Die Krone der Schöpfung

Muss schon ziemlich spät am sechsten Tag gewesen sein, als Gott nassgeschwitzt in seinen Sessel sank und die beiden Gestalten betrachtete, die er soeben geschaffen hatte. Er rieb sich das Kinn und runzelte die Stirn, bohrte in der Nase und kratzte sich am Hintern, dann seufzte er ein lautes unheimliches Hmmmmmmm: „Irgendwas fehlt.“

In seinen phantastischen Träumen erschien ihm eine Gestalt mit weißen Hosen und weißem Hemd. Da erleuchtete Gott und er sprach: „Du aber sollst fürderhin dafür sorgen, dass der Mensch das was ich ihm zu beißen gebe auch beißen kann.“ Und so kam es, dass Gott spät, als schon die Glocken läuteten den Zahnarzt schuf, die eigentliche Krone der Schöpfung.

PS: Ich habe einen Termin heute, bloß wo?

Spätnachts, nochwach

Vorhin hab ich irgendwas gefaselt von wegen: „endlich wieder ruhig schlafen können.“ Das war bei Journalist F. Wir hatten eine Ansammlung von Quittungen sortiert, wurden ihrer Herr, vereinten sie mittels moderner Software zu so etwas ähnlichem wie Steuererklärung.

Aber nun hocke ich hier vorm PC. Wie? Schlaflos. Weiß auch nicht warum. Das Feuer knistert. Wenn ich dieser tage die Künstlerbude für mehr als zwölf Stunden verlasse, ist sie eiskalt. Gibt ja nur den Holzofen. Und der füttert sich nicht von alleine. Das Thermometer zeigt mittlerweile 10 Grad plus. Mit zwei Pullovern und Mütze ziemlich okay. Alles eine Frage der Gewöhnung. Ein bisschen sorge ich mich um die Festplatten. Minus drei sollten sie packen. Überlege, ob ich nicht Festplattentester werden könnte. Die Künstlerbude bietet ideale Extrembedingungen.

Zurück zum Zettelkram. Der liegt fein verpackt im Aktenordner. Kann nur noch Tage dauern, bis alles schniegelfein bei den Behörden ist. Ich bin der Marathonläufer der spätkapitalistischen Körperschaftsverwaltung, oder so ähnlich. Überbringer der Botschaft: Hausse!

Spaß beiseite. Die momentane Schlaflosigkeit rührt daher, dass ich das Kunstding wohl nicht mehr los werde. Ich bin zu tief verstrickt in die eigenen verquickten Ideen und Projekte. Seit einiger Zeit denke ich darüber nach, anständig zu werden – ach was, ich unternehme ernsthafte Versuche, eine Arbeit zu finden. Festanstellung soll mein zweiter Vorname sein, Ehrbarkeit meine Adresse. Ist aber nicht einfach, nach zehn Jahren als Künstler, im normalen Leben Fuß zu fassen. Man gilt als nicht resozialisierbar.

In solchen Momenten denke ich manchmal, ob ich nicht der ideale Typ für die Straße bin. Ein Edelpenner, der der Gesellschaft entsagt. Nicht wirklich gescheitert, nicht am Ende, aber auch nicht in der Lage, dazu zu gehören. Ich habe etliche Berber getroffen, draußen unter den Bäumen Europas. Wahllos verteilt zwischen Industrie- und Neubaugebieten mahnten sie erhobenen Zeigefingers: „Achte auf deine Schuhe!“, doch das tut nichts zur Sache. Stolze Menschen, die sich eine Lebensgeschichte zurecht logen. In ihren phantastischen Träumen besaßen sie Geld und hatten es in Wirklichkeit gar nicht nötig, auf der Straße zu leben, aber …

Ja, ein Typ Edelpenner, der sich herumtreibt, das Land bereist und darüber berichtet, das würde ich gerne machen. Aber zunächst gibts noch ein paar Kunstausstellungen. Das Insolvenzverfahren der Europenner ist kompliziert.

