sogar so eine Art Landwirtschaft, Wiesen, Kühe, betreibt man hier.
Die Straße 99 ist an diesem Samstag so gut wie leer. Alle viertel Stunde mal ein Auto. Herrliches Radfahren ist das, vor allem, als gegen Abend die Sonne durchkommt.
Am Flussufer gibt es ab und zu Rastplätze mit Bänken, Tischen und kleinen Hütten. Scheitholzschuppen daneben. Die Hütten haben Feuerstellen in der Mitte und rusige Decken, sind aber sauber und gemütlich.
Ich war etwas schlapp heute und gestern. Rätsele immer noch, ob man als Mensch so einer Art Zyklus unterliegt, ähnlich wie der ganze Planet mit seinem Tagesrund, den Jahreszeiten, und ja sogar – wie gestern festgestellt – dem über zigtausend Jahre auf und ab wandernden Polarkreis.
Wenn dem so ist, freue ich mich, dass das nächste Hoch dann wohl am Nordkap erreicht wird.
Noch sind es etwa sieben- achthundert Kilometer. Je nachdem, ob ich den Sverigeleden über Vitangi und Karesuando weiter radele, oder die alte Kapschnittstrecke durch Finnland nehme, die wir 1995 radelten.
Finnland war übel, erinnere ich mich. Es war nicht nur mehr Verkehr, was uns so sehr nervte – jetzt fällt es mir wieder ein – es war Hektik, Geschwindigkeit und ein anderer Umgang mit schwächeren Verkehrsteilnehmern.
Ich werde mal darüber schlafen. In achtzehn Kilometern muss ich eine Entscheidung treffen.
Hier der aktuelle Standort als Screenshot.
EDIT: Zum Tagesstreckenlink (ungefähr) bitte → hier klicken.