Der Weg ist nie langweilig wenn man spielt

Guten Abend. Nichts besonderes. Wenn man eine Weile nicht geschrieben hat, startet man grundsätzlich mit der Vorgabe „nichts Besonderes“. Schreiben ist Gewohnheitssache.

Ich würde sagen, ich fahre an dieser Stelle mit simpler Tagebuchschreiberei fort. Da weiß man was man hat.

Gestern Abend kamen Kokolores und ich vollkommen ermattet von einer 15 km langen Wanderung zurück und legten uns unweit des Dörfchens Frankweiler bei Glatteis tierisch auf den Hintern. Zuerst ich. Flatsch, lag ich der Länge nach auf dem Waldweg und weil es dunkel war, konnte ich nicht erkennen, ob Kokolores schadenfroh lachte. Tatsache ist jedoch – das hat sie selbst gesagt – dass sie gedacht hat: Wie kann man nur so blöd sein. Die dunklen Stellen auf dem Weg sind Eis und auf den hellen Stellen kann man gehen, weil es der nackte, ehrliche Waldweg ist. Ich rappelte mich auf und folgte bedröppelt der guten Kokolores, bis sie, flatsch, der Länge nach vor meinen Füßen lag. Schlagartig wurde uns bewusst, dass sowohl die dunklen, als auch die hellen Flecken auf dem Waldweg eisglatt waren. Sogar der Hund schlitterte, dass es nur so eine Art war.
Soweit das. Und nun die grandiose Nachricht: Wir haben Sus Scrofa! Eines der längsten und „gefährlichsten“ Geocaches in der Umgebung. Das Geocachen ist ein spannendes Hobby. Mittels kleiner Rätsel und diverser, ausfindig zu machender, Koordinaten gibt man dem Wandern einen Sinn. Es ist wie leben. Der Weg ist nicht langweilig, wenn man spielt.

Der Januar ist schwer, aber Letterboxing heilt

Guten Abend. So langsam etabliere ich den neuen Blog. Noch ist er ein bisschen ungewohnt. Ich mochte die familiäre Atmosphäre bei Myblog. Dieses Konglomerat aus Ritzern, Strickern, Spinnern und Menschen wie Du und ich.

Derzeit ist der Alltag technik- und verwaltungslastig. So dass man kaum zum Erzählen kommt. Zum Beispiel ziehe ich Morgen mit meinem Cousin in eine Server-WG. Der Homepagename wird vierstellig: jrjr.de. Das spricht sich nicht gerade gut aus, aber es sind die Anfangsbuchstaben unserer Namen. Das ist anständig. Der Homepagename wird sowieso überbewertet, finde ich. Der beste Name nützt nichts, wenn die Seite keinen Inhalt hat. Genauso ist es mit dem Bloggen. Was nützt das Design, wenn der Autor nichts zu bieten hat.

Es regnet. Die Glotze läuft. ich überlege, zusätzlich Musik zu dudeln. Reizüberflutung. Der Januar ist schwer.

Vielleicht sollte ich vom Wochenende erzählen? Kokolores und ich waren wieder draußen in der Natur. Auf der Suche nach der Münz-Letterbox stapften wir durch den Wald. Hinter einer Kuppe lugte die Burg Trifels. Plötzlich blieb Kokolores stehen und zeigte auf einen umgestürzten Kirschbaum: „Sieh mal, Rinde, die könnte man doch …“ – „Aber natürlich könnte man damit…“ Also hangelte ich mich den Hang hinab, um den Baum zu häuten, verstaute die Rindenstücke im Rucksack.. Derweil überholte uns ein Paar. Sie hielt einen Zettel in der Hand. Im Pfälzer Wald halten für gewöhnlich nur Letterboxer Zettel in der Hand. Zettel, die sie zuvor aus dem Internet ausgedruckt haben und auf denen die Clues, die Informationen stehen, wie man die Box findet. Es ist eine miese Sache, wenn zwei Teams gleichzeitig die selbe Box suchen. Das Erste verleidet dem Zweiten die Spannung. Auf Burg Anebos trafen wir die beiden wie sie just dabei waren, die Löcher im Fels zu zählen, ein wichtiger Hinweis auf das Versteck. Wir vereinbarten, dass wir ein wenig warten würden, um uns gegenseitig den Kitzel der Suche nicht zu verleiden.

Fakt war jedoch, dass die beiden die falsche Richtung einschlugen. Plötzlich lagen Kokolores und ich vorne. Genau wie Amundsen 1911, als er dem Südpol entgegen steuerte.

Wir lösten diverse Rätsel zwischen den Burgruinen Anebos und Münz und fanden schließlich die Box, loggten im Gästebuch und tanzten, ob unseres Triumphes den Berg hinunter bis zum Parkplatz

Das labyrinthische Türendilemma

Eisige Tage. Raureif auf den Bäumen. Hänge zwischen Blog und Geocache. Ein bisschen besorgt wegen der materiellen Dinge. Aber was wäre der Künstler, zumindest der Nonamekünstler, wenn er sich nicht ständig in der Krise befände? Und Geld, naja? Ach, man hat doch als Europäer sowieso alles was man sich wünscht.
Manchmal frage ich mich, wie ich arbeiten würde – mit Geld. Wie sähe dann meine Kunst aus? Geld ist ein bestimmender Faktor für das Aussehen der Dinge. Vermutlich besäße ich eine 100-Megapixelkamera mit 10.000 Gigabyte Speicher und permanenter GPS-Funktion ahahaha.
Das Problem ist: wenn ich von Anfang an unter guten materiellen Bedingungen gearbeitet hätte, wäre ich mit der Kunst nicht dort wo ich jetzt bin.
Das Künstlerleben wäre grundlegend anders verlaufen. Vielleicht wäre ich Maler, weil ich mir hätte Ölfarben und Leinwand leisten können. Oder Klavierspieler oder Geiger. Oder kein Künstler.
Letzte Woche, kam mir das in den Sinn und ich fabulierte einige Binsenweisheiten: Dinge, die teuer sind sehen aus wie Dinge, die teuer sind. Dinge, die billig sind sehen aus wie Dinge, die billig sind.
Nach einiger Zeit sehen Dinge, die teuer waren noch teurer aus und Dinge, die billig waren sehen aus wie Müll
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Wie auch immer. Ich gebe es nicht gerne zu, aber die materiellen Umstände bestimmen, wie man sich entwickelt und wohin der Lebensweg führt. Das ist eine neutrale Feststellung und heißt nicht, dass Menschen mit wenig Geld schlechtere Menschen sind. Es ist einfach nur das Märchen vom Mann, der durch einen Irrgarten läuft. Von Zeit zu Zeit gibt es Türen, die die Strecke des Labyrinths abkürzen. Aber der Mann hat für diese Türen keinen Schlüssel. Bei jeder Tür bleibt er stehen und probiert, ob sie vielleicht offen ist. Er klopft an, wartet, geht weiter. Auf seinem Weg durchs Labyrinth erlebt er Abenteuer, die er nie erlebt hätte, wenn er den Schlüssel zur ersten Tür gehabt hätte. Er lernt Dinge, die er nie gelernt hätte, wenn er eine Abkürzung genommen hätte.
Irgendwann kommt der Mann an eine unverschlossene Tür. Er öffnet sie und geht auf der anderen Seite weiter. Noch immer befindet er sich im Labyrinth. Noch immer findet er Türen, die verschlossen sind. Aber nun ist er nicht sicher, ob er diese Türen nicht schon von der anderen Seite gesehen hat. Was für ein Dilemma! Wenn ihm nun jemand begegnen würde, der einen Schlüssel besitzt und der ihm die Tür öffnen würde